Fall Céline
Die Ärzte sollen am Prozess schuld sein, der gegen Bayer läuft. Deshalb verklagt der Konzern das Kantonsspital Schaffhausen. Reines Kalkül, glauben Experten.
Der Fall Céline Pfleger hat eine neue Wendung genommen, und zwar eine, die der 22-Jährigen noch mehr schaden könnte. Der Pharmakonzern Bayer hat gegen die Spitäler Schaffhausen eine Staatshaftungsklage eingereicht: Streitwert 420'000 Franken. Dies sagte Felix Rüegg, der Anwalt von Céline Pfleger, in der SRF-Sendung «Club» am vergangenen Dienstag. Den Grund für die Klage wollte bisher niemand erklären.
Laut der «Handelszeitung» steckt folgende Absicht dahinter: Bayer will die Schaffhauser Ärzte für den Prozess verantwortlich machen, der wegen des Falls Céline gegen den Konzern läuft. Diesen machten die Ärzte erst möglich, da sie die Antibabypille Yasmin von Bayer als einzigen Risikofaktor bezeichneten, der zu Célines Lungenembolie führen konnte. Indem diese Ärzte selbst zum Ziel einer Klage werden, sind sie als potenzielle Zeugen für die Verantwortlichkeit von Yasmin faktisch schachmatt gesetzt.
Die Ärzte verlieren Glaubwürdigkeit
Diese Theorie teilt auch Urs Saxer, Professor für Völkerrecht, Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Medienrecht an der Uni Zürich im Gespräch mit 20 Minuten: «Indem Bayer gegen das Kantonsspital Schaffhausen klagt, macht der Konzern das Spital und die Ärzte, die Céline behandelt haben, unglaubwürdig.» Dies sei auch für den Prozess zwischen der Patientin und Bayer relevant, denn es sei naheliegend, dass ein Gericht in solchen Fällen ein Spital um Auskunft ersuche und Ärzte als sachverständige Zeugen einlade. «Diese sind dann aber befangen, weil gegen sie eine Klage von Bayer läuft.»
Natürlich sei das nur eine Hypothese, aber es wäre eine mögliche strategische Überlegung der Firma, so Saxer. Dennoch zeigt sich der Jurist erstaunt: «Was hier passiert, ist aussergewöhnlich.» Ein Arzt müsse eigentlich nicht damit rechnen, dass eine Meinung, die er in einem Bericht äussert, Grundlage für eine Klage werde. Auch sei es speziell, dass man ein Kantonsspital für die Aussage eines Arztes verantwortlich mache. «Sogar wenn dieser Bericht ein Grund dafür ist, dass Céline Pfleger beziehungsweise ihre Mutter gegen Bayer klagt, ist die Situation nicht alltäglich.»
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