Das Politikmagazin „Panorama“ hat Verbindungen zwischen neonazistischen Kreisen in Deutschland und der dschihadistischen Miliz „Islamischer Staat“ (IS) nachgewiesen. Dies wäre nicht das erste Mal. Auch die Wehrsportgruppe Hoffmann und die NPD unterhielten Kontakte zu islamistischen Gruppen. In der Ukraine sollen faschistische Freiwilligenverbände Schulter an Schulter mit krimtatarischen Einheiten kämpfen, die zuvor für den IS im Einsatz waren.
Wie das Magazin berichtete, wird über den Server des Neonazi-Internetdienstes „0×300“ auch ein E-Mail-Konto der IS-Miliz verwaltet. Eine Propagandaschrift der Dschihadisten gibt eine Seite dieses in der Neonazi-Szene beliebten Services als Kontaktmöglichkeit an. Die Beliebtheit des Dienstes rührt nicht zuletzt daher, dass zumindest deutsche staatliche Stellen offenbar keinen Zugriff darauf haben.
Wie „Panorama“ berichtet, soll der Dortmunder Stadtrat der neonazistischen Partei „Die Rechte“, Dennis Giemsch, hinter „0×300“ stecken. Dieser war kürzlich dadurch aufgefallen, dass er im Stadtrat eine Anfrage stellte, die die Auflistung aller in der Stadt lebenden Juden zum Ziel hatte. Listen dieser Art wurden im Vorfeld der Machtergreifung durch den Hitlerfaschismus angefertigt und dienten später als Anhaltspunkt bei der Deportation jüdischer Mitbürger in die Vernichtungslager und als „Einkaufsliste“ für Nazis, die sich das Vermögen der Betroffenen aneigneten.
Einerseits stellen Islamfeindlichkeit und der Versuch, alle in Deutschland lebenden Muslime gedanklich in die Nähe von Terrormilizen wie dem IS zu rücken, wesentliche Elemente der politischen Agitation rechtsextremer Kräfte in Deutschland dar. Dies zeigt sich nicht zuletzt an Aufmärschen wie zu von Zusammenschlüssen wie „Hooligans gegen Salafisten“ oder „Patriotische Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes“ durchgeführt werden.
Auf der anderen Seite gibt es in Deutschland aber auch eine Tradition der Kooperation neonazistischer Gruppierungen und terroristischer Kräfte aus dem arabischen Raum. Bereits die berüchtigte „Wehrsportgruppe Hoffmann“ soll im palästinensischen Ausbildungslager Bir Hassan bei Beirut ein- und ausgegangen sein – zu dessen Hauptsponsoren Saudi-Arabien gehört haben soll. Gleichzeitig sind Gerüchte über eine Verbindung der Wehrsportgruppe zu westlichen Geheimdiensten und dem Nato-Untergrundnetzwerk „Gladio“ bis heute nicht verstummt.
Im Jahre 2002 kam es zu einer Annäherung zwischen dem damaligen Vorsitzenden der rechtsextremistischen NPD Udo Voigt sowie dem, die Partei im damaligen Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vertretenden, heute wegen Holocaust-Leugnung inhaftierten Ex-Anwalts und Mitbegründer der RAF Horst Mahler mit der pan-islamistischen Gruppe Hizb ut-Tahrir.
Hizb ut-Tahrir übernahm zudem nach der Sezession der Krim von der Ukraine die Aufgabe, die Volksgruppe der Krimtataren gegen die Russische Föderation zu mobilisieren. Kämpfer, darunter auch frühere IS-Kommandanten, sollen Berichten zufolge Teil krimtatarischer Einheiten sein, die im Zusammenwirken mit den Truppen des Regimes in Kiew und mit neonazistisch geprägten „Freiwilligeneinheiten“ gegen die Bevölkerung im Donbass vorgehen.
Die rechtsextreme Partei “Die Rechte” hat ein sehr ambivalentes Verhältnis zum Islam. Einerseits positioniert sich ihr Dortmunder Stadtrat Giemsch klar islamfeindlich und verkündet, dass der “Islamisierung Europas eine klare Absage zu erteilen” ist. Anderseits verkündet er in Internetblogs, dass der Islam “außenpolitisch einen wichtigen Bündnispartner für ein freies Deutschland“ darstellt. In einem weiteren Internet-Eintrag schreibt Giemsch jüngst, er und seine Kameraden hätten „eine Vielzahl von Kontakten zu arabischen Aktivisten geknüpft, mit denen wir in regelmäßigem Kontakt stehen und teils kontroverse Diskussionen über die Zielsetzungen unserer Bewegungen führen“.
Der hohe Grad der Unterwanderung der deutschen Neonazi-Szene mit Geheimdienstspitzeln und das höchst ambivalente Verhältnis des Westens zu dschihadistischen Terrorgruppen, die gerne aufgebaut und instrumentalisiert werden, legen es nahe, auch angesichts der aufgedeckten Verbindungen zwischen deutschen Neonazis und dem IS, diese weiter journalistisch im Blick zu haben.