Die Verbraucher in Deutschland zahlen bei ihren Einkäufen nach wie vor immer noch am liebsten bar. Jeder trägt im Durchschnitt 118 Euro mit sich herum. Das hat die Bundesbank in einer Umfrage herausgefunden.
Die Vorliebe zum Bargeld ist bei jungen und alten Menschen in Deutschland besonders ausgeprägt. Doch die starke Expansion des Bargeldumlaufs kann das allein nicht erklären. Die Bundesbank hat in den vergangenen zehn Jahren den Bargeldumlauf verdoppelt. So stark war die Nachfrage. Nicht nur von Schülern, die sich ein Bonbon kaufen. Nicht nur von alten Menschen, die den Friseur bezahlen. Schwarzarbeiter sichten Bargeld. Und im Ausland ließ das Vertrauen in heimische Währungen und den amerikanischen Dollar nach. Der Euro profitierte.
Angst vor der Pleitewelle
Die Bundesbank hat viel Geld gedruckt und geprägt: 140 Milliarden Euro waren es zum Start der Währungsunion. Jetzt, gut zehn Jahre später, sind es mehr als doppelt soviel: 328 Milliarden Euro. Viel Bargeld wurde gebraucht, als im Herbst vorigen Jahres die Bank Lehman Brothers insolvent wurde und die Angst vor einer Pleitewelle unter Banken wuchs. Die Deutschen hoben Geld ab wie sonst nur im Weihnachtsgeschäft, legten es daheim unters Kopfkissen oder brachten es ins Ausland. Aber das – so Helmut Rittgen, Zentralbereichsleiter Bargeld bei der Bundesbank – normalisiere sich allmählich wieder.
Schwarzgeld fließt ins Ausland
Dennoch wird immer noch viel Geld gehortet. Denn nur 31 Milliarden Euro, also zehn Prozent des Bargeldumlaufs, genügen, um die täglichen Bargeschäfte zu bestreiten: um beim Bäcker die Brötchen, im Markt die Lebensmittel, in der Kneipe das Bier, beim Friseur den neuen Haarschnitt zu bezahlen. Der größte Teil des Bargeldes aber, 55 bis 60 Prozent, wird im Inland gehalten – also: irgendwo deponiert.
Niemand weiß, ob es nur unterm Kopfkissen liegt oder in der Matratze vernäht ist, weil seine Besitzer beispielsweise den Banken misstrauen. Ober ob es vor allem für illegale Geschäfte mit Drogen und Prostitution verwendet wird. Oder um die Schwarzarbeit blühen zu lassen? So wird es jedenfalls vermutet. Und ist Schwarzgeld erst einmal da, bleibt es nicht im Inland, sondern fließt ins Ausland und kommt von dort oft auch wieder zurück.
Thilo Sarrazin, Vorstandsmitglied bei der Bundesbank, nannte das Beispiel Spanien. Aus dem gewaltigen Bargeldrücklauf, den spanische Banken nach Deutschland hätten, könne man ohne weiteres folgern, dass dort Ferienhäuser und ähnliches in größerem Umfang von Deutschen bar bezahlt würden. Das habe den Vorteil, dass das Geld zunächst einmal aus Deutschland verschwunden sei. In den Kaufverträgen stünden dann Summen, die niedriger seien, als der tatsächliche Preis. Das heißt: Der Barzahler wird auf diese Weise sein Schwarzgeld los und muss zudem niedrigere Grunderwerbssteuern und Notargebühren bezahlen. Denn die richten sich nach dem Preis, der im Kaufvertrag steht.
Schwacher Dollar - starker Euro
Ein weiteres Drittel des Bargelds wird nach Angaben Sarrazins im Ausland gehalten – eine Tradition, die der Euro von der D-Mark übernommen hat. In Drittstaaten werde zunehmend der Euro als Reservewährung gehalten, da der Dollar viel von seiner Stärke verloren hat.
Einen durchschlagenden Erfolg neuer Bezahlverfahren neben Bargeld und Karte erwartet die Bundesbank nicht. Für Zahlungen etwa mit Handy oder per Fingerabdruck müsse sich erst eine "flächendeckende Akzeptanz beim Handel und in der Bevölkerung" finden. Eine Chance für den Erfolg neuer bargeldloser Zahlverfahren sei jedoch der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum SEPA, mit dem grenzübergreifende Zahlungen leichter werden. Für die Untersuchung "Zahlungsverkehr in Deutschland" wurden 2000 Verbraucher befragt.