Titel eines Interviews mit Professor Alain Griffel (Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich), am 24. August 2011 im elektronischen Tagesanzeiger aufgefunden.
Das hatten wir doch schon mal in der Geschichte, oder gar mehrmals? Jedenfalls erstmals, als unsere neue Bundesverfassung 1848 vom Volk in Kraft gesetzt wurde, da reklamierten die vorletzten Generationen, der teilweise ebenso lächerlichen, wie durch ihre militärische und wirtschaftliche Macht gefährlichen Gralshüter der Raubritterprivilegien aus dem Mittelalter; eine Volksherrschaft - wie unmoralisch und daher gefährlich - mitten im christlichen- kaiserlich-königlichen Machtklumpen Europa, das könne nicht toleriert werden - Zwei Divisionen französischer Soldaten marschierten jedenfalls an der Westgrenze des Landes auf, konnten dann aber von Herrn Ochsenbein durch kluge Vorhaltungen und Verhandlungen nach Hause geschickt werden.
Heute werden wir mit unserer Volksherrschaft, mit der direkten Demokratie kaum mehr von aussen bedroht, da warten keine Divisionen mehr, keine Kavallerie auf den Einsatzbefehl. Die Gefahr der Zersetzung der Rechte des Souveräns kommt von innen.
«Die totale Herrschaft des Volkes darf es nicht geben», diese zynische Provokation hat aber schon fast die Kraft einer Drohung von zwei bewaffneten Divisionen.
Was wäre denn dann die von den Auftraggebern des Interviews gewünschte Alternative?
Die Alternativen sind sowohl in der Vergangenheit, wie in der laufenden Geschichte präsent und können aufgezählt werden. Besonders vorbildfähige Muster sind u.a.:
- der „Gottesstaat“ – totale Herrschaft der Ayatollahs mit Geheimdiensten, Schläger- und Foltertrupps, Religionspolizei, Sittenwächtern usw.
- totale Herrschaft eines „geliebten Führers“
- Mubaraks, Assads, Ghadafhis & Co.
- totale Herrschaft des Politbüros oder der (kommunistischen etc. ) Partei
- totale Herrschaft von aus 2 Reichen Vielversprechern gewählten Präsidenten, die auf der anderen Erdhälfte bei nicht wehrfähigen Insulanern Atombomben zünden lassen können usw.
Die Beispiele liessen sich vermehren.
Der Professor erklärt, warum wir Einbürgerungen vornehmen müssen, auch wenn wir eigentlich gar nicht wollten.
Dazu ist zunächst einmal zu sagen, dass Einbürgerungen in unserem Land der direkten Demokratie, wo der Bürger für die Gesellschaft und die Nation selber eine hohe Verantwortung mit trägt und sich deshalb auch über die Entscheidungsfragen kundig machen muss, in keiner Weise mit Einbürgerungen in Länder wie Frankreich, Italien oder eben noch weiter weg zu vergleichen sind. Rechte und Pflichten eines Schweizer Bürgers haben eine viel Folge- und Wirksamkeits- intensivere, dynamische Grundlage.
Andererseits könnten gerade undifferenziert zugelassen Masseneinbürgerungen zum gewünschten Strategietrend führen; Zersetzung der direkten Demokratie und Unabhängigkeit mittels Bonus-Stimmen für die erleichterte Einbürgerung; Einige mögliche Konsequenzen sind da bereits vordergründig sichtbar; Einschränkung der verfassungsmässigen Rechte der direkten Demokratie durch z.B. ein Verfassungsgericht oder Beitritt zur EU usw.
Der Professor warnt weiter vor der Gefahr der Willkür (z.B. Verbrecher, die nach der Verbüssung der Strafe nicht eingebürgert werden).
Man muss sich das einmal vorstellen, wenn bei uns, nach fremden Vorbildern (wie oben schon genannt) das Volk immer weniger zu sagen hätte; die Kulmination dieses kontinuierlichen Abwürgens der Demokratie – wäre das dann wohl das gewünschte und garantierte Gegenteil der Willkür?
Das gesamte Interview weckt einmal mehr den Verdacht, dass hier Söldner auf höchster akademischer Ebene beauftragt werden, den Würgegriff an der Demokratie, den Rückschritt unserer einmaligen Errungenschaften als Moral und Recht zugleich zu verkaufen und damit glaubwürdig und eines Tages „mehrheitsfähig“ zu machen.
Die möglichen Auftraggeber hinter den Medien und den Chefideologen, die wohl auch jeweils frisch gewählte Bundesrätinnen in einem Hinterzimmer des Bundeshauses einbeten, investieren taktisch geschickt: im Interview mit dem Professor wird auch gleich noch das SVP-Permabashing auf universitärer Eliteebene gepflegt. Damit es auch die Gebildeteren begreifen können.
Die dabei fehlende Berücksichtigung der noch unabhängig denkenden Bürger, denen es eigentlich egal ist, wer sich kommunikativ und handelnd für den Fortbestand unserer direkt demokratischen und unabhängigen Nation einsetzt, könnte sich im Falle des SVP-Bashing als Bumerang erweisen.
Am Schlusse des Interviews wird der Professor gefragt: „stösst hier die Demokratie an ihre Grenzen?“
Die Antwort von Professor Alain Griffel:
„Die Botschaft der SVP lautet: das Volk darf alles. Doch das ist eine äusserst trügerische Botschaft, denn wir leben nicht nur in einer Demokratie, sondern auch in einem Rechtsstaat, der einen gesetzlichen Rahmen vorgibt und Grundrechte garantiert, die eine Demokratie überhaupt ermöglichen. Die totale Herrschaft des Volkes kann und darf es nicht geben. Stellen Sie sich vor, man würde über die Wiedereinführung der Todesstrafe oder das Verbot der Homosexualität abstimmen dürfen.“ (Tagesanzeiger.ch/Newsnet).
Erstens bestimmt auch die SVP nicht, was das Volk alles darf! Verfassung und Gesetze müssen nach wie vor vom Volk gewünscht, akzeptiert und allenfalls genehmigt werden!
Zweitens entsteht unser Rechtsstaat aus der Demokratie und wird nicht in den Elfenbeintürmen der wo auch immer ausgesuchten Sachverständigen geboren!
Der Professor provoziert einmal mehr, wie vorgängig schon andere seiner Zunft mit dem ebenso zynischen wie gefährlichen Ausspielen des Rechtsstaates gegen die Demokratie und umgekehrt.
Für die Elitesöldner der Machtgier definiert sich wohl der Rechtsstaat aus der vermeintlichen Notwendigkeit, jede mögliche Aktivität, ja selbst Gedanken und Moral – und vor allem Machtstrukturen per Verfassung und Gesetz zu definieren.
Rechtsgelehrte haben immer Recht!
Ein extremes Beispiel in dieser Richtung;
„Rechtsgelehrte“ im Gottesstaat können eine Fatwa aussprechen, ein „Todesurteil“ bzw eine Aufforderung an alle und jeden, beispielsweise einen kritischen Schriftsteller zu ermorden.
Recht ist, was die Machthaber sagen und bestimmen.
Wenn die Macht in Händen der Demokratie, also der Volksherrschaft liegen, definiert sich der Rechtsstaat aus dem Willen des Volkes für verhältnismässig, für recht, und nicht nur Recht (Zwang) und insbesondere entwickelt aus unserer aufgeklärten Zivilisation, die einen weiteren Begriff in den Rechtsstaat bringt:
Gerechtigkeit!
Todesstrafe ist übrigens ein absurder Begriff der immer noch von den Rechtsstaaten ohne oder nur mit rudimentärer demokratischer Kontrolle ausgeübt wird.
Todesstrafe kann es nicht geben. Damit löscht man ein Leben aus. Menschen, die von anderen Menschen, wenn auch im „rechtsstaatlichen Sinne“, also gesetzeskonform umgebracht werden, werden ermordet!
Auch eine aufgeklärte Gesellschaft, wie die Schweizerische verträgt die Toleranz an Minderheiten, die anderen, radikalerer Ansichten sind. Bis vor wenigen Jahrzehnten zeichnete sich unsere Gesellschaft aus durch gegenseitige Achtung, Respekt, Solidaritätsbereitschaft und Gewaltlosigkeit. Konflikte wurden bei uns, und müssen wieder vermehrt durch Gesprächskultur, Denken, Toleranz und eben die Werte unserer Zivilisation gelöst werden.
Der letzte Abschnitt des Interviews mit Herrn Prof Griffel muss daher als moralische Attacke tief unter der Gürtellinie der schweizerischen Sozialpsyche empfunden werden.
Ein akademisch konstruiertes Misstrauen, oder eher eine Verfallserscheinung des vernünftigen Denkens? Symptome einer akademischen Inzucht? Die sich bis in die höchsten Gerichte verbreitet? (ich erinnere in diesem Zusammenhang an das groteske Urteil des BG gegen einen Lastwagenchauffeur, dem ein unter Drogeneinfluss stehender Mensch in das stehende Fahrzeug gelaufen und sich dabei den Kopf angeschlagen hat)
Das wachsende Misstrauen des Volkes gegen die vielen Söldner von zentralistischer und restriktiver Machtgier ist je länger je mehr erfahrungsbegründet!
Wenn das Volk die ganze Macht und Aufsicht besitzt, so kann man das vielleicht total nennen, es bedeutet aber für uns die Verhinderung der Evolution zur totalitären Macht, zu totalitären Systemen.
Schauen wir in die laufende Geschichte:
in den Volksaufständen gegen die brutalen Diktaturen sind es nicht die Rechtsgelehrten, die Ayatollahs und wie sie alle heissen, die Machtbeteiligten, sondern Anwälte, die mit dem Volk auf die Strasse gehen, sich voranstellen und in der Lage sind, in einem äusserst schwierigen Selbstfindungsprozess Verfassung und Gesetze zu entwerfen, die vom Volk erstmals eventuell als recht, richtig und gerecht empfunden werden können.
Diese Völker bekommen nun eine Chance.
Wenn sie als funktionierendes System da ist, die Demokratie, muss sie täglich gepflegt und verteidigt werden!
Sonst geht sie verloren!
Alexander Steinacher, Thalwil 1. September 2011