Rimuss-Kellerei, Hallau

Hallau, das schmucke Dorf im schaffhausischen Klettgau, gilt unter manchen Liebhabern eines guten Tropfens als Geheimtip. Hier steht eine Kellerei, die seit 50 Jahren dank Innovation, hoher Qualität und geschickter Nischenpolitik zu den erfolgreichsten Weinproduzenten unseres Landes zählt. Geradezu nationale Berühmtheit erlangte einer der beiden Besitzer der Rimuss-Kellerei: Emil Rahm, der fleissigste Leserbriefschreiber der Schweiz. Alfred Fetscherin unterhielt sich mit ihm über den Erfolg seiner Produkte und seine politische Leidenschaft.

Wie von Geisterhand gesteuert, fährt ein Palettenfahrzeug an uns vorbei. Ohne menschlichen Steuermann bringt es Palett um Palett zu den grossen Lastwagen, welche die kostbare Fracht in die ganze Schweiz hinaustragen. Wir befinden uns in der Vollguthalle der Rimuss-Kellerei im schaffhausischen Weindorf Hallau. Sie feiert im kommenden Herbst ihr 50-jähriges Bestehen. Doch was hier produziert wird, ist beileibe nicht nur der bekannte Hallauer. Es sind auch Bündner Weine wie Jeninser oder Maienfelder und selbst fremde Provenienzen wie Lambrusco und Frizzante und Südtiroler Blauburgunder. Besonders stolz aber sind die Inhaber, die beiden Brüder Emil und Robert Rahm, auf jene Spezialität, die ihrer Kellerei auch den Namen gegeben hat: Rimuss, der moussierende Traubensaft.

Angefangen hatte das Ganze vor genau 50 Jahren. Vater Jakob Rahm be­schloss gegen Ende des Zweiten Welt­krieges, nicht nur Wein, sondern auch alkoholfreien Traubensaft herzustellen. Bereits nach vier Jahren verkauf­te Vater Rahm 100'000 Liter alko­holfreien Traubensaft. Heute liegt die Produktion bei 2,5 Millionen Litern jährlich.

Emil, der ältere Sohn, verwirklichte vor 40 Jahren, zusammen mit dem Vater und seinem jüngeren Bruder Robert, die Idee, alkoholfreien «Champa­gner» herzustellen. Inzwischen ist Ri­muss längst mehr als nur ein Hit an Kinderparties. Als Folge der immer strengeren Promille-Kontrollen auf der Strasse wurde Rimuss auch unter den Erwachsenen zu einem eigentlichen Renner. Voll im Geschmack, festlich anregend und doch ungefährlich dient er als beliebter Champagner-Er­satz.

Wie seinerzeit mit dem Edeltrauben­saft Rimuss, so versuchen die Gebrü­der Rahm auch heute, stets auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Ganz oben auf der Reformwelle schwimmen die innovativen Hallauer mit ihrem Bio-Ur­press-Traubensaft für besonders Ge­sundheitsbewusste. Ein pasteurisierter Sauser findet sich ebenso im Angebot wie Cinuss, ein Traubensaft mit Artischocken als Aperitiv.

Die Konkurrenz schläft nicht - vor al­lem nicht beim Wein, dem nach wie vor wichtigen Zweig der Rimuss-Kel­lerei. Robert Rahm: «Das Angebot, auch von aus­sereuropäischen Ländern und neuerdings auch aus dem ehemaligen Ostblock, wird immer grösser. Wer heutzutage überleben will, hat nur mit Produkten eine Chance, die allerhöchsten Ansprüchen genügen.» Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Anlagen, vor allem aber auch das Know-how der Mitarbeiter, stets auf dem neusten Stand sein. Dies wiederum bedingt laufende Investitionen, permanente Weiterbildung und viel Innovationskraft. Dass es die Gebrüder Rahm daran nie mangeln liessen, beweist die Tatsache, dass sie mittlerweile über 20 Goldmedaillen für ihre Spitzenprodukte einheimsen konnten und mit den Frizzante-Weinen Cherry- und Pesca-Frizz äusserst erfolgreiche, neue Produkte geschaffen haben. Während Emil Rahm als Geschäfts- und Verkaufsleiter auch die Produkteplanung und die Werbung besorgt, kümmert sich sein jüngerer Bruder Robert als Betriebsleiter um den Weinbau, die Verarbeitung des Traubengutes, die Spedition und um die technische Weiterentwicklung. Als Hobby Nummer 1 bezeichnet Robert die Familie. Daneben treibt er Sport. Viel Zeit widmet er der Internationalen Vereinigung christlicher Geschäftsleute und der sozialen Arbeit.

Ganz ähnlich sein älterer Bruder, nur dass dieser noch eine ganz besondere Freizeitbeschäftigung pflegt: Emil Rahm zählt zu den fleissigsten Leserbriefschreibern der Schweiz. Kaum eine Zeitung, die er nicht regelmässig mit seinen kritischen Kommentaren zur Politik beglückt. Zudem hat er schon vor 28 Jahren die Memo-Press ins Leben gerufen. Auf vier A-4-Seiten kommentiert er das politische Geschehen und weist auf Bücher und Schriften hin, die in anderen Publikationen kaum Erwähnung finden. Seine Memo-Press verschickt Rahm je nach aktuellem Inhalt an 40'000 bis 80'000 Adressen, darunter Politiker sowie Spitzen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Seine politische Leidenschaft hat ihm nicht nur Freunde eingebracht. Bei manchen Redaktionen wandert Post mit dem Absender «Emil Rahm» ungelesen in den Papierkorb. Seine unverblümte Sprache, aber auch seine Warnungen vor der «Massenweisen Verschmelzung der Nationen», wie sie von den Vertretern einer neuen Weltordnung postuliert wird, vor der «Bevormundung durch die UNO» und den «Gefahren des GATT» haben ihn in den Augen seiner Kritiker zu einem Extremisten und Ausländer-Hasser, einem Ewiggestrigen, zu einem Rechtsaussen gestempelt. Auf die Frage, ob ihm solche Bezeichnungen nicht zu schaffen machen, gibt sich Emil Rahm gelassen. Als überzeugter Verfechter der Meinungsäusserungsfreiheit und Toleranz ist er duldsam und beruft sich auf die Bibel. Schon immer hätte leiden müssen, wer sich für das Recht einsetze. Allerdings gebe es Grenzen. Schliesslich habe er eine Familie und ein Geschäft. Kunden seien deswegen auch schon abgesprungen. Das müsse man in Kauf nehmen. Dafür seien andere, die seine Gesinnung schätzen, neu dazu gekommen.

Wer sich die Mühe nimmt, Emil Rahm nicht nur nach seinen knappen Ausführungen in Leserbriefen oder in der Memo-Press zu beurteilen, sondern ein vertieftes Gespräch sucht, stellt bald einmal fest, dass Rahm in Wirklichkeit ein sehr viel differenzierterer Mensch ist, als manche seiner Äusserungen vermuten liessen. Wer etwa weiss, dass Emil Rahm seit Jahrzehnten Hilfsprojekte in Südindien, Mittelamerika, Israel und Afrika unterstützt und mit vielen Ausländern freundschaftliche, zum Teil sogar verwandtschaftliche Beziehungen unterhält, dem geht der Vorwurf der Ausländer-Feindlichkeit kaum mehr so leicht über die Lippen.
Dass Emil Rahm mit seinen provokanten und oft missverständlichen Aussagen zum Buhmann der Medien avancierte, verwundert kaum. Wer sich, wie er, exponiert, muss mit Kritik rechnen. Dass man aber einen Mann mit Hohn und Spott überschüttet, nur weil er oft eine andere als die landläufige Meinung vertritt, stimmt bedenklich. Ganz besonders dann, wenn diese Kritik ausgerechnet von dem geprägt ist, was man Emil Rahm selbst vorwirft: unzulässige Vereinfachung, Intoleranz und Diffamierung.

Ausschnitte aus dem Gespräch mit Emil Rahm

PRO: Sie haben mit Gesinnungsfreunden das Referendum gegen den Anti-Rassismus-Artikel ergriffen. Sind Sie ein Rassist?

Emil Rahm: Bevor wir das Referendum ergriffen haben, versuchten wir in Bern, den Begriff «Diskriminierung», also unterschiedliche Behandlung eines anderen Menschen, durch den Begriff «Herabwürdigung» zu ersetzen. Dann hätte unser Komitee auf ein Referendum verzichtet. Schliesslich hat jeder Mensch seine Würde, und die darf nicht verletzt werden. So wie der Artikel aber jetzt dasteht, macht man sich unter Umständen schon für etwas strafbar, was sonst in der ganzen Welt selbstverständlich ist: dass man nämlich Leute bevorzugt, die aus dem gleichen oder zumindest aus einem ähnlichen Kulturkreis stammen wie dem eigenen.

PRO: Genau solche Aussagen sind es aber, die Sie zu einem Rassisten prägen!

Emil Rahm: Ich bin keineswegs Rassist. Im Gegenteil: Jede Rasse, jede Kultur soll ihr eigenständiges Leben führen. Wenn man aber, wie dies die entsprechende UNO-Konvention will, einfach alle Schranken aufhebt, führt genau dies zum Verlust der Identität von Rassen und Kulturen. Es ist - wie alles im Leben - eine Frage des Masses. Was im Einzelfall durchaus toleriert werden und richtig sein kann, gilt nicht unbedingt für das Ganze. Dass eine Verschmelzung von so unterschiedlichen Kulturen auf die Dauer häufig zu Problemen führt, dafür gibt es ja genügend Beispiele. Apropos Rassist: Immerhin haben 45% aller Schweizerinnen und Schweizer, die zur Urne gingen, gegen den Anti-Rassismus-Artikel gestimmt. Sind das etwa alles Rassisten?

PRO: Wie kommt es denn, dass viele Ihrer Gegner Sie als Rechtsaussen bezeichnen?

Emil Rahm: Ist man heute schon rechtsextrem, wenn man einen gesunden Patriotismus vertritt? Ich verurteile die Verbrechen Hitlers genauso wie diejenigen anderer Gewaltherrscher. Ich verurteile nicht nur den Gulag, sondern genauso Auschwitz und den ganzen Holocaust. Wer das Gegenteil behauptet, hat meine Schriften gar nie richtig gelesen! Gleichermassen unwahr ist auch die Behauptung, ich hätte von einer «jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung» geschrieben. Ich betrachte sowohl das Alte, wie auch das Neue Testament als Gottes Wort und bin mit dem religiösen Judentum sehr verbunden. Schwarze Schafe gibt es in jedem Volk. Bei den Schweizern genauso wie bei den Juden und anderen Völkern. Ich lehne jede Pauschalisierung ab.


© PRO Mai 1995