Grüne sollen sich von Grünliberalen abgrenzen

Vertreter des linken Flügels fordern eine akzentuierte linke Politik der Partei.

Stefan Häne

Gestern Morgen in einem Genfer Café. Der grüne Nationalrat Ueli Leuenberger wird von einem Bekannten gefragt, wann die Grünen mit den Grünliberalen fusionieren werden; die Parteien, so befand der Bekannte, seien sich mittlerweile allzu ähnlich. Für Leuenberger kam diese Frage nicht überraschend: «Es gibt Wähler, die den Unterschied tatsächlich nicht mehr kennen.»

Daran sind die Grünen nicht unschuldig. Im letzten Herbst hatte ihr Nationalrat Balthasar Glättli zusammen mit dem GLP-Präsidenten Martin Bäumle eine ­engere Zusammenarbeit der beiden Parteien angeregt. Kritiker warnten davor, die Grünen würden so ihr Profil aufweichen. Die Parteileitung versicherte zwar umgehend, die Grünen würden weiter für klassisch linke Anliegen wie soziale Gerechtigkeit kämpfen, die Zusammenarbeit mit der GLP beschränke sich auf ökologische Themen. Doch weil die Grünen als einzige Partei für die (an der Urne chancenlose) Energiesteuerinitiative der GLP weibelten, verstärkte sich in der Bevölkerung der Eindruck einer strategischen Annäherung; dieses Fazit zieht zumindest Vizepräsident Jo Lang. Wie Leuenberger fordert er eine klare Abgrenzung von der GLP, die in der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik bürgerlich politisiere. Jo Lang sieht das Profil seiner Partei «verwässert». Dies habe zur Abwanderung linker Wähler geführt.

Lang macht dafür mehrere Indizien aus: Bei den Berner Grossratswahlen etwa habe die gemässigte Grüne Freie Liste verloren, wohingegen die Grün-Alternativen reüssiert hätten. In Nidwalden und Zug politisierten die Grünen links der SP und hätten bei den letzten Wahlen prompt zugelegt. In der Stadt Zürich schliesslich sei die prononciert links auftretende Alternative Liste (AL) am Sonntag auf Kosten der Grünen ­gewachsen. Luca Maggi, wie Lang Vizepräsident der Grünen, hat während seines Wahlkampfs in den Stadtzürcher Kreisen 4+5 erfahren, weshalb: Viele Wähler hätten erklärt, die Annäherung der Grünen an die GLP habe Verunsicherung über die soziale Grundausrichtung der Partei ausgelöst. Als Folge davon hätten sie der AL den Vorzug gegeben. «Wir müssen die linken Stimmen, die wir verloren haben, wieder zurückholen», sagt Lang. Das gelinge aber nur mit einer profiliert linken Politik. Dieser Ansicht ist auch Leuenberger.

Rytz will von Streit nichts wissen

Co-Präsidentin Regula Rytz hat am Sonntag eine Reaktion auf die Wahlniederlagen angekündigt: Die Partei werde künftig die ökonomischen Chancen ökologischer Reformen wie der Energiewende hervorstreichen, sagte sie. Den Vertretern des linken Parteiflügels ­genügt dieser neue Akzent indes nicht. Die Partei, fordert Leuenberger, müsse den Mut aufbringen, die grossen Zusammenhänge, etwa in der Klimapolitik, schonungslos aufzuzeigen, auch wenn dies nicht dem Zeitgeist entspreche. «Die Menschen ändern ihr Verhalten nicht, wenn sie nicht davon überzeugt sind, dass wir einer ökologischen Katastrophe entgegengehen.» Jo Lang will soziale Fragen «wieder stärker gewichten». In der Wohnpolitik etwa könne die Partei dank einer neuen Volksinitiative der Jungen Grünen aufzeigen, wie sich Soziales und Ökologisches verbinden lasse.

Co-Präsidentin Rytz will von einem Richtungsstreit in der Partei nichts wissen. Sie spricht von einem Wahrnehmungsproblem: «Wir waren, sind und bleiben eine grün-soziale Partei.» Hauptpartner seien die SP und Bewegungen, die sich für Grund- und Menschenrechte einsetzten. Mit der GLP arbeite die Partei punktuell zusammen in Umweltfragen.

 

Das scheint so die Quintessenz der Erkenntnisse nach den neusten Wahlniederlagen (Grün-Regierungsrat abgewählt, ersetzt durch eine rote EU-Turbine) usw.

Da heisst es im Artikel vom 14.04.2015 im Tagesanzeiger Zürich Seite 3; Ueli Leuenberger (ex-NR) „Es gibt Wähler, die den Unterschied tatsächlich nicht mehr kennen“ - und Jo Lang sieht das Profil seiner Partei „verwässert“ warum?

„Daran seien die Grünen nicht unschuldig. Im letzten Herbst hatte ihr Nationalrat Balthasar Glättli (Abstimmungsmantra: „Die Bevölkerungsexplosion ist abgesagt“) zusammen mit dem GLP-Präsidenten Martin Bäumle eine engere Zusammenarbeit der beiden Parteien angeregt. Co-Präsidentin Regula Rytz, grüne Front-Kampftante will von einem Richtungsstreit in der Partei nichts wissen. Sie spricht von einem Wahrnehmungsproblem…“

Meine Wahrnehmung, die ich von diesen Politsekten bisher erhalten habe lautet:

Die Grünen sind nur eine Nischen-Profit-Gesellschaft, die von der oberflächlichen Wahrnehmung und Denkweise vieler Menschen leben, die mit der Gefolgschaft hinter den Symptombekämpfungsschwätzern ihr gestörtes ökologisches Gewissen zu beruhigen versuchen. Die Parteibonzinnen und – Bonzen mussten deshalb mit aggressiven Bezichtigungen und Beschimpfungen im Kampf gegen die Ecopop-Initiative, die ein moderates Treten auf das Bremspedal bei der Einwanderung abzielte, wie „grün-braun, Überbevölkerungs-Hysterie, rassistische Denker, Herrenvolk-Denken usw“. auftreten. Denn, würden sie nämlich zugeben, dass die zu hohen Bevölkerungszahlen weltweit und besonders auch in unserem engen Lebensraum Schweiz der Hauptgrund für so manche Folgeprobleme* sind, müssten sie sich damit als weitgehend unnütz selber entlarven. (*Weltweit Übernutzung der Böden und Gewässer, gigantische Rodungen, Monokulturen, krankheitsanfällige industrielle Massenproduktion, katastrophale Überfischung der Meere usw.)

Wer sich jedenfalls die für jedermann greifbaren Zahlen und statistischen Kurven wie unter „Bevölkerungswachstum auf der Erde“ ansieht, kann schnell erkennen, dass die Hysterie auf der anderen Seite stattfindet. Und wenn Grüne, und sogar Gewerkschaften und andere linksorientierten Gesellschaften nicht merken, dass sie mit der Unterstützung des hier herrschenden Primats der Wachstumsgier nur das im Hintergrund hämisch grinsende Gross-Kapital (die Investoren, und im nächsten Schritt damit die „heiligen“ Arbeitsplatzerschaffer) unterstützen, zeigt das nur die Verhaftung in der Falle des Kurzzeitdenkens und damit aber eine bedenkliche Verantwortungslosigkeit gegenüber den uns nachfolgenden Generationen von Menschen.

Nun stehen nach Kantonsrats- und Regierungsratswahlen schon bald wieder Nationalratswahlen an; gut bezahlte „Pöstli“ für die Marktschreier der verschiedenen Interessen und Sekten. Es geht um Macht, Einfluss und Geld! Das Seilziehen zwischen Grünen und Grünliberalen erinnert mich irgendwie an die blutige Erbfehde zwischen Schiiten und Sunniten. Solange sie sich nur selber paralysieren, könnte uns das als „ferne“ Zuschauer in amüsierter Gleichgültigkeit lassen.

Was als Wahrheit nicht gelten soll, eignet sich immerhin als Neu-Motivation für verunsicherte Wähler; „Die Partei, fordert Leuenberger, müsse den Mut aufbringen, die grossen Zusammenhänge, etwa in der Klimapolitik (= 1 von vielen Symptomen) schonungslos (wer oder was wird jetzt da plötzlich nicht mehr geschont?) aufzuzeigen auch wenn dies nicht dem Zeitgeist entspreche. Die Menschen ändern ihr Verhalten nicht (Sparen beim eier-Sieden und beim Autofahren) wenn sie nicht davon „überzeugt sind, dass wir einer ökologischen Katastrophe entgegengehen.“

Die traurige Fukushima-Euphorie ist abgeflaut, Ernüchterung über das Symptombekämpfungsgeschwätz der Grünen und die fehlende Einsicht in die Zusammenhänge mit der rasant wachsenden Weltbevölkerung, damit auch die zunehmende Wahrnehmung des praktischen Versagens der grünen/grünliberalen Ideologien lassen einen Teil der Gefolgschaft abwandern. Dazuzählen muss man wohl einige, die ob dem einfältigen, wie teilweise auf primitivstem Niveau propagandierenden Ayatollahs, Muftis und Muftinnen aus einem kurzen Traum mit von den harten Tatsachen isolierten Wünschen und Vorstellungen erwacht sind.

Wir wünschen Grünen und Grünliberalen gutes Seilziehen um die letzten verirrten Gläubigen!

Dazu passt – auch heute im Tagesanzeiger auf der Frontseite: Wo einst Zwischenraum war, ist jetzt nur noch Abstand – Benedikt Loderer über das Bauen in der Moderne

Al Steinacher, 15.04.2015 Thalwil