Das ist die Titelaussage des österreichischen Schriftstellers Robert Menasse zu einem Interview, mit unter anderem zentralen Bedenken, bzw. Beschuldigungen an die direkte Demokratie. Der Mann predigt seine rückständigen Ideologien nicht zum ersten Mal in Schweizer Medien. Er scheint einen anti-direkt-demokratischen Lästerauftrag erhalten zu haben.
Fokussieren wir einmal die offensichtlichsten Irrtümer:

Die Überschrift hat's schon wie mit der Wirkungsweise eines Bumerangs in sich: Ängste machen dumm! - Wissen das auch die österreichischen Politiker? Ich kann mich an eine Gesprächsrunde im österreichischen Fernsehen erinnern, wo ein Parlamentarier für das österreichische Volk mehr Mitbestimmung, nämlich eben in direkte Demokratie verlangte. Das demonstrativ säuerlich verzogene Gesicht der damaligen österreichischen Parlamentspräsidentin in der Diskussionsrunde während dem kurzen Plädoyer für mehr Volksrechte sprach Bände. Ein ebenfalls eingeladener Schweizer Politiker (Ch.Blocher) fragte danach direkt in die Runde: Warum haben Sie Angst vor dem Volk und seinem Anspruch nach mehr direkt-demokratischer Mitbestimmung? Es gab keine Antwort!

Die nächste Äusserung im Interview verdeutlicht noch einmal den präzisen Treffer des Bumerangs:
Menasse sagt: „Ich halte die repräsentative Demokratie (wo ein oder eine gewählte, wie auszählungssicher wissen wir nie... Machtperson die ganze Entscheidungsgewalt ausübt) für einen zivilisatorischen Fortschritt und die direkte Demokratie, umgelegt auf Europa, für gefährlich!
Gefährlich – ja, da muss man ja doch Angst bekommen oder?

Jeder weiss; eine einzelne Person am Steuer kann mal ausflippen, durchdrehen, bewusstlos werden, in welcher Art auch immer, dann kann das ganze Gefüge, das einem Volk Sicherheit und Schutz geben sollte ins Angst machende Trudeln geraten!

Wo von unten her hauptarterielle, wie kapillare Kontrollen vorhanden sind, und die Entscheidungsgewalten föderalistisch strukturiert sind, schwindet die Gefahr von Entscheidungskatastrophen in den unbedeutenden Zufallsbereich. Der Souverän, das Volk kann Korrekturen fordern!

Menasse aber, traut seinem eigenen Volk, seinen eigenen Mitmenschen aus seiner Kultur- und Bildungsebene keine moderne ethische Menschlichkeit zu, er schreibt „stellen sie sich die direkte Demokratie in Österreich vor oder in Ungarn. Da hätten wir nicht nur Minarettverbot, sondern gleich auch die Todesstrafe!“

Zur Erinnerung: Da wo die Minarette dominieren, und Demokratie eine dem Satan zugehörige Qualifikation bedeutet, gibt’s die „Todesstrafe“! Todesstrafe ist Mord an Menschen aus demokratiefremden Machtmonopolen heraus. Darüber, und überhaupt über den Begriff Strafe können wir bei uns – auch in Österreich diskutieren, unsere Gesellschaft zu einer aufgeklärten Meinungsdominanz emanzipieren. In jeder Gesellschaft gibt es „schwarze Schafe“. Die direkte Demokratie verhindert deren Zuwachs an Bedeutung und Macht! „Todesstrafe gibt es in China, Iran, Saudi-Arabien, usw. ja selbst in der zivilisatorisch hochgelobten USA. Und da, wo es „Todesstrafe“ und andere mit einem aufgeklärten, evolutionär-humanitären Geist nicht zu vereinbarenden Ungerechtigkeiten auf einer grossen Skala gibt, dürfen die Menschen meist nicht einmal diskutieren, mindestens nicht öffentlich!

Am unteren Ende der Skala der Menschenrechte regiert antipodisch zur direkten Demokratie das System „Hirte, Herde“. Der Hirte entscheidet, wer wo hingetrieben wird, was als Nahrung und Lebensumstände zur Verfügung steht, und wer oder was geschlachtet wird!

Noch einmal zum fundamentalen Denkfehler: Ängste!
Angst kann bei allen Säugetieren, inklusive der evolutionären Spitze Homo sapiens sapiens als eine Art Schutz-Software verstanden werden. Angst vor Unbekanntem, oder schwer Abschätzbarem alarmiert sowohl das Individuum, wie auch die Gesellschaft. Resultat: Schutzmassnahmen, Vorsicht, Wachsamkeit und im akuten Fall verleiht ein Adrenalinstoss dem Körper maximale Kräfte, die er benötigt, um entweder zu flüchten, oder sich erfolgreich zu verteidigen!

Diese „Sicherheitssoftware“ Angst, die also jedem Individuum zur Verfügung steht, kann man ausschalten; Vernunft, Verstand und entsprechende Massnahmen erlauben es, Ängste zu überwinden. Zum Beispiel, indem ich mich beim Erklimmen eines steilen Berges mit Seilen, Haken und eventuell Teamwork sichere! Der Blick in die Tiefe bleibt gleich, aber die Software Angst hat ihre Funktion erfüllt! Es ist kaum vorstellbar, wie die Evolution ohne diese psychosomatische Warn- und Alarm- Vorrichtung abgelaufen wäre!

Viele weitere Aussagen des Österreichischen Demokratie-Skeptikers sind so hilflose Kleinprovokationen, dass wir darauf nicht eingehen müssen; „Wahlkampf in der Schweiz – antieuropäisch (dort gibt’s auch, mindestens für uns, nichts zu wählen..) Schutzzaun gegen die Welt da draussen, Stunde der Nationalisten, kein Sonderfall, weil sich die Nationalisten auf eine Tradition berufen, die es in der Schweiz so nie gab....Heute hüllen sich Menschen in Schweizer Fahnen wie in Alpen-Burkas und nationale Hassprediger schüren Aggressionen.... Zum Schluss kommt noch die leichtsinnige Behauptung, „es gibt keinen Nationalismus, der nicht aggressiv ist“.

Wenn der österreichische Schriftsteller schon im Tages-Anzeiger seine offenbar von nur wenig analytischer Geschichtskenntnis und völkerrechtlichem Denken „getrübten“ Ideologien ausbreiten darf, fragen wir uns, ob er auch die Chance hatte, das unlängst in der gleichen Zeitung erschienene (11.09.2015) Interview mit der deutschen Linken-Chefin Sarah Wagenknecht (Die Eurozone ist das Ende der Demokratie) zu lesen! Aber lesen ist das eine, darüber nachdenken und dabei seine Ideologien für einmal in den Hintergrund stellen, ist das andere, das Schwierige!

Er weidet sich in seinen Denkfehlern: „Ängste sind ein Merkmal von Krisenzeiten (warum denn?) ... Anstatt die Widersprüche des Nationalismus aufzuzeigen, schreien Bürgerliche und Sozialdemokraten mit den Nationalisten um die Wette, weil sie glauben, ihre Wähler wollen das. So werden sie, in Konkurrenz zu den Idioten, deren Lautsprecher.
Nationalstaaten geben erst knapp vor dem Untergang nach. Erst wenn die Krise so gross ist, dass die Nationalstaaten nicht weiterwissen, geben sie Souveränitätsrechte auf und raufen sich zu einer europäischen Lösung zusammen.

... und da kommen dann die grossen historischen Retter, egal ob sie einfach Kaiser heissen, oder Führer, Napoleon, Hitler, usw. Hauptsache, Europa ist „vereint“ ohne selbständige Nationen. Was für eine triste Vision: keine Italiener mehr, keine Franzosen, keine Österreicher, keine Tschechen, keine Deutschen, usw. nur noch eine riesige Herde namens Europäer! (Gleichstrom-Idioten!)

Schlusszitat: „Aber 1914 wollte auch niemand (?) die Katastrophe. Doch der Nationalismus siegte, (hatte irgend ein Volk damals etwas dazu zu sagen – demokratisch?) und Europa lag danach in Trümmern. Daraus hat man nach dem 2. Weltkrieg die Lehren gezogen und versucht, ein postnationales Europa aufzubauen....“

Wieder einer der zentralistischen Ideologen, der die Katastrophen zweier Weltkriege den Völkern, den Menschen in die Schuhe schieben will. Die zentralistische Herden-Ideologie macht blind gegenüber der Tatsache, dass Völker – Menschen aufeinander gehetzt wurden, als letztes Aufbäumen der alten Feudalherrschaften, der Emporkömmlinge aus den mittelalterlichen Mafiastrukturen. Was blieb denn diesen letzten Sklaven der grossen Europäischen Mächte übrig?
Wer der obrigkeitlichen Propaganda nicht glaubte, nicht schrie und mitmachte, wurde niedergemacht. Die verheerende, blutige Geschichte des letzten Jahrhunderts führte immerhin zu den bekannten republikanischen Rumpfdemokratien, ein Anfang der Menschenrechte!

Alle Strukturen, physikalische oder gesellschaftliche haben Wachstumsgrenzen. Sie haben definierbare Grössen von Stabilität und Sicherheit. Werden diese Grenzen überschritten, zerfallen oder explodieren die Strukturen. Nationen sind die Strukturen, die am ehesten Chancen bieten für Gesellschaften mit ausgeglichenen, daher konfliktarmen und friedfertigen Grundlagen.
Sie bilden sich aus den kleinsten Zellen, - den Familien (auch da gibt es Konflikte, aber eben auch Ordnungen und Grundlagen des Zusammenlebens auf der Basis des gegenseitigen Verständnisses, der Toleranz und Hilfsbereitschaft) Die nächste stammesgeschichtliche Struktur ist das Dorf! Die Chancen für das Zusammenleben und Funktionieren sind erfahrungsgemäss gut. Ökonomische und physische Sicherheit stehen aber noch auf schwachen Füssen. Danach kommen die Länder, die Nationalstaaten, die selbst als mehrsprachige Kleinstaaten wie die Schweiz ausgezeichnete Chancen für eine lange, gesicherte Existenz und Entwicklung haben.
Je kleiner diese Nationalstaaten sind, desto geringer ist die Gefahr von gewalttätigen Konflikten, allerdings unter der Voraussetzung minimaler demokratischer Führungen. Machtverklumpungen, nicht mehr überschaubarer Mega-Staaten neigen zu unkontrollierbaren Machterweiterungsstrategien. Die Versklavung der „Herden“ führt zu verantwortungsloser Machtfülle mit fast zwanghafter Entwicklung von zerstörerischem (im Gegensatz zu selbstverteidigendem) Militärpotenzial!

Man studiere ein bisschen die erfolgreiche, wie aber immer auch tragische Geschichte der Entwicklung der Menschheit!

Auf dem Titelblatt des Tagesanzeigers vom 8. Oktober 2015 wird Herr Menasse mit Farbfoto und Titel drüber angekündigt: Klare Ansage!

Wir (ich bin mit den oben dargelegten Ansichten durchaus nicht allein) empfehlen Herrn Menasse die Lektüre eines genialen österreichischen Erforschers des menschlichen Verhaltens, Professor Irenäus Eibl-Eibesfeldt, zB. in dessen Schrift „In der Falle des Kurzzeitdenkens“ und erteilen ihm und seinen rückwärts-verklebten Ideologien eine Klare Absage!

Alexander Steinacher, Thalwil, 10. Oktober 2015