Polizeikräfte haben am Donnerstag eine Demonstration vor dem Regierungsgebäude in Bangkok aufgelöst. Die Verhängung des Ausnahmezustands verschärft die Repression. Zahlreiche Studenten haben sich am Abend dennoch erneut versammelt.
© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung. Die thailändische Polizei geht mit massiver Präsenz gegen die Demonstranten in Bangkok vor. Versammlungen von mehr als fünf Personen sind nun verboten. Athit Perawongmetha / Reuters
Thailands Regierung hat am Donnerstag auf die anschwellende Protestwelle in Bangkok reagiert und in der Hauptstadt den Notstand verhängt. Damit sind ab sofort auch Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten. Zudem wird die Zensur verschärft: Das Verbreiten von Informationen, «die zu Unruhen führen oder die nationale Sicherheit beeinträchtigen können», ist untersagt. Die Demonstranten, die in der Nacht auf Donnerstag vor dem Regierungsgebäude ausgeharrt hatten, sind vertrieben worden, und es wurden mindestens zwanzig Personen festgenommen. Unter ihnen befinden sich vier der bekanntesten Protestführer, so etwa der Menschenrechtsaktivist Arnon Nampha.
Räumungsaktion um vier Uhr morgens
In einer Mitteilung der Regierung hiess es am Donnerstag, dass mit dem Einsatz der Sicherheitskräfte «Friede und Ordnung» wiederhergestellt werden sollten. Die Polizeiaktion, die offensichtlich diskret von der Armee sekundiert wird, wird auch mit der Störung des königlichen Konvois am Vortag begründet. Am Mittwoch musste der Tross des Monarchen von Polizeikräften abgeschirmt durch ein Meer von Demonstranten geleitet werden.
Nach der Ausrufung des Notstands um vier Uhr morgens setzten sich Tausende von Polizisten in voller Montur und mit Räumungsfahrzeugen in Bewegung; mit Lautsprechern wurden die Jugendlichen zum Verlassen des Camps aufgefordert. Die Studenten leisteten wenig Widerstand. Die Regierung reagierte damit auf die Pläne der Demonstranten, mindestens drei Tage vor dem Regierungssitz des Ministerpräsidenten Prayuth Chan-ocha auszuharren. Sie fordern den Rücktritt des Regierungschefs, Neuwahlen und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung.
Weder Volksaufstand noch eine klare Führung
Wie lange der Ausnahmezustand in Bangkok dauert, ist unklar. Fraglich ist auch, ob sich die Studenten davon wirklich abschrecken lassen: Am Donnerstagabend versammelten sich erneut Tausende, viele von ihnen in Schuluniform, im Geschäftszentrum der Metropole; sie forderten erneut den Rücktritt von Prayuth sowie die Freilassung der Inhaftierten. Die Aktion zeigt bereits zum zweiten Mal innert 24 Stunden, dass es der Polizei nicht wirklich gelingt, das Versammlungsverbot durchzusetzen.
Dass die Sicherheitskräfte die wichtigsten Exponenten der Bewegung verhaftet haben, deutet darauf hin, dass die Regierung dem Widerstand die Spitze brechen will. Ob die Taktik der Protestierenden aufgeht, sich spontan an neuen Orten zu treffen, muss sich in den nächsten Tagen noch zeigen. Einfach wird es für sie nicht: Bis jetzt ist ihr Rückhalt in der Bevölkerung begrenzt, und ein klarer Sukkurs politischer Oppositionsparteien fehlt ebenfalls.
Ähnlich wie nach dem Putsch von 2014
Die Anfänge der Protestbewegung gehen auf das Verbot der Future-Forward-Partei des Jungpolitikers und Milliardärs Thanathorn Juangroongruangkit von Anfang Jahr zurück. Seither verzeichnet sie wachsenden Zulauf. Neuerdings richtet sich die Kritik an den Verhältnissen auch gegen die Machtfülle des wenig beliebten Königs Maha Vajiralongkorn. Die Reformideen der Studenten könnten vielen konservativen Kräften in Thailand zu weit gegangen sein – insbesondere der Regierung und dem Militär.
Nach der Ausrufung des Notstands befindet sich Bangkok fast in einer ähnlichen Situation wie nach dem Putsch von 2014. Zwar ist heute eine zumindest formell zivile Regierung an der Macht, und das Parlament kann weiterhin zusammentreten. Doch zahlreiche Grundrechte bleiben ausser Kraft, Verhaftungen sind ohne Begründung möglich, die Medien müssen jetzt (noch mehr) spuren, und im Namen der nationalen Sicherheit sind Menschenansammlungen verboten.