Berichterstattung der BBC

Eine Sicherheitskamera am Gebäude der BBC in Westlondon. (Bild: Paul Hackett/Reuters)

Das britische Medienhaus BBC will künftig Wissenschafter, die abseitige Meinungen vertreten, seltener zu Wort kommen lassen. Das bedrohe die Meinungsfreiheit, sagen Kritiker.

Ob Finanzkrise, Datenklau oder Klimawandel: Unterschiedliche Experten orten unterschiedliche Ursachen für komplexe Phänomene - je nach ihren Forschungsergebnissen, ihrer persönlichen Haltung und ihrer politischen Verortung. Die einen sind überzeugt, die Menschen beschleunigen den Klimawandel, die anderen bestreiten das. Für die einen ist das Ausspähen von Daten notwendige Terrorbekämpfung, für die anderen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte. In der Regel ist eine Mehrheitsmeinung auszumachen, einig sind sich die Wissenschafter aber selten.

Journalisten stehen deshalb vor der Frage: Sollen sie allen Standpunkten gleich viel Platz einräumen oder sich mithilfe der vorliegenden Informationen eine Meinung bilden und diese vertreten?

Falsche Balance

Die BBC, Grossbritanniens grösstes Nachrichtenunternehmen, hat sich nun dafür ausgesprochen, Aussenseitermeinungen in Zukunft öfter zu ignorieren. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht des internen Aufsichtsgremiums BBC Trust heisst es, die Redaktoren würden die Richtlinie der objektiven Berichterstattung hin und wieder zu strikt anwenden. Sie sollten bei wissenschaftlichen Themen künftig vermeiden, «nebensächlichen Meinungen übermässig viel Platz einzuräumen.»

Wissenschaftliche Berichterstattung bestünde nicht einfach darin, eine breite Palette von Sichtweisen zu reflektieren, heisst es in dem Bericht weiter, sondern hänge von der sich verändernden Relevanz ab, die den Sichtweisen beigemessen wird. Als Beispiel werden Experten erwähnt, die den Zusammenhang zwischen CO2-Ausstoss und Klimaerwärmung bestreiten. Sie sind mit ihrer Position in der Minderheit, waren aber öfter zu Wort gekommen. Um dies künftig zu vermeiden, will die BBC ihre Redakteure nun gezielt schulen.

Konsens oder Propaganda

Die Veröffentlichung des BBC-Berichts hat viele Reaktionen ausgelöst. Einige Journalisten und Blogger kritisieren, die neue Ausrichtung verhindere eine objektive Berichterstattung. Zwischen Konsens und Propaganda liege nur ein schmaler Grat, schreibt ein Blogger. Viele befürchten die Einschränkung von freier Meinungsäusserung und freiem Informationszugang.

Aber es gibt auch andere Stimmen. Denn die Zeiten, in denen Medienhäuser ein Monopol auf Informationen hatten, sind vorbei. Heute ist jeder Leser nur wenige Klicks von unzähligen Informationsquellen und Meinungen entfernt.

Die britische Tageszeitung «The Telegraph» stimmt dem Report zu: «Die Entschlossenheit, mit der die BBC immer alle Stimmen zu Wort kommen lässt, führt dazu, dass sehr renommierte Wissenschaftler zum Thema Klimapolitik gegen viel weniger qualifizierte Gegner argumentieren müssen.»

Viele wünschen sich von den Medien vor allem Gewichtung und Einordnung. Dieser Aufgabe möchte die BBC besser gerecht werden, indem sie künftig sorgfältiger auswählt, welchen Wissenschaftern sie eine Plattform bietet.