Hass, Herzensleid, Lachtränen:

Thailändisches Potpourri

Gottlob ist Loy Krathong, das Lichterfest, überstanden! Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber mir fällt das Ereignis von Jahr zu Jahr mehr auf die Nerven. Zugegeben, vom Visuellen her ist und bleibt es eines der schönsten und romantischsten Festivals in Thailand. Was mich jedoch jedes Jahr beinahe um den Verstand bringt ist dieses vermaledeite Loy Krathong-Lied. Ja, ich meine DAS Lied. Singular. Einzahl. Zur deutschen Weihnachtszeit gibt es nun ja auch bestimmte Lieder, die man wieder und wieder hören muss, doch das Loy Krathong-Lied scheint die einzige – wirklich einzige – Melodei zu sein, die so untrennbar mit dem thailändischen Festival verwachsen ist wie Kaiser Barbarossas Bart mit dem Steintisch im Kyffhäusser. Ob im Kaufhaus, in der Bierbar, im Hotellift, auf den zahlreichen Jahrmärkten oder sonstwo; überall dringt einem dieses Gedudel an die gefolterten Ohren. Die Wurzel des Ärgernisses ist auch keineswegs der Singsang an sich, sondern vielmehr die Tatsache, dass das Lied ununterbrochen abgespielt wird. Es startet nämlich generell von neuem sobald die letzten Akkorde der gerade beendeten Weise verklungen sind. Im Musikbranchenfachjargon nennen wir so etwas »spooling«. Und das geht stundenlang so. Wenn man dem Lied wenigstens entkommen könnte. Aber nein, nach der Flucht aus dem Kaufhaus wallen einem die langgehassten Töne bereits wieder aus dem nächsten McDonalds entgegen. Der Stoff aus dem Alpträume sind. Ich habe mir schon gedacht, vielleicht eine Petition beim Kulturministerium einzureichen, beinhaltend den Vorschlag, ein oder zwei neue Melodien komponieren zu lassen, die man dann wenigstens in stündlichen Intervallen mit dem beanstandeten Folterlied auswechseln könnte. Das würde auch sicherlich die nationale Selbstmordrate drücken, die ja angeblich während des Loy Kathong-Festivals überdurchschnittlich hoch liegen soll. Doch wer schenkt schon einem »Farang« Gehör.

Gespitzt werden die Ohren allerdings wenn es um Thailands neuesten Starskandal geht. Tennisidol Paradorn Srichapan verlautbarte vor wenigen Tagen seine Trennung von Kurzzeitfreundin und glücklosem Popsternchen Tata Young. Die Romanze wurde erst vor einigen Wochen allseits bekannt, als Tata während einer Pressekonferenz und Fernsehshow freimütig bekannte, sie liebe Paradorn. Das nahm man ihr in konservativen Thaikreisen sehr übel, denn ein »gutes Thai Girl« wirft nicht ungestraft mit Privatangelegenheiten um sich. Wir haben es hier ja schliesslich nicht mit Nok oder Lek aus der Bierbar zu tun! Kein Wunder, dass die Srichapan-Residenz daraufhin in einer wahren Flut von Hassfaxen , -anrufen und –briefen förmlich erstickte. Das brachte auch Papa und Trainer Chanachai auf die Palme. Als guter Sohn blieb Paradorn nicht anderes übrig als die Familienehre ins Reine zu bringen und Tata vor vollendete Tatsachen zu stellen. »Es tut mir leid, dass mein Vater nach dem Bekanntwerden der Neuigkeiten so gestresst reagierte. Um das alles zu beenden, traf ich mich mit Tata und besprach die Situation mit ihr. Und sie war fair. Sie stimmte dem Abbruch unseres Verhältnisses zu«, sülzte der brave Sohn zur Presse. Unterdessen rankte sich Tata selbst offensichtlich mitnichten in einen Trauerschleier. »Sie sah in Ordnung aus und erschien nicht besonders depressiv«, erklärte eine Angestellte der Familie Young der lokalen Sensationspresse. Sollte das von zahlreichen Kritikern ins Leben gerufene Gerücht, Tata habe sich nur mit dem Tennisspieler liiert, um die miserablen Verkaufszahlen ihres neuesten Albums anzukurbeln, doch ein Körnchen Wahrheit an sich haben? Wir denken nichts Böses. Und doch: Im zarten Alter von 15 Jahren wurde Tata fast über Nacht zum Superpopstar im Land des Lächelns, verdiente sich dumm und dämlich. Dann mischte sich Vater Young ein, löste das Wunderkind aus dem Schallplattenvertrag, übernahm selbst des Töchterleins Management und brüstete sich gar damit, dass Klein-Tata dereinst den Hollywoodstar Brad Pitt heiraten würde. Aus der Hochzeit wurde nichts. Leider auch nichts aus der angestrebten internationalen Karriere, denn es ging schlagartig bergab. Aus Tata Fanklubs wurden Tata Hassklubs und die ehemals »beliebteste Popsängerin Thailands« wurde kurzerhand mit zweifelhaften Lorbeeren zum »arrogantesten Popsternchens« gekürt. Hochmut kommt vor dem Fall. Ob diese Erfahrung der inzwischen 23-jährigen etwas zu denken gegeben hat? Immerhin kann man sie auf immer seltener erscheinenden Magazinfotos öfter in der sogenannten »Denkerpose« bewundern. Dabei hätte sie durch ihre exzellenten Englischkenntnisse (Papa ist Amerikaner) durchaus ein Prerequisit zum internationalen Star in der Tasche.

Englisch ist freilich nicht die unbedingte Stärke eines Grossteils unserer thailändischen Gastgeber. Während man das Attribut »exzellentes Englisch« (von Thai ganz zu schweigen) durchaus auch nicht vielen unserer deutschsprachigen Residenten anhaften kann, ist es dennoch spassig, wie das Angelsächsische im Land der Freien zuweilen verballhornt wird. Nicht nur in Sprache, sondern vielerorts auch auf Schildern, die zum Schmunzeln veranlassen.

FoodOutlet

Snake Bar

Eine Fotoschnitzeljagd dergestalt kann erheiternden Gesprächsstoff für so manchen Abend liefern. Zum Beispiel stiess ich auf das an der Eingangstür eines Coffeeshops ausgehängte Schild: »Food & Drinks Not Allowed In The Food Outlet«.

Frei übersetzt: »Essen und Getränke sind in dieser (Restaurant)zweigstelle nicht erlaubt«. Gemeint war natürlich, dass der Verzehr von ausserhalb mitgebrachter Verpflegung im Restaurant untersagt ist. Wem ein solches Verbot gegen den Strich geht, der soll bleiben wo der Pfeffer wächst, oder begibt sich stattdessen in die »Snake Bar« (Schlangenbar) einer nordthai-ländischen Pension (Guesthouse).

Klar, dass man dort weder auf Kobras noch Nattern stösst, denn eigentlich werden in der mysteriösen Bar ja lediglich »Snacks« (Imbisse) serviert. Für Nattern einer eher menschlichen Gestalt macht man besser einen Abstecher zu einer Go-Go-Bar in Bangkoks Nana Plaza. Dort muss man für seine Getränke auch nur bezahlen wenn man in Begleitung eines Freundes oder Bekannten namens Bill ist: »Please Do Not Pay For Drink Without Bill«.

NoPayWithoutBill

Es drängt sich mir aber der vage Verdacht auf, dass das entspechende Schild darauf hinweist, dass das wohlverdiente Bier nur unter Vorlage eines entsprechenden Kassenbons bezahlt werden soll, um etwaigen Betrügereien seitens geldgieriger Nattern (auch bekannt als Lek und Noi) vorzubeugen. Sei’s drum. Eine Exkursion in das Restaurants eines Hotels in der nordostthailändischen Stadt Nong Khai machte mich kürzlich mit der ganzen exotischen Vielfalt der heimatlichen Küche von Lek und Noi vertraut. Als Vorgericht schlug der dortige Küchenchef »Hand-boiled eggs« (Handgekochte Eier) vor. Das vielen Isanbewohnern nachgesagte »heisse Herz« (jai roon) resultiert offensichtlich nicht nur in Unbeherrschtheit sondern auch in besonders gut durchbluteten Händen. Um das übermässig genossene Cholersterol zu kontern, empfahl die Speisekarte als Suppengang »Noodle soup from a noodle shop without noodles« (Nudelsuppe aus einer Nudelsuppenküche ohne Nudeln). Sicherlich auch ein hervorragendes Schlankmacherrezept. Für das Hauptgericht ging es dann in die Vollen mit »Fried crap with curry« (Gebratene Fäkalien mit Curry). Der Speichel lief mir in Strömen; auch die Lachtränen. Es war nur ein überaus glücklicher Umstand, dass mein Ausflug nach Nong Khai nicht während des Loy Krathong-Festivals stattfand, sonst wäre mein (gut gemeintes, da amüsiertes) Gelächter bestimmt jäh verstummt. Der aufmerksame Leser weiss weshalb. Das Restaurant spielte nämlich routinemässig Hintergrundmusik zur weiteren Unterhaltung der dinierenden Gäste....