Das letzte Mal, am 27. Juni habe ich Dir geschrieben - “Kurz vor dem Schlusspfiff“ (Griechenlandzeitung) Schluss für was? Das €-Debakel? Seither wieder unzählige TV-Talkshows, vor allem in Deutschland, alles voll mit €-gescheiten Analysen, Beschuldigungen, Rezepten, Feststellungen und Spekulationen – gescheiterte Gespräche, der Kollaps muss verhindert werden – ein tiefer Riss geht durch Euroland – und nun? Schon bald wieder 3 Wochen später? Damals sagte ich noch „Griechenland muss wieder sich selbst werden – mit einer eigenen Währung und einer Nationalökonomie, die auf einem gesunden Staat basiert“. Der arroganten Tante (Christine Lagarde) vom IWF muss klar gemacht werden, dass die Schuldenmacher – und Verursacher (nicht nur die Griechen, notabene) nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden können, d.h. ganz klar, dass die gierigen Gläubiger-Banken Schuldscheine ausstellen sollen. Abschreiben! Total neu anfangen! Es ist schief gegangen! Aber langsam regt sich Widerstand gegen die Systemerpressungen und das Überrollen der armen Griechen mit den hegemonistisch-kapitalistischen Wirtschaftsbulldozern der €-Zone, allen voran den Strippenzieherinnen von Berlin bis Brüssel! - Und das in unseren Massenmedien, die sonst kaum einen Tag verpassen, an dem nicht das „Friedensprojekt“ EU und die grossartige Vereinheitlichung Europas verherrlicht werden. So beschreibt Constantin Seibt im Tagesanzeiger vom 15. Juli 2015 unter dem Titel „Warum Griechenland keine Chance hatte“ das ganze verständnislose und demütigende Prozedere der Selbstrettung der EU-Ideologie mit einer nie dagewesenen Offenheit!
Zitat: „Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis schilderte die Griechenlandverhandlungen so: Du bringst ein ökonomisches Argument, an dem du lange gearbeitet hast – und die Antwort ist ein blankes Starren. Es ist als hättest Du nichts gesagt. Du hättest auch die schwedische Nationalhymne singen können. (Und Christine Lagarde, IWF-Chefin sagte zur Zeit, sie wolle jetzt dann wieder einmal mit Erwachsenen verhandeln!“)
Ich lege Dir den Zeitungsausschnitt mit dem Artikel bei. Es ist die kurze aber entlarvende Geschichte eines schweren geschichtlichen Verhängnisses – noch ein Zitat zum Schluss: „Man zwingt Griechenland noch härtere Sparprogramme auf, als ob erstere geholfen hätten. Man plant einen 50-Milliarden-Privatisierungsfonds, als ob das Land noch so viel Besitz hätte. Und tut, als wäre der Euro ein Erfolg, während die Zone fast kein Wachstum, aber harte Krisen produziert. - Es ist ein Vertrag, den keiner vergessen soll und keiner vergessen wird. Es ist das dunkelste Papier Europas seit dem Krieg.
In der gleichen Zeitungsausgabe weiter hinten, ein paar ebenso offene Leserbriefe; „Merkels klare Haltung. Gewinner im Europoker ist Deutschland. Das Land hat sich als Hegemonialmacht über Europa etabliert. Von Beginn weg hat es von der Eurokrise profitiert... Als sehr belastend wird sich die von Deutschland durchgeboxte Forderung erweisen, dass griechisches Staatsvermögen im Betrag von 50 Milliarden
Euro in einen Fonds eingebracht werden muss, der privatisiert wird (nicht gestohlen, - geraubt!) ein Fonds der von uns verwaltet wird, wie es Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbleom ausdrückte... .“ Und ein weiterer: „Deutschland demütigt Griechenland, billigt dem Land keinen Schuldenschnitt zu, nimmt dessen Tafelsilber (Seehäfen, Flughäfen, Inseln – als Sicherheit in Verwahrung. Dabei; Nach dem zweiten Weltkrieg half die ganze Welt Deutschland wieder auf die Beine (Marshallplan und Schuldenschnitt)“ (Das hatte natürlich bereits wieder global strategische Gründe!)
Und Du und ich – und andere wissen, dass Griechenland unter der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg nebst allem sonstigen Leid und Schäden in den wirtschaftlichen Ruin getrieben wurde. Es wurden dem Land extreme Besatzungskosten auferlegt – Hitler nannte sie „Aufbaukosten“. Griechenland hatte von allen besetzten Ländern die höchsten Besatzungskosten pro Kopf!
Am Schluss schreibt noch ein Grieche – Panos Ketikidis: Wir Griechen sind selbst schuld, dass wir aus diesem neoliberalen, diktatorischen Berliner-Brüsseler-Club nicht austreten. Soll Deutschland ruhig seinen dritten Versuch unternehmen, Europa zu zerstören. Dieses Europa will ich nicht!
Und da hat Panos Ketikidis einfach recht. Ich hätte eigentlich erwartet, und es Tsipras und Varoufakis auch zugetraut, dass sie dem griechischen Volk einen echten Neufanfang verschaffen wollten und sollten!
Sie hatten schon vorher ein Handelsbilanzdefizit. Danach mit dem verhängnisvollen Wegfall der eigenen Währung, dem Beitritt in die Eurozone, fiel auch der Wechselkursmechanismus aus. 2002 wurden im öffentlichen Bereich Lohnerhöhungen zwischen 12 und 15% vorgenommen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir zum ersten Mal bei einem Griechenlandaufenthalt keine Drachmen mehr brauchten, sondern überall in Euros zahlen mussten, für uns zunächst eine kleine Bequemlichkeit als Plus, indem man die gleiche Währung, nicht nur in Deutschland, Italien oder Frankreich, sondern eben auch in Griechenland benutzen konnte. Allerdings, wenn wir damals einen Kostenvergleich zurück in Schweizerfranken vornahmen, bemerkten wir eine deutliche Teuerung gegenüber 2000, als wir noch mit Drachmen bezahlten. Dazu befragte Griechen äussersten sich ähnlich, auf meine Frage, wie sich die neue europäische Währung für die Griechen auswirke, gab es nebst gleichgültigem Schulterzucken die Aussage, es sei jetzt aber
alles etwas teurer geworden! - Also - wo ist dieses Geld geblieben? Nicht alle erhielten 12 – 15% mehr Lohn. Da müssen noch Schleusen zu einem grösseren
Abschöpfungskanal geöffnet worden sein!
Tsipras und Varoufakis hatten den Volksauftrag für einen wirtschaftlichen Neubeginn! Sie hätten also in aller Stille die Rückkehr zur eigenen Währung und damit zur Unabhängigkeit von der EU-Hegemonie vorbereiten müssen. Eine neue griechische Drachme drucken, die den Banken und damit dem Volk auf einen bestimmten Termin zur Verfügung gestanden hätte. Vorgängig hätten in geheimen Verhandlungen neue Geschäftspartner gewonnen werden müssen (Investoren). Natürlich unter Vorlage von gleichzeitig in Kraft kommenden Gesetzen über eine Straffung der Verwaltung (auch Militär), Antikorruptionsgesetz, neuen Staatsstrukturen, u.a. einem effizienten und kontrollierbaren Steuersystem, das auch die Steuerpflicht der bisher geschonten, reichen Reeder einbezieht.
Als Know-how Partner mit Investitionspotenzial hätte ich mir auch die Schweiz vorstellen können, wo auch verschiedene, wohlhabende und reiche Griechen wohnen und arbeiten, u.a. der Chefökonom der Zürcher Kantonalbank Anastassios Frangulidis. Milliarden, die wir in Symptombekämpfungsmassnahmen der Asyl- und Migrations-Industrie investieren - umleiten in echte Hilfe zum Wiederaufbau einer
europäisch nationalen Volkswirtschaft. Wer Griechenland wenigstens so kennt, wie wir, der weiss, dass da vor allem in der Tourismus-Industrie, aber auch im Export noch grosse, ungenutzte Potenziale vorhanden sind. Bisher zum Teil aus Frust vor dem Versickern der Investitionsgelder in Korruption und Bürokratie blockiert! Griechenland wäre zu helfen! Es müssen nur die richtigen Partnerschaften
entstehen.
Schulden! Tsipras müsste den sogenannten „Geldgebern“ klarmachen, dass er nicht vom Volk gewählt worden ist, um neue Kredite (mit Schuldzinsen) für die Rückzahlung von IWF-Schulden auszuhandeln. (Heute Meldung im Tagesanzeiger „die 28 EU-Staaten hätten grundsätzlich zugestimmt, für Athen zur Rückzahlung der fälligen Kredite von Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB Überbrückungskredite aus dem EU-Krisentopf EFSM bereitzustellen – 7 Milliarden...“).
Das sind die Erwachsenen von Christine Lagarde!
Die Geldgeber (sind bekannt) sollen sich ihre Ausstände von den dafür damals Verantwortlichen zurückfordern!
Militär: Die geostrategische Lage Griechenlands mit der Ägäis, den vielen Inseln bis hinunter nach Kreta hat noch einmal ein riesiges wirtschaftliches, wie
friedenssicherndes Potenzial. Die Angst der Griechen einerseits nach den durchgemachten Besetzungen, hauptsächlich des osmanischen Reiches und danach vor allem auch der Italiener und Deutschen, auf weitere militärische Besetzungsstreiche ist real (Ich erinnere an den Einfall der Türkei auf Zypern, mit bisher andauernder Teilbesetzung) Die Türkei verfügt über eine mächtige Militärmaschine, mithin ermöglicht durch ein beachtliches Wirtschaftswachstum.
Griechenland ist im Vergleich dazu auf allen Seiten eine schwache, auf Hilfe angewiesene Nummer. Die Angst der Griechen hat zu viel zu hohen Investitionen in den eigenen Militärapparat geführt. Griechenland kann sich die eigene Verteidigung selber kaum leisten. Und die Angst hat zusätzlich einen teuren Militärkult verursacht.
Da hätten also Tsipras & Co auch längst geheime Gespräche führen müssen, sowohl mit Obama, Nato als auch Putin. Keinem der geostrategischen Player, und natürlich Griechenland selbst kann es egal sein, wer diesen Raum sichert und den Zugang zum ganzen östlichen Mittelmeer und damit zum nahen Osten kontrolliert!
Zögerten Tsipras & Co aus mangelnder Unterstützung aus den eigenen Reihen? Es schien, dass das griechische Volk erwacht ist und die neue Chance endlich wahrnehmen will! Es braucht noch Mut und geschickte Strategen und Verhandlungsprofis. Ich zweifle nicht daran, dass es diese Leute in Griechenland gibt! Das neu-griechische Drama muss endlich beendet werden!
So wünschen wir Dir persönlich ein sukzessives erfolgreiches Erstarken Deiner Gesundheit und dem griechischen Volk, all den sympathischen Menschen die wir kennen, und jenen, die wir nicht kennen können, ein Wiederauferstehen der Selbstbestimmung, der wirtschaftlichen Prosperität und einer sicheren Zukunft!
Herzliche Grüße
Alexis S und Sandra