Sex und Ohren

Ach, was waren das wieder einmal für zwei Wochen. Drunter und drüber ging es im Königreich. Näher darauf eingehen möchte ich nicht, denn der TIP gibt uns geneigten Lesern ja ohnehin immer den Nachrichtenüberblick. Aber halt! Da hat sich zumindest eine Story in die Boulevardblätter eingeschlichen, zu der ich mir gestatte meinen bayerischen Weisswurstsenft dazuzugeben.

Ohnmächtige Empörung überfiel das Land in der letzten Woche. Empörung wegen stetig steigender Benzinpreise? Des Todesurteils gegen Gordon Koschwitz (siehe letzter TIP)? Der Eskalation von Gewalt gegen Touristen in Pattaya und Phuket? Der Vertreibung von Pennern vom “Sanam Luang” (dem Platz vor dem Grossen Palast)? Weit gefehlt, geneigter Leser. Die Empörung war, wie schon so oft, von der heuchlerischen Art. Dieses Mal befiel sie eine bekannte Schauspielerin und Mitglied der sogenannten “High Society”.

Kathaleeya McIntosh, die Böse, gab nach langen Mutmassungen der Presse endlich bekannt, dass sie im fünften Monat schwanger wäre. Bislang galt die Schauspielerin als Vorreiterin der einheimischen, wenig eingehaltenenen Moralvorstellungen. Ein Symbol der Tugend, ein Leuchtturm der Warnung für jene, die erwägen, sich ausserehelichem zügellosem Sex zu ergeben. Und nun das! Ein Schock für eine Nation, in der 15-jährige regelmässig geschwängert und dann im Stich gelassen werden. Kathaleeya ist 32 Jahre alt. Ihr Problem ist, dass sie im Scheinwerferlicht steht und nicht in einem Reisfeld in Yasothon.

Vor versammelten Medien gab sie zu, sich im fünften Monat zu befinden. Das ging den ehrenwerten Vertretern unserer Zunft wie Öl hinunter. Ha! Die Dame, ehedem das Synonym von Jungfräulichkeit, hatte nun endlich einen Braten in der Röhre! Der angegebene Vater ist – gemäss Kathaleeya – ihr Boyfriend. Ihre Schwangerschaft war der Ehrenwerten auch erst kürzlich aufgefallen. Man stelle sich vor: Da wächst ihr Bauch und wird grösser. Natürlich kann sich die holde Maid in ihrer jungfräulichen Art nicht vorstellen, dass dieser Umstand von etwas anderem herrühren könnte als ausgedehnten Abendessen im neuesten, pastakochenden Italiener. Man muss nur naiv genug sein.

Als die Story in Zeitungen veröffentlicht war, entrüstete sich eine altbackene Professorin der Chulalongkorn Universität, Wilasinee Pipitkul: “Wie kann man junge Mädchen davon abhalten sich dem Beischlaf zu verzollen wenn sich selbst eine hochangesehene Persönlichkeit wie Kathaleeya McIntosh dazu herablässt?” Man fragt sich im Stillen natürlich wo all diese 63 Millionen Thais herkommen.

Das grosse Problem war anscheinend nicht, dass Kathaleeya sich den selben Gelüsten ergibt, die Thainormalverbraucher mitunter in Anspruch nimmt. Das eigentliche Debakel war, dass Kathaleeya ihre Schwangerschaft erst nach fünf Monaten festgestellt hatte. Wir wissen aus sicheren Quellen, dass der pastakochende Italiener in diesem Fall ausnahmsweise unschuldig war.

Ein Kommentar in einem hiesigen Magazin erläuterte das. Dort hiess es, dass die hochwohlgeborene Maid sich wahrscheinlich erst überlegen musste, wer denn der wirkliche Vater ihres zu erwartenden Kindes war. Man hatte ja so viele zur Auswahl. Selbst in höchsten Kreisen scheint man dem gelegentlichen “Ringelpiez” nicht allzu sehr abgeneigt zu sein.

Frau Wilasinee verurteilte die Berichterstattung der Presse. Sie meinte, dass solche Geschichten keinem wirklichen Zweck dienten. Man solle sie doch besser auslassen, denn die absolut wissbegierigen thailändischen Leser (sofern sie überhaupt lesen) würde man mit solchen Schmierereien lediglich auf den Pfad der Untugend führen. Wir dürfen uns in unserer klotzmässigen westlichen Willkür fragen, was Frau Wilasinee mit ihrem eigenen Ehegatten treibt. Wenn der Herr nur zum Golfspielen darf und ansonsten nichts, ist es natürlich verständlich, dass er sich eine “Mia Noi” (Nebenfrau) erwählt. Womöglich war das sogar Kathaleeya McIntosh, mit der er in tugendhafter Manier natürlich nur Bingo gespielt hat.

Währendessen erreichte uns die Nachricht, dass ausserehelicher Sex unter Thais inzwischen so weit verbreitet wäre, dass die Sicherheit der Nation auf dem Spiel stünde. Speziell Universitätsstudenten scheinen es in einem solchen Masse zu treiben, dass einem schlecht wird. Da gibt es natürlich auch noch jene unterprivilegierten Damen – aus der Landwirtschaft oder aus Fabriken – die nichts besseres wissen als mit jedem dahergelaufenen Motorradtaxifahrer ins Bett zu steigen. Womöglich werden sie sogar vom Nachbarsjungen im nächsten Reisfeld in den Schlamm gedrückt. Selbstverständlich sucht der Besamer anschliessend das Weite, woraufhin die Beschämte sich als Tänzerin in einer Go-Go-Bar engagiert und sich während dieser Zeit einen weiteren motorradfahrenden Tunichtgut als Beschützer ihrer Ehre hält. Es ist klar, dass sie jenen ehrenwerten Beschützer dem schlechtriechenden, alkoholtriefenden Besucher ihres Schuppens nicht zur Sprache bringt und dem ausländischen Herren mit der dicken Brieftasche lediglich das Leid des heimatlichen Wasserbüffels klagt. Auch über den nahezu madonnenhaft empfangenen Spössling wird in der Regel kein Wort verloren. Darüber mokiert sich Frau Walasinee selbstverständlich nicht. Aber eine 32-jährige Person, die bislang als unnnahbar galt, ist offensichtlich ein Grund, sich über die thailändischen Moralvorstellungen ernstlich Sorge zu machen, besonders wenn das in einheimischen Boulevardblättern breit ausgewalzt wird.

Dabei kann man nicht sagen, dass sich Thailänder westlichen Anschauungen nicht anpassten. Der kürzliche Besuch eines befreundeten Pärchens aus dem Vaterland überzeugte mich erneut. Auf der Fahrt vom Bangkoker Flughafen zu meiner bescheidenen Hütte engagierten sich die beiden in einem angeregten Gespräch mit dem Taxifahrer. “Wie sagt man ‘links’ und ‘rechts’ auf Thai?” wollten die beiden vom Taxifahrer wissen. Der Fahrer, Gott habe ihn selig, erklärte ihnen: “Lep and lai”. Fast bis zum Ende ihrer Thailandreise waren die beiden überzeugt, dass die thailändischen Wörter für links und rechts als “lep” und “lai” ausgesprochen würden. Schockschwerenot als das Pärchen am letzten Abend zu mir zurück kam. “Das stimmte ja überhaupt nicht. Ein anderer Taxifahrer hat uns erklärt, dass die richtigen Ausdrücke ‘saai” für ‘links’ und ‘khwaa’ für ‘rechts’ lauten müssten.” Woraufhin ich in schallendes Gelächter ausbrach. Das Pärchen, die Augen geöffnet, lachte auch. Humor muss schliesslich sein.

Humor muss man auch beweisen, wenn während der Regenzeit der Strom regelmässig ausfällt. Das passiert zumindest in meiner bescheidenen Hütte zumindest zwei Mal pro Woche. Es ist selbstverständlich äusserst unbeglückend, wenn man am Computer arbeitet und das Dokument noch nicht gesichert hat. Damit geht die ganze Frucht der Arbeit flöten. Und wiederum dürfen wir uns fragen, geneigter Leser. Wir fragen uns, weshalb Thailand so sehr danach strebt zum Industriezentrum, zum Modezentrum, zum Luftverkehrszentrum, zum Massenkommunikationszentrum, usw. in der Region aufzusteigen wenn man nicht einmal dazu in der Lage ist, den Strom aufrecht zu erhalten. Ach, ist es nicht schön wenn man sich über solche Kleinigkeiten aufregen kann? Die Advokaten der Toleranz werden ob dieser Worte auf die Barrikaden gehen. “Wenn es Dir hier nicht passt kannst Du ja immer noch nach Deutschland gehen,” erschallt es. Einmal wieder fragt man sich: Darf man angesichts solcher Vorkommnisse etwas sagen oder muss man wirklich immer den Mund halten? Schliesslich sind wir ja nur steuerzahlende Gäste in diesem Land. Solange wir unsere Kohle an den Staat abdrücken ist es ja in Ordnung, aber in konstruktiver Weise die Weiterentwicklung des Landes zu verlangen? Nein, das steht keinem dahergelaufenen Ausländer zu.

In dieser Hinsicht sollten wir uns doch lieber an unseren allwissenden Politikern orientieren. Immerhin fand der Minister für Soziale Entwicklung und Heimatsicherheit (Social Development and Human Security), Herr Watana Muangsook, einen Ausweg aus der Misere der Motorradraser, die Bangkoks Strassen nächtens terrorisieren. Man könne doch die Landebahnen des neuen Flughafens als Rennbahnen designieren, damit sich die ungestümen Jugendlichen dort ihrer Freizeitbeschäftigung ergeben. Oder vielleicht könnte man einige Strassen in ausserstädtischen Bezirken als Nürburgringe ausweisen. Sagen Sie mal, geneigter Leser, wird dieser Minister für seine kreativen Eingaben eigentlich bezahlt? Ich weiss nicht, aber zu meiner Zeit gab es von meinen Eltern halt einen hinter die Löffel wenn ich um vier Uhr morgens vom Motorradrennen zurück kam. Das vergällte mir die Praxis und ich musste nicht einmal mehr den ganzen Weg zum Münchner Flughafen auf mich nehmen.

Wenn Sie in fortgeschrittenem Alter wirklich Rennen fahren wollen, empfehle ich einen Besuch des PTT Go-Kart Speedway in Bangkoks Royal City Avenue. Das Konzept scheint ausgereift, allerdings findet es aber nur innerhalb des Komplexes statt. Die Öffnungszeiten sind auch bescheiden, obschon das Spektakel an Freitagen und Samstagen bis 3 Uhr morgens vonstatten geht. Es ist selbstverständlich klar, dass jugendliche Rennfahrer solch einen Ersatz niemals akzeptieren würden. Wo bliebe der ganze Spass wenn man Anwohner nicht terrorisieren könnte? “Sanuk” (Lebensfreude) ist ja sowieso das Motto des Königreichs. Zumeist ist das allerdings “Sanuk” auf Kosten anderer.

Und weil wir jetzt so schön bei der Sache sind, wie wäre es mit einem Blick in die Welt? Eine Frau in Jordanien biss das Ohr ihres Ehegatten ab weil ihm ein Schönheitswettbewerb im Fernsehen so sehr gefiel. Jordanische Medien berichteten, dass die 63-jährige ihren Angetrauten zunächst “verflucht, geschlagen und sodann sein Ohr abgebissen” hätte weil er einem übertragenen Schönheitswettbewerb zu sehr gefrönt hatte. Der 55-jährige Herr hatte anscheinend “kritische Bemerkungen” über den Ausgang des “Miss Tourism World 2005”-Wettbewerbs gemacht, was seine Ehefrau zur Furie gestaltete. Sie warnte ihn sogar: “Bring keine schlechten Kommentare über Frauen und vermeide dass ich Dich in der Nähe von anderen Frauen sehe.” Die Drohung wurde flugs in die Tat umgesetzt. Der älteste Sohn des Paares sagte: “Mein Vater musste meistens den Mund halten um Probleme zu vermeiden. Die Eifersucht meiner Mutter hat zugenommen und sie verhält sich jetzt wie ein Tennager.” So weit, so gut, geneigter Leser. Aber kommen ihnen da nicht einige Gedanken zum Thema “thailändisches Barmädchen”?