Streit um Steuerabkommen mit der Schweiz
Die deutsche und die schweizer Flagge wehen über
Berlin.
Die Berichte über den Ankauf von Steuerdaten-CDs durch das Land Nordrhein-Westfalen hat ein Thema wieder in die Schlagzeilen gebracht: das geplante Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland. Es ist ausverhandelt, der Vertrag ist seit September 2011 unterzeichnet, in Kraft treten soll das Abkommen Anfang 2013. Das Problem: Der Bundesrat stimmte bislang nicht zu. SPD und Grüne meldeten erhebliche Kritik an dem federführend von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ausverhandelten Abkommen an. Auf Druck der SPD-geführten Bundesländer gab es bereits Nachverhandlungen.
Schluss mit dem "ewigen Disput"
Angesichts des drohenden Scheiterns verstärkte Schäuble sein Werben um Zustimmung. Anderenfalls verfielen jedes Jahr deutsche Steuerforderungen in großem Umfang, warnte er in der Tageszeitung "taz". Der "ewige Disput" müsse jetzt enden.
Schäuble hofft, über das Abkommen an das Schwarzgeld deutscher Steuerzahler in der Schweiz zu kommen. Bisher am deutschen Fiskus vorbei in das Nachbarland gebrachte Gelder sollen pauschal mit 21 bis 41 Prozent nachversteuert werden. Dies soll rückwirkend für zehn Jahre gelten. Die Kontoinhaber blieben anonym.
Er wirbt um Zustimmung für "sein" Abkommen:
Wolfgang Schäuble
Zudem sollen Schweizer Banken bei Inkrafttreten des Abkommens von 2013 an dem deutschen Fiskus helfen, die Steuer auf Kapitalerträge deutscher Kunden bei Schweizer Banken einzuziehen. Die Bundesregierung erhofft sich davon für das kommende Jahr bis zu zehn Milliarden Euro. SPD und Grüne halten diese Regelungen für nicht weitgehend genug.
Steinbrück schickt keine Kavallerie, aber scharfe Worte
"Schlecht verhandelt - und zwar namentlich von Herrn Schäuble" sei das Abkommen, kritisierte Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Schäuble habe sich gern diplomatisch von dem "Steinbrück-Rambo mit der Kavallerie" absetzen wollen und darüber ein Abkommen mit erheblichen Defiziten vorgelegt, sagte der SPD-Politiker in der "Bild am Sonntag".
Er spielte damit auf seine vor einigen Jahren ausgesprochenen, heftig kritisierten Drohungen an, der Schweiz die Kavallerie zu schicken, sollte sie beim Auffinden von Steuerflüchtlingen weiterhin nicht kooperieren. Steinbrück, der zusammen mit Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier der SPD-Kanzlerkandidaten-Troika angehört, empfahl seiner Partei, das Abkommen in der Länderkammer scheitern zu lassen. "Ich rate dazu, dass die SPD das Abkommen im Bundesrat ablehnt und in der Regierung den internationalen Druck auf die Schweiz erhöht."
Nach Ansicht des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen im Bundestag, Volker Beck, verhindert die Garantie der Anonymität dauerhaft eine gleichmäßige Besteuerung aus Kapitaleinkünften. "Schäuble muss die Frage beantworten, warum er nicht wie die USA ein weiteres Entgegenkommen der Schweiz erreicht hat. Die Schweiz hatte das Bankgeheimnis gegenüber den USA gelockert."
Schweiz sagt Nein zu Nachverhandlungen
Deutliche Worte richtete Steinbrück an die Adresse
von Finanzminister Schäuble.
Die Schweizer Regierung hatte bereits vor einigen Tagen ihr Missfallen über die innenpolitische Kontroverse in Deutschland in Sachen Steuerabkommen zum Ausdruck gebracht. Tenor: Neuverhandlungen könne Deutschland vergessen, wenn der vorliegende Vertrag im Bundesrat scheitern sollte. "Das ist unser letztes Angebot", sagte Finanzministerin Evelin Widmer-Schlumpf, die derzeit auch als Regierungschefin amtiert. Dies gelte im übrigen auch für den Fall, dass die Schweizer Bevölkerung das Abkommen bei einem Referendum ablehnt. Mit dem Volksentscheid wird im Herbst gerechnet.
"Das ist Hehlerei"
Grundsätzliche Kritik an der Schweiz kam von einem weiteren Amtsvorgänger Schäubles. Es sei "ein Geschäftsmodell der Schweiz" und der meisten ihrer Banken, Schwarzgeld anzulocken, es vor dem Fiskus zu verstecken und sich den Gewinn mit den Steuerflüchtlingen zu teilen, sagte Hans Eichel in der "taz". "Das ist Hehlerei." Dies gebe dem deutschen Staat das Recht, CDs mit vertraulichen Bankdaten zu kaufen und für strafrechtliche Ermittlungen zu verwenden.
Auch die FDP meldete sich zu dem Thema zu Wort: "Steuersünder sind keine ehrenwerten Räuber, die sich nur nehmen, was ihnen eigentlich zusteht. Sie sind schon gar keine Leistungsträger, für die wir Liberale einstehen. Sie sind miese Betrüger", stellte FDP-Generalsekretär Patrick Döring in der "taz" klar.
Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt, dass 150 Milliarden Euro in der Schweiz lagern. Das Schweizer Bankgeheimnis macht es nahezu unmöglich, dass hiesige Behörden erfahren, welcher Deutsche dort Geld angelegt hat und wie viel er damit verdient.
- Deutschland und Schweiz streiten über Steuerdaten (16.07.2012)
- Deutsch-schweizerisches Steuerabkommen unterzeichnet (21.09.2011)
Weltatlas: Deutschland [Flash|HTML]