"Also habe ich auch unterschrieben"

Willy Brandt
Willy Brandt

Seit Jahrzehnten kursiert der Mythos der "Kanzlerakte" – dabei handelt es sich um eine Art Geheimvertrag den angeblich jeder frischgebackene deutsche Bundeskanzler unterzeichnen muß und der eine Reihe wichtiger Hoheitsbefugnisse der Alliierten umfassen soll. Bis heute, bis einschließlich Angela Merkel, haben angeblich alle Bundeskanzler die dubiosen Dokumente unterzeichnet.

Egon Bahr
Egon Bahr

Ganz aus der Luft gegriffen scheint die Legende um die "Kanzlerakte" aber doch nicht. Denn vor einigen Wochen berichtete der langjährige SPD-Sicherheitsexperte, Brandt-Vertraute und Mitarchitekt der Ostverträge, Egon Bahr, in der Wochenzeitung "Die Zeit" über eine denkwürdige Episode zu Beginn der Regierungszeit von Bundeskanzler Willy Brandt. Schon wenige Tage nach dem Einzug des neuen Kanzlers im Palais Schaumburg, berichtet Bahr, habe ihm Brandt nicht ohne innere Bewegung von einer seltsamen Begebenheit erzählt. Bahr wörtlich:

"Ein hoher Beamter hatte ihm drei Briefe zur Unterschrift vorgelegt. Jeweils an die Botschafter der drei Mächte – der Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritanniens - in ihrer Eigenschaft als Hohe Kommissare gerichtet. Damit sollte er zustimmend bestätigen, was die Militärgouverneure in ihrem Genehmigungsschreiben zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 an verbindlichen Vorbehalten gemacht hatten. Als Inhaber der unkündbaren Siegerrechte für Deutschland als Ganzes hatten sie diejenigen Artikel des Grundgesetzes suspendiert, also außer Kraft gesetzt, die sie Einschränkung ihrer Verfügungshoheit verstanden. Dies galt sogar für den Artikel 145, der nach der deutschen Einheit eine Verfassung anstelle des Grundgesetzes vorsah."

Brandt soll nach Bahrs Schilderung über die Dokumente regelrecht aufgebracht gewesen sein und sich darüber empört haben, "einen solchen Unterwerfungsbrief zu schreiben" – er sei schließlich als Bundeskanzler gewählt worden und seinem Amtseid verpflichtet. Die Botschafter der drei Mächte, argumentierte er, würden ihn schwerlich absetzen können.

Brandt mußte sich dann freilich belehren lassen – Bahr läßt offen, von wem -, daß auch seine Amtsvorgänger Adenauer, Erhard und Kiesinger unterschrieben hätten und daß auch der deutsche Beitritt zur NATO 1955 nebst formeller Verkündung der deutschen "Souveränität" nichts an den alliierten Sonderrechten geändert hätte. Das muß auch Brandt "überzeugt" haben. Bahr erinnert sich: "Er schloß: 'Also habe ich auch unterschrieben' – und hat nie wieder davon gesprochen."

Der spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker, den Bahr viele Jahre später ebenfalls auf die "Kanzlerakte" angesprochen haben will, gab übrigens vor, nichts davon zu wissen. Dagegen war sich der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, offenbar völlig im klaren darüber, daß die junge Republik alles, nur nicht souverän war. Aus seinem Mund ist das Eingeständnis überliefert: "Wir sind keine Mandanten des deutschen Volkes, wir haben Auftrag von den Alliierten". (mü)


Lesermeinung zum Thema:

Zur „Kanzlerakte“ ist folgendes festzuhalten:

Immer wieder kommt in den Medien die Geschichte von der «Kanzlerakte» auf, die angeblich jeder Kanzler der Bundesrepublik unterschreiben muß. In dieser Kanzlerakte soll angeblich stehen „die Medienhoheit (Presse, Funk, Verlage, sowie die Kontrolle über Kultur, Wissenschaft und Erziehung) verbleibt bis zum Jahr 2033 bei den Siegermächten“. Diese Geschichte beruht auf einer reinen Fälschung eines Herrn M. aus München, der inzwischen verstorben ist und langjähriger Abonnent der PHI (Politische Hintergrund-Informationen) war und mit einem PHI-Redakteur persönlich befreundet. Dieser Mann war ein überzeugter Nationalist. Er zeigte unserem Redakteur das Original seiner Fälschung und die alte Schreibmaschine, mit der er sie angefertigt hatte und erklärte sinngemäß dazu, die Sieger und die Juden hätten so viele Dokumente zum Nachteil Deutschlands gefälscht, also habe er auch etwas gefälscht, um die Autorität der – wie er es nannte – „westdeutschen Marionettenregierung“ zu untergraben, und er dachte sich auch eine Geschichte dazu aus, nämlich, daß man im Bundeskanzleramt nach einer Kopie oder Korrespondenz über diese Kanzlerakte suchen würde.

Diese Korrespondenz erfand unser Herr M. und sandte sie an verschiedene rechte Vereine, welche diese Kopie fleißig weiter kopierten, bis sogar ein amerikanischer Professor über die erfundene Geschichte ein Buch schrieb. Eine unvorhersehbare Bestätigung fand die Geschichte, weil tatsächlich alle Kanzlerkandidaten (mit 2 Ausnahmen) vor ihrer Wahl in die USA fuhren, allerdings nicht, um dort eine Akte zu unterschreiben, sondern um vor dem CFR (Council of Foreign Relations) einen Vortrag zu halten, in dem sie ihre politischen Absichten darzulegen.

Gäbe es eine solche Kanzlerakte, so wäre sie übrigens völkerrechtlich nicht bindend und völlig wertlos. Die politischen Unterorganisationen wie Bilderberger, Trilaterale und CFR sind in der Lage, im angloamerikanischen Einflußgebiet durch Intrigen, Geheimdienstmachenschaften und Medienlenkung jeden Kanzler und Präsidenten zu stürzen, wie man Frau Merkel am Beispiel Gerhard Schröder vorführte, und sie hat die Lehre sicher begriffen und weiß nun, wem sie ihr Amt verdankt, und wird sich entsprechend verhalten.

Günter Bornholdt, Dipl.-Ing. phys. Reichsminister ohne Geschäftsbereich der Exilregierung Deutsches Reich