Weil weder Israel noch die Vereinigten Staaten die Fortführung des iranischen Atomwaffenprogramms mit einem Militärschlag verhindert haben, will Saudi-Arabien nun seine Atomsprengköpfe aus Pakistan abziehen. Die Saudis haben auf dem südlich von Riad gelegenen geheimen unterirdischen Militärgelände von al-Sulaiyil alles für die Überführung ihrer Atomsprengköpfe vorbereiten lassen. Dort gibt es Tunnel für pakistanische Ghauri-II-Raketen, die eine Reichweite von 2.300 Kilometern haben. Saudi-Arabien ist seit vielen Jahren schon militärische Nuklearmacht, hatte die eigenen Waffen aber geschickt in Pakistan gelagert. So konnte man behaupten, nicht zu den Atomwaffenstaaten zu gehören.

Atomrakete

Seit den frühen 1990er-Jahren haben die großen Geheimdienste der Welt den Aufstieg Saudi-Arabiens zur Atommacht beobachtet. Damals entdeckten Spionagesatelliten die ersten Hinweise auf chinesische Militärfachleute, die 500 Kilometer südlich von Riad in der Wüste eine gewaltige unterirdische Raketenstellung errichteten. Bei genauerem Hinschauen war klar, dass dort in al-Sulaiyil die neuen Raketensilos von Anfang an so gebaut wurden, dass zunächst aus chinesischer Produktion stammende konventionelle und später auch Atomraketen in ihnen gelagert werden konnten. Und parallel dazu finanzierten die Saudis mehreren islamischen Staaten ein Atomwaffenprogramm.

Nachdem Israel im Juni 1981 den irakischen Kernreaktor in Osirak zerstört hatte, bot Saudi-Arabien zunächst Bagdad finanzielle Hilfe zum Wiederaufbau des Atomprogramms an. Von 1985 bis zum Einmarsch Saddam Husseins in Kuwait im August 1990 erhielt der Irak rund fünf Milliarden Dollar aus Riad, die einzig einem Ziel dienten: der Entwicklung einer Atombombe. Nur eine Bedingung war an die saudischen Zahlungen geknüpft: Sollte Bagdad der Durchbruch gelingen, dann würde auch Riad einige Nuklearsprengköpfe bekommen. Mehr als 10.000 Dokumente, die diese geheime Kooperation belegten, präsentierte der frühere stellvertretende saudische UN-Missionschef Muhammad Khilewi 1994 in der Öffentlichkeit. Er verließ Saudi-Arabien, um sich der Opposition anzuschließen. Bis heute hat niemand gegen das saudische Atomwaffenprogramm protestiert, obwohl alle Belege dafür vor mehr als anderthalb Jahrzehnten veröffentlicht wurden. Niemand forderte einen Boykott saudischen Öls oder sonstige Sanktionen. Und niemand bestand auf rückhaltlose Inspektionen in jenem Reich, das den Energiehunger des Westens stillt und mit den Öleinnahmen militärische Nuklearprogramme islamischer Staaten fördert. Nach dem Bruch mit Saddam Hussein finanzierte das saudische Königshaus dann in den 1990er-Jahren mit Milliarden von Dollars auch das geheime pakistanische Atomwaffenprogramm.


© 2011 Kopp Verlag, Rottenburg Kopp Icon