Das Netz der Netze
Der Anschluss der akademischen Welt ans Netz erforderte eine Trennung zwischen militärischem und zivilem Teil, da die Militärs ihre eigenen Interessen wahren wollten. So kam es, dass Anfang der 80er Jahre ein neues militärisches Datennetz, das Milnet, vom ARPA-Net abgekoppelt wurde. Das ARPA-Net selbst wurde dem wissenschaftlichen Betrieb überlassen.
In diesem zivilen Teil des Netzes nahm die Anzahl der angeschlossenen Rechner im Laufe der 80er Jahre sprunghaft zu. Eine wichtige Rolle spielte dabei die amerikanische National Science Foundation (NSF). Diese Organisation schaffte ein Leitungs-Verbundsystem, das alle bedeutenden wissenschaftlichen Rechenzentren des Landes miteinander verband. Einzelne Universitätsrechner oder kleinere Rechnernetze konnten sich mit einem Rechenzentrum verbinden und darüber in andere Netze gelangen. So entstand buchstäblich ein Netz der Netze. Alsbald bürgerte sich denn auch der Name "Internet" dafür ein. Die Bezeichnung "ARPA-Net" wurde Ende der 80er Jahre verworfen. Das Leitungs-Verbundsystem, über das die kleineren Einzelnetze zu einem Gesamtnetz wurden, erhielt die treffende Bezeichnung Backbone (Rückgrat).
In Europa gab es zeitgleich ähnliche Entwicklungen. Auf dem alten Kontinent setzte man jedoch zunächst auf ISO-Normen. Von dem amerikanischen TCP/IP-Modell, das nicht ISO-normiert war, wollte man deshalb nichts wissen. 1986 wurde die Organisation RARE (Réseaux Associés pour la Recherche Européenne) gegründet. Diese Organisation sollte alle Initiativen zur systemübergreifenden Rechnervernetzung europaweit koordinieren. RARE rief dazu ein Projekt namens COSINE (Cooperation for an Open Systems Interconnection Networking in Europe) ins Leben.
Der Siegeszug des TCP/IP-Protokolls war jedoch nicht mehr aufzuhalten. Unter dem Druck des Erfolgs in Amerika entstand schließlich ein europäisches Datennetz, das multiprotokollfähig war und unter anderem TCP/IP unterstützte. Dieses Netz lief zunächst unter der Bezeichnung EuropaNET. Verschiedene nationale wissenschaftliche Netzwerke, etwa das Deutsche Forschungsnetz (DFN), wurden daran angeschlossen.
Mittlerweile sorgt eine transatlantische Leitung für die Anbindung Europas an den Backbone in den USA. Die Koordination des Internet-Verkehrs innerhalb Europas wurde der Organisation RIPE (Réseaux IP Européens) übertragen. Auch in Europa gibt es seit 1992 ein Leitungs-Verbundsystem: dieses System nennt sich Ebone (Europäischer Internet-Backbone) (welches aufgrund der Pleite des neuen Besitzers im Jahre 2002 den Betrieb einstellen musste). Auf anderen Kontinenten gab und gibt es vergleichbare Entwicklungen.
Was wir also heute unter "Internet" verstehen, ist nicht ein einziges homogenes Netz, sondern ein Verbund aus vielen kleinen, territorial oder organisatorisch begrenzten Netzen. Diese Netze besitzen eine Anbindung an die Backbones und damit an das Gesamtnetz. Auch kommerzielle Internet-Provider hängen an entsprechenden Netzen. Und Endanwender, die ihren Internet-Zugang in Form einer Verbindung zu einem solchen Provider haben, können über diese Brücke das gesamte Internet nutzen.
Ein paar Adressen im WWW zu diesen Themen:
National Science Foundation (NSF)
Deutsches Forschungsnetz (DFN)
Réseaux IP Européens (RIPE)