Acht Jahre lang war ein deutsches Mädchen der bosnischen
Peinigerfamilie ausgeliefert, weil Ermittlungspannen passierten.
Symbolfoto: Tayrawr Fortunge / flickr
Ein 19-jähriges Mädchen aus Deutschland ist von einer Familie in Bosnien-Herzegowina acht Jahre lang als Sklavin gehalten worden. Vor wenigen Tagen endete das Martyrium der jungen Frau, das an den Kriminalfall Fritzl aus Amstetten erinnert. Bis auf die Knochen abgemagert und mit zahlreichen Verletzungen am ganzen Körper wurde sie in einem Wald nahe des abgelegenen bosnischen Dorfes Gojcin im Nordosten des Landes aufgefunden. Unklar ist, warum Polizei und Behörden den Fall trotz klarer Hinweise nicht früher aufklären konnten.
Karla sei vor acht Jahren von ihrer deutschen Mutter Christina in diese einsame Gegend Bosniens gebracht worden, erklärte Admir Arnautovic, Sprecher der Staatsanwaltschaft Tuzla. Die Mutter habe den heute 52-jährigen Bosnier Milenko Marinkovic geheiratet, obwohl dieser mit seiner bosnischen Frau Slavojka eine gültige Ehe führte. Das junge Mädchen sei den beiden überlassen, drei weitere Töchter in die Peinigerfamilie verheiratet worden. Es sei um die Erschleichung von Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen in Deutschland und Österreich gegangen. Marinkovic soll in Österreich gearbeitet haben und regelmäßig in seine Heimat gependelt sein.
Unvorstellbare Qualen für die junge Sklavin
Insgesamt acht Jahre lang war Karla dem brutalen Stiefvater und seiner Ehefrau überlassen und musste entsetzliche Qualen erleiden. Mit einem erhitzten Messer wurden ihr Schnittwunden im Gesicht beigebracht, deren Narben so tief sind, dass man sie heute noch mit dem freiem Auge sehen kann. Die Wunden von den vielen Misshandlungen wurden niemals medizinisch versorgt. Wohl aus reinem Sadismus, denn das Mädchen musste nach Beobachtungen von Nachbarn wiederholt einen Leiterwagen wie ein Pferd 400 bis 500 Meter ziehen. Die Peiniger hatten sich daraus einen Spaß gemacht.
Karla durfte nicht im Haus schlafen, sondern schlief mit den Schweinen und Hunden im Stall, leistete tagsüber Schwerstarbeit am Feld und ernährte sich Abends von Tierfutter, um nicht zu verhungern. Jeglicher Kontakt mit der Außenwelt und Schulbesuche wurden ihr untersagt. Man zwang sie sogar zu perversen Handlungen mit den Hofhunden – die zuvor auf Karla gehetzt wurden – und amüsierte sich darüber. Nachbarn versicherten, das Mädchen sei auch regelmäßig von zahlreichen Männern sexuell missbraucht worden. Für die bosnische Staatsanwaltschaft ist das jedoch „nicht bewiesen“. Die Mutter, die all die Jahre in Deutschland und Österreich lebte, habe davon angeblich gewusst, aber aus Angst geschwiegen.
Polizeipannen in Bosnien und Behördenversagen in Österreich
Weil ein Nachbar den Fall aufgedeckt hat, wurde das bosnische Ehepaar vor wenigen Tagen verhaftet, das junge Opfer in ein Frauenhaus nach Tuzla gebracht, wo es sich nach Medienberichten bereits „langsam erhole“. Ungeklärt ist nach wie vor, warum das Martyrium der kleinen Karla acht Jahre dauern konnte. Besagter Nachbar hatte die unglaublichen Vorgänge schon vor Jahren den Behörden gemeldet, die jedoch das im Keller versteckte Kind nicht finden konnten. Erst als dem Nachbarn ein Foto von dem geschundenen Mädchen gelang, griffen die Behörden durch. Die junge Frau wurde im nahegelegenen Wald aufgefunden, wo sie von ihrem Stiefvater versteckt worden war.
Der Fall zieht seine Spuren teilweise auch nach Österreich. Seitens der bosnischen Behörden wurden nach eigener Aussage Rechtshilfegesuche nicht nur an Deutschland, sondern auch an Österreich gestellt, wo die beschuldigte Familie jahrelang gearbeitet haben soll. Das Justizministerium wolle die Rechtshilfegesuche „zum jetzigen Zeitpunkt weder bestätigen noch dementieren“, berichtet die Kleine Zeitung. Genauere Informationen sollen folgen.