Einsatz von Provokateuren erneut
bestätigt

Beamte bestätigen im „Hamburger Abendblatt“ Einsatz von Provokateuren und Kampfeinheiten. Atomkraftgegner fordern von Innenministern Verzicht von solchen Methoden und von Polizeigewerkschaften, dass sie sich dieser Politik verweigern.

Ein Polizei-Insider bezeichnet in der heutigen Ausgabe des „Hamburger Abendblatt“ Spezialeinheiten als ‚scharfe Kampfhunde‘, die, wenn sie bei Demonstrationen von der Leine gelassen werden, ohne Erbarmen zubeißen. Sie würden genau dafür gedrillt und ausgebildet.

Ein anderer Polizist berichtet: "Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann.“

Zu diesen Aussagen von Polizeibeamten erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:

„Die Berichte von Polizei-Insidern sind ungeheuerlich. Es ist ein bodenloser Skandal, wenn BKA und Innenminister fast täglich vor Krawallen rund um Gorleben warnen und gleichzeitig innerhalb der Polizei genau diese Ausschreitungen vorbereitet werden.

Wir fordern angesichts des bevorstehenden Castor-Transports nach Gorleben die Innenminister von Bund und Ländern auf, definitiv sicherzustellen, dass im Wendland weder auf Kampf gedrillte Spezialeinheiten noch Provokateure eingesetzt werden. Wir wollen konkret wissen, wie die Polizei dafür sorgen wird, eine Eskalation aus ihren Reihen zu vermeiden.

In Gorleben werden tausende von Bürgerinnen und Bürgern aus Sorge um die Zukunft gewaltfreien Widerstand leisten. Sie gehen auf die Straße, weil sie es nicht hinnehmen wollen, dass die Energiepolitik in diesem Land von vier Atomkonzernen bestimmt wird. Die Regierung muss endlich begreifen, dass diese Probleme nicht mit Polizeigewalt zu lösen sind. Und sie muss aufhören, tausende Polizeibeamte für die Durchsetzung einer verfehlten Politik zu missbrauchen.

Wir fordern die Polizeigewerkschaften und auch jeden einzelnen Beamten dazu auf, sich dieser Politik deutlich zu verweigern. Der Konflikt um die Atomenergie ist mittels der Polizei nicht lösbar, sondern wird sich dadurch nur weiter verschärfen.

Für uns Atomkraftgegner bleibt klar: Wir werden uns nicht provozieren aber auch nicht abschrecken lassen, sondern gewaltfrei und entschlossen auf die Straße gehen.“


Den Artikel aus dem Hamburger Abendblatt finden Sie hier:
http://www.abendblatt.de/hamburg/article1665966/Wir-werden-von-der-Politik-verheizt-Polizisten-erzaehlen.html

Auszüge aus dem Artikel:

Er war mit seiner Hundertschaft mitten im "Kampfgetümmel", sagt Polizeikommissar Thomas Mohr, 48. Ende September und Anfang Oktober, im Stuttgarter Schlossgarten bei den Großdemonstrationen gegen das Bahnhofsprojekt, bei denen Polizeikräfte Wasserwerfer, Schlagstock und Pfefferspray gegen "friedlich demonstrierende Bürger, Kinder, Rentner und brave Schwaben" einsetzten. Ein Schock für den baden-württembergischen Ordnungshüter. Den Einsatz von Kollegen, den er aus den geschlossenen Reihen seiner Hundertschaft "wie ohnmächtig" mit angesehen hat, kann er bis heute nicht verstehen. 400 Demonstranten wurden dabei verletzt. Er macht ihn wütend, lässt ihn zweifeln. "Wir werden von der Politik immer mehr missbraucht und verheizt. Zweckentfremdet und benutzt, der Imageschaden für uns Polizisten, die per Treueschwur und Dienstbefehl für die Regierung den Kopf da draußen auf der Straße hinhalten müssen, ist durch Stuttgart enorm", schimpft der Mannheimer Beamte mit 25 Jahren Einsatzerfahrung

(…)
Thomas Mohr wendet seinen Blick vom Bildschirm ab und guckt aus dem Fenster in den blauen Himmel über Mannheim. "Wenn man scharfe Kampfhunde, ich meine die Polizei-Spezialeinheiten, mit zu einer Demonstration nimmt und sie dann auch noch ohne ersichtlichen Grund von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu. Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet. Das wussten die, die für den Einsatz verantwortlich waren, ganz genau. Sie mussten das Okay von oben haben. Von ganz oben. Mindestens vom Innenministerium."

Mit "scharfen Kampfhunden" meint Thomas Mohr die schwarz und dunkelgrau gekleideten, meist sehr jungen Kollegen von den Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE), die beim Stuttgarter Einsatz größtenteils von der Bundespolizei und aus Bayern kamen.

(…)
"Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann.“