Politblog im Tagesanzeiger vom 14.04.2014, von Rechtsprofessorin Cesla Amarelle (SP-NR)
Kommentar von Alexander Steinacher
Ein paar Aussagen die von der Professorin gemacht werden, können (nichts Neues) als erneuten, subtilen (suggestiven) Angriff auf die direkte Demokratie entlarvt werden. Einige Blog-Teilnehmer merken das nicht, andere hauen voll in die geöffnete Kerbe. Aber die direkte Demokratie wird auch vehement verteidigt.
Daher ein paar Fragwürdigkeiten aus dem Artikel, die den weiteren Versuch von suggestiver Zersetzung des demokratischen Selbstbewusstseins deutlich machen:
Der Titel: „Das Volk steht nicht über der Demokratie“ ist bereits ein richtungsweisendes Absurdum; Ohne Volk gibt es keine Demokratie. Demokratie kann nur vom Volk entwickelt werden. Der daraus möglich resultierende Rechtsstaat auch.
Zitat: «in den letzten paar Jahren hat das Dogma „vox populi, vox die“, das die Macht des Volks zum Glaubensgrundsatz erhebt, an Raum gewonnen.»
Demokratie als Dogma und Glaubensgrundsatz? Demokratie ist ein ständiger Emanzipationsprozess, ein Umsetzen des individuellen und sozialen Gerechtigkeitsgefühls in gesicherte, aber dynamische Strukturen. Gesetze, ja, die Verfassung selbst können angepasst, verbessert, oder eben auch geschwächt werden! Die Demokratie lebt also von der humanistischen Aufklärung und der Förderung des individuellen und intellektuellen Denkens! Nicht ohne Risiken! Davon sind Dogma und Glauben die absoluten Kontraststrategien. Nur tauglich für Diktaturen, Gottesstaaten usw.
Selbstverständlich, das gehört zur verschleierten Glaubwürdigkeit, stimmen die Rumpfaussagen der Professorin zur Demokratie und Gewaltentrennung.
Aber Aussagen wie „Das Volk ist zweifellos eines der wichtigsten Organe des demokratischen Staats“ lassen doch die Spekulation zu, im „Notfall“ ginge es auch ohne das Volk, bzw. wenigstens ohne dessen aktives Mitreden- und wirken. Ein subtiler Zynismus!
Und weiter: „Die Verfassung räumt dem Volk eine wesentliche Mitsprache ein.“ So, so, also das Volk darf ein bisschen mitreden? Die Verfassung im direkt demokratischen Staat beruht auf dem Volk, sie ist das vom Volk angenommene Grundrecht und Grundgesetz! Zuerst war nämlich das Volk, und dann, nach langem, schwierigem Ringen die Verfassung! Und nicht umgekehrt!
Prof Cesla Amarelle meint weiter: „Wenn das Volk systematisch die Rolle des Parlaments übernimmt (wie sollte das möglich sein???) und an dessen Stelle sämtliche Gesetze erlässt (warum? Schläft das Parlament?) oder versucht, in bestimmten Fällen anstelle der Richter über das Recht zu befinden, indem es sich in ein Volksgericht verwandelt, dann bringt es die Gewaltentrennung und damit die Demokratie selbst in Gefahr“.
Man bekommt den Eindruck, die Professorin wisse selber nicht so recht, wie das genau funktioniert. In einer direkten Demokratie, wo alle Organe direkt oder indirekt vom Volk gewählt werden, ist, im Gegensatz zu den meisten, nicht demokratischen Gesellschaften die in Fragestellung, die Diskussion und Kritik, selbst an (manchmal recht skurrilen) Richtersprüchen und an der Arbeit der Parlamente, sowie der verantwortlichen Exekutive möglich und wünschbar! Der Richter urteilt nach dem, was ihm das Volk indirekt an Gesetzen zur Verfügung stellt. Das Rechts- und vor allem Gerechtigkeitsempfinden (des Volks) kann sich jedoch schneller ändern, als die geschriebenen Gesetze. Und so kommt der demokratische Prozess zur Verbesserung und Weiterentwicklung wieder in Gang.
Das bringt die Gewaltentrennung nicht in Gefahr!
Ich sehe eher Gefahren im zynischen gegeneinander Ausspielen der Gewalten, bzw. der Errungenschaften von Demokratie und Rechtsstaat. Damit überfordert man die meisten Menschen und schafft nur Verwirrung und Unsicherheiten!
Das riecht nach Absicht und Strategien! Wessen Strategien?
Alexander Steinacher, Thalwil 14.04.2014