Unter Samstagsgespräch mit dem Völkerrechtler und Professor Daniel Thürer erfolgt wieder einmal ein nur ungenügend getarnter Angriff auf die direkte Demokratie (der Schweiz natürlich, wo sonst?).
Der Titel auf Seite 14 des Tages-Anzeigers vom Samstag, 20. November 2010 lautet: «Direkte Demokratie darf nicht ins Chaos führen»

Da wird also davor „gewarnt“, die direkte Demokratie könnte ins Chaos führen. Das ist eigentlich schon ziemlich entlarvend, denn was folgt als qualifiziertes Gegenmittel um das Chaos zu verhindern? Die Überwachung bzw. partielle Verhinderung und danach als Fernziel (des Wächterrats und seiner Hintermänner) die Abschaffung der direkten Demokratie?!
Der Untertitel ...“Thürer sagt, welche Folgen ein Ja zur Ausschaffungsinitiative hätte...“ offenbart eine reine Einschüchterungspropaganda im aktuellen praktischen Fall einer Volksinitiative! Das heisst unserem Grundrecht, unserer Verfassung. Da wird dann sofort das Völkerrecht bemüht, wie wenn wir kein Volk wären. Wir sind das Volk, nicht die möchte gern Oligarchen.

Angriffe auf die Rechte des Volkes und damit die Demokratie hat es schon immer gegeben. Erfolgten diese zu Zeiten des Raubrittertums noch offen und mit brachialer Gewalt, versucht man das unberechenbare Volks(-selbst-)Bewusstsein heute durch die intellektuelle Hintertüre aus dem Untergrund auszuhöhlen.
Dazu engagiert man Professoren, von denen ja einige glauben, immer alles besser zu wissen, als es das gemeine Volk eben könne. Vor allem wenn es ums eigene Volkswohl gehe. Die aufgezählten Leistungen des Professors scheinen dann jede Provokation intellektuell legitimieren zu müssen, so beispielsweise die Aussage; „Die Ausschaffungsinitiative verstösst massiv gegen das Völkerrecht, in erster Linie gegen das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU.“ So, so, das Personenfreizügigkeitsabkommen, das dem Volk mit Schwindel und falschen Versprechungen abgerungen wurde, - ein Völkerrecht!? Ein Auslands-Vertrag den man uns nachträglich trotz seiner erwiesenen Nachteile und Mängel nun noch als Völkerrecht aufschwatzen will sollte sofort gekündigt werden! Nicht nur Professoren wissen eigentlich, dass normalerweise erschwindelte Verträge ungültig sind. Optional auch ein Schweizer Selbstverständnis!

Die grösste Angst vor Volksentscheiden scheint ausgerechnet in den Gremien zu stecken, die sich beauftragen haben lassen, diese Volksentscheide umzusetzen. Die Classe Politique glaubt sich der Medien bedienen zu müssen, um mittels subtiler Einschüchterungstaktik das Recht des Volkes auf seinen eigenen Willen und dessen Vollzug existenziell in Frage zu stellen.
Diese Taktik könnte aber nur die Wut des Volkes vergrössern, das sich mit zunehmenden Vertrauensbrüchen und Identifikationsverweigerungen der von ihm gewählten Vertreter konfrontiert sieht. Es ist offensichtlich, dass sich Angehörige des Bundesrates, die gegen den sich abzeichnenden Volkswillen mit einer Auftragsideologie (sind Gewalttäter, Gesetzesbrecher usw. eine besonders schützenswerte Volksgemeinschaft oder Rasse?) öffentlich argumentieren müssen sich in ihrer politischen Haut nicht mehr allzu wohl fühlen...

Die Schlüsselprovokationen im fraglichen Interview lauten:

„Wenn wir vom Rechtsstaat oder von der Regierung reden, denken wir immer in Kategorien des Nationalstaats. Neu müsste man auch mit Internationalen Begriffen argumentieren (!!!) Es braucht einen Mentalitätswandel....“
(Noch gilt unsere Bundesverfassung!)
Und weiter in der Provokation der direkten Demokratie: „Wenn etwas zu entgleisen droht, muss man intervenieren – zum Beispiel jetzt, vor der Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative“
Da stellt sich unmittelbar die Frage; wer ist „man“?
Und was soll entgleisen, wenn das Volk wie in diesem Falle wünschen sollte, dass von Gerichten verurteilte Gesetzesbrecher in ihre Heimat zurück müssen?

Weiter: „ja, auch die direkte Demokratie braucht Schranken. Sie darf nicht ins Chaos führen....“

Da stellt sich wieder die Frage, wer qualifiziert was als Chaos?

Sicher; für Oligarchien, Diktaturen (Gottesstaaten) usw. sind wir das (unregierbare, ungläubige, nicht beherrschbare) Chaos.

Man denkt an die Institutionen beispielsweise des Wächterrats. Aus der Geschichte wissen wir, wer alles sich schon vor der direkten Demokratie gefürchtet hat. Und auch heute gibt es diese Regierungen und „Völkerrechtsstaaten“ die sich vordergründig nicht einmal besonders fürchten müssen, weil sie über die notwendigen Gewalten verfügen. Wir können darauf verzichten, hier aktuelle in den Medien ständig präsente Vor- und Nach-Bilder aufzuzählen.

Wer die Demokratie (nicht gemeint sind die Wahlfarcendiktaturen vielfältigster Couleur) verteidigt, sieht sich immer in Minderheiten.
Demokratie basiert auf der Eigenverantwortung des Individuums, auf der Vernunft, auf dem Verantwortungsbewusstsein in überschaubarer Solidarität zu seinen Nächsten, auf dem Willen zur Unabhängigkeit und Gerechtigkeit: Das braucht immer neue Anstrengungen. Der Mensch als problemlos lenkbare Manipuliermasse kann nicht im Sinne des Erfinders sein!

Alexander Steinacher, November 2010