Kosmetische Eingriffe und der wahre Islam
Ach ja, da kehrt man aus einem verlängerten Urlaub zurück, und was findet man vor? Ein Bangkok wie aus dem tausendjährigen Ei gepellt. Die Strassen vom Unrat gesäubert. In vielerlei Hinsicht. Während meiner Abwesenheit ging Bangkok’s Gouverneur Samak Sundaravej daran, streunende Hunde und Menschen zwangsumzusiedeln. Zumindest die meisten. Auch die Kehrkolonnen und Müllabfuhr wurden im Akkord eingesetzt, um die Hauptstadt in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Das alles wegen der Apec-Konferenz. Man möchte schliesslich den Delegierten beweisen, dass sie mit Bangkok, einer der Wiegen menschlicher Hochkultur, eine gute Wahl getroffen haben. Wie lange die nahezu paradiesischen Zustände nach Abschluss der Konferenz anhalten, sei dahingestellt. Immerhin handelt es sich hier lediglich um kosmetische Massnahmen, die aber die Wurzeln gewisser Situationen in keinstem Falle berühren dürften. Mehr Schein als Sein ist und bleibt die unerschütterliche Lebensphilosophie im Lande der Freien. Es wäre fast lachhaft, wüsste man nicht, dass die Herren Samak und Thaksin allen Ernstes sind. Premier Thaksin ordnete die Presse sogar an, während anstehender Interviews keinesfalls Fragen über Politik im allgemeinen und das erfolgte Einreiseverbot für Vertreter ausländischer NGO’s (Nichtstaatliche Organisationen) im besonderen zu stellen, damit die Harmonie der Konferenz ungetrübt bleibt. Während meiner Barrunden, die dazu dienten, mich wieder mit dem lange vermissten Rotlichtaspekt der Hauptstadt vertraut zu machen, wurde ich gar des öfteren gefragt, ob es wahr sei, dass die Sündenpfuhle von Nana Plaza, Soi Cowboy und Patpong für die Dauer der Konferenz geschlossen würden. Als ob ich das wüsste. Ganz abwegig erschien mir die Idee an sich allerdings nicht. Sicherlich wäre es der Staatsführung lieber, wenn sich die Apec-Delegierten an buddhistischen Tempeln ergötzten anstatt in den Armen einer braungebrannten Isan-Schönheit, die die alte Leier vom kranken Wasserbüffel auftischt. Obwohl ich mir vorstellen könnte, dass der Ruf Bangkoks als eines der grössten Bordelle der Welt auch bis in die Ministerien von Chile, den USA und Australien (neben anderen) vorgedrungen sein dürfte. Weshalb also die Versteckspielerei? Man wird sehen. In der Zwischenzeit dürfen Einheimische, Residenten, Touristen und Delegierte angesichts des aufgepäppelten Strassenbildes, zumindest entlang der Hauptarterien, frohlocken. Aber mal ehrlich: Im Vergleich zu Kairo, wo ich mich eine Woche lang über Schmutz, Smog und Wrack-Taxis aufregte, war Bangkok auch schon vor dem kosmetischen Eingriff ein Hort der Sauberkeit und Eleganz. In Sachen Nepp und Ausländerpreisen befinden sich gewisse Elemente der ägyptischen Gesellschaft jedoch mit ihren thailändischen Kollegen auf ein und derselben Stufe. Es ist wohl doch der Massentourismus, der die Geldgier im Menschen fördert, ob in Thailand oder anderswo. Bei einem Ausflug zu den Pyramiden wollte man mir zum Beispiel einen Führer aufdrängen, der für die zweistündige Tour „nur“ 40 US-Dollars erwartet hätte. „Gerne mehr, denn die meisten anderen Touristen zahlen mir zwischen 60 und 80 $, und Du möchtest doch nicht als Knauserer dastehen,“ wurde mir in psychologisch versierter Holzhammermanier bedeutet. Ich lehnte dankend ab und machte mich hoch zu gemietetem Ross alleine auf den Weg. Am Abend in der Hotelbar erfuhr ich vom freundlichen Barkeeper, dass ich richtig gehandelt hatte. Der gängige Preis für zwei Stunden professioneller Pyramidenführung beträgt nämlich schlappe zehn Dollar! Was für ein Unterschied, als ich in Jordaniens Hauptstadt Amman eintraf. Eine hypermoderne Stadt am Rande der Wüste. Breite Boulevards befahren von den neuesten Karossen, blitzende Einkaufszentren, und sauber, sauber, sauber. Der angenehmste Eindruck war jedoch, dass niemand auch nur ein einziges Mal versuchte, mich über den Leisten zu ziehen. Überhaupt war ich von der Freundlichkeit, Weltoffenheit und Toleranz der Jordanier schlichtum platt. Kein Anzeichen von Religionsfeindlichkeit gegenüber Christen, wie das so oft in der Sensationspresse dargestellt wird. Apropos. Schwer eingenommen war ich von einem Artikel des jordanischen Königs, der in der Los Angeles Times und mehreren lokalen Zeitungen erschien. Ich möchte ihn hier in Auszügen wiedergeben – auch weil mir so kurz nach meiner Rückkehr die üblichen Themen dieser Kolumne noch fehlen:
Terroristen betrügen Islams wahre Wertvorstellungen
Von König Abdullah II von Jordanien
Amerikaner und Jordanier gleichermassen verloren bei den diesjährigen, verheerenden Terroranschlägen in Saudi Arabien und Bagdad ihr Leben. ...Die Gesichter der Opfer und ihrer trauernden Familien erscheinen mir wann immer ich die Behauptung von Terroristen lese, im Namen der Araber und Moslems zu handeln. In Wahrheit waren meine eigenen Landsleute die allerersten, die unter den Händen jener zu leiden hatten, die eine Kultur des Terrors predigen und Macht durch Gewalt suchen. Deren Behauptung, dass der Islam ihre Aktionen gerechtfertigt, ist schlichtum eine Lüge.
Das Böse, das sich am 11. September vor zwei Jahren enfaltete, hat Narben in der gesamten Welt hinterlassen, doch keine dieser Narben ist so tief wie der falsche Gedanke, der Islam würde Gewalt sanktionieren. Dennoch ist genau das - gemäss einer kürzlichen Umfrage des Pew Research Center for the People and the Press - die Meinung einer steigenden Anzahl von Amerikanern. Das ist aber ein Missverständnis, das droht, die Befürworter des Friedens zu spalten, just in jenem Moment, wenn wir mehr als jemals zuvor zusammenhalten müssen.
Die Wahrheit ist, dass der Islam seine Gläubigen seit frühesten Zeiten zu Leben von Frieden und Toleranz ermahnt hat. Schon der Name »Islam« wurzelt in dem arabischen Wort für Frieden, »Al Salaam«. Unser Glaube sanktioniert nicht die Tötung Unschuldiger, er verbietet es. »Jihad«, so oft falsch interpretiert als »Heiliger Krieg«, bedeutet eigentlich »Ringen«. Und der Prophet Mohammed, Friede sei mit ihm, lehrte, dass der bedeutendste Heilige Krieg derjenige ist, der ins uns selbst vonstatten geht, das Ringen gegen unsere eigenen Schwächen und Verfehlungen.
Wenn Extremisten Greueltaten begehen, handeln sie den Lehren des Islam zuwider. Schon lange bevor die Genfer Konventionen ratifiziert wurden, mussten moslemische Soldaten strenge Regeln zum Schutz von Zivilisten befolgen. Sogar heute noch lernen Schulkinder die berühmte Rede von Abu Bakr, dem ersten Nachfolger des Propheten. Diese verlangt nach Rechtschaffenheit, verbietet das Töten von Unschuldigen jeglicher Glaubensrichtung und untersagt sinnlose Zerstörungen: »Betrügt nicht, hintergeht nicht, schlagt nicht und verstümmelt nicht, tötet nicht Kind noch Frau noch alten Mann«, sagte Abu Bakr. »Brennt nicht nieder Häuser, noch fällt einen Obstbaum, wenn ihr auf Gemeinden trefft, die sich selbst zur christlichen Kirche bekennen. Lasst sie in Frieden.«
...Zum Ende des Jahres 2003 wird es weltweit mehr als eine Milliarde Moslems geben, und die überwältigende Mehrheit dieser Menschen ist friedvoll. Seit September 2001 hat diese Mehrheit damit begonnen, die Werte des wahren Islam kundzutun. Jodanien führt dabei den Weg, denn für uns ist dies eine in der Geschichte wurzelnde Verantwortlichkeit. Unser Boden, der Levant, ist immerhin die antike Heimat aller drei grossen, monotheistischen Religionen: Judaismus, Christentum und Islam.
...Es ist wichtig für den wahren Islam, im Westen verstanden zu werden. Wir sind an einem kritischen Moment der Geschichte angelangt, einer Zeit echter Möglichkeiten für Fortschritt – Fortschritt im Krieg gegen den Terror, im Friedensprozess für den Nahen Osten. ...Die Feinde des Friedens aber würden nichts lieber sehen als dass wir entmutigt werden und uns spalten. Wir dürfen dies nicht geschehen lassen.«
So weit, so gut, und sicherlich eine Meinung, die nicht in allen Staaten der arabischen Welt so aufgefasst wird. Dennoch erscheint mir dieser Kommentar dazu geeignet, auch uns durch CNN und BILD gehirngewaschene Westler zumindest zum Denken anzuregen. Nicht in der Bar, denn dort übernehmen Nok und Lek das Denken für uns.
Um diese etwas anders gestaltete Kolumne aber noch für die Advokaten leichterer Unterhaltung zu einem gelungenen Abschluss zu bringen, hier die Übersetzung eines Witzes von Bernard Trink, dem Nachtlebenkolumnisten der Bangkok Post, der mir gut gefallen hat. In der nächsten TIP-Ausgabe geht es dann wieder wie gewohnt in die Vollen.
Ein Golfspieler hatte einen schrecklichen Autounfall und musste operiert werden. Bevor es unters Messer ging, besuchte ihn der Chirurg.
»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die schlechte ist, dass ich Ihren rechten Arm amputieren muss.«
»Oh, nein!,« brach der Mann zusammen. »Damit ist meine Golfspielerei zu Ende. Was ist die gute Nachricht?«
»Ich habe einen neuen Arm für sie. Aber er kommt von einer Frau«, antwortete der Chirurg.
»Na dann mal frisch ans Werk. Zumindest kann ich wieder Golf spielen«, gab der Mann erleichtert seine Zustimmung zur Transplantation.
Die Operation verlief ohne Zwischenfälle. Ein Jahr später ist der Mann wieder auf dem Golfplatz und trifft dort den Chirurgen.
»Wie ist der neue Arm?«
»Einwandfrei«, sagt der Mann. »Ich spiele das beste Golf meines Lebens. Der neue Arm ist viel feinfühliger. Aber nicht nur das. Meine Handschrift hat sich gebessert. Ich nähe nun auch meine Kleidung selbst und kürzlich habe ich sogar Wassermalerei als neues Hobby aufgenommen.«
»Unglaublich!« erwidert der Chirurg. »Ich bin froh zu erfahren, dass die Operation solch ein voller Erfolg war.«
»Nun, das gibt es nur ein klitzekleines Problem«, sagt der Golfspieler. »Jedes Mal wenn ich eine Erektion bekomme, kriege ich eine schreckliche Migräne...«
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