Sammelklage gegen IT-Riesen

«Werbt keinen einzigen Apple-Mitarbeiter ab»

Apple-Campus: Die Firma soll mit Konkurrenten Nicht-Abwerbe-Abkommen vereinbart haben
Apple-Campus: Die Firma soll mit Konkurrenten Nicht-Abwerbe-Abkommen vereinbart haben (Photo: REUTERS)

Haben IT-Riesen im Silicon Valley ein Geheimabkommen gegen höhere Löhne geschlossen? Mehrere Konzerne sollen vereinbart haben, sich gegenseitig keine Mitarbeiter abzuwerben. Nun wurden E-Mail-Auszüge öffentlich, die Apple und Adobe belasten - und auch Licht auf die Rolle von Steve Jobs werfen.

Aktienoptionen, kostenlose Massagen, Edelköche in der Firmenkantine: Im Silicon Valley überbieten IT-Firmen sich seit Jahren mit immer neuen Vergünstigungen im Wettbewerb um die besten Entwickler. Denkt man. Doch Unterlagen zufolge, die nun im Rahmen einer Sammelklage öffentlich wurden, ist das nicht die ganze Wahrheit.

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Die Personalchefin von Adobe soll zum Beispiel im Jahr 2005 Managern diese Anweisung per E-Mail geschickt haben: "Bitte stellt sicher, dass weltweit alle Mitarbeiter aus der Personalabteilung wissen, dass wir keinen einzigen Apple-Mitarbeiter anwerben." Die neue Vorgabe begründete sie so: Der Adobe-Geschäftsführer und Steve Jobs hätten die "Übereinkunft, dass wir keine Apple-Mitarbeiter anwerben und umgekehrt".

Dieser E-Mail-Auszug findet sich in Gerichtsdokumenten, die der US-Branchendienst "Techcrunch" veröffentlicht hat. Bei dem seit Mai 2011 laufenden Verfahren muss ein kalifornisches Gericht über die von einem Software-Entwickler eingereichte Sammelklage gegen Adobe, Apple, Google, Intel, Intuit, Lucasfilm und Pixar befinden. Die Kläger werfen den Firmen vor, sie hätten ein Kartell gebildet mit dem Ziel, sich gegenseitig keine Mitarbeiter abzuwerben, um die Personalkosten niedrig zu halten.

Viele Passagen bleiben geschwärzt

Die wohl interessantesten Passagen der nun veröffentlichten E-Mails sind geschwärzt. Details zu den Vorwürfen gegen Google und Intel sind beispielsweise in der für die Öffentlichkeit bestimmten Version des Dokuments nicht zu finden. Die E-Mails stammen aus einem Verfahren des US-Justizministeriums, das in derselben Sache von 2009 bis 2011 wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht ermittelte. Das Justizministerium legte das Verfahren bei, im Gegenzug verpflichteten sich die Unternehmen Adobe, Apple, Google, Intel, Intuit und Pixar, untereinander keine Nicht-Abwerbe-Abkommen zu schließen oder weiter zu unterhalten.

Die zivilrechtliche Sammelklage ist unabhängig vom Kartellverfahren. Im für die IT-Riesen schlimmsten Fall könnte das Gericht die Sammelklage zulassen und Personen, die vor 2009 bei den beschuldigten Firmen beschäftigt waren, einen wie auch immer gearteten Schadensersatz für womöglich entgangene Gehaltszuschläge beim Jobwechsel zusprechen.

Steve Jobs schlägt Konkurrenten Stillhaltepakt vor

Ob es so weit kommt, ist derzeit völlig unklar. Die entscheidende Frage ist, ob es in Sachen Personalpolitik tatsächlich ein Kartell der Firmen gab, oder lediglich voneinander unabhängige Absprachen, die immer nur zwei der Unternehmen betrafen. Für solche Absprachen finden sich zahlreiche Belege in den nun veröffentlichten E-Mails:

  • 2005 leitete der damalige Adobe-Geschäftsführer an den damaligen Apple-Chef Steve Jobs die E-Mail seiner Personalchefin weiter, in der die Übereinkunft zwischen beiden Firmen beschrieben wird.
  • 2007 berichtete eine Pixar-Managerin Kollegen über ein Telefonat mit einem Apple-Manager: "Wir haben ab sofort ein Abkommen mit Apple, das unserem Abkommen mit Lucasfilm ähnelt."
  • Im selben Jahr lehnte der damalige Palm-Geschäftsführer Ed Colligan in einer E-Mail an Steve Jobs dessen Angebot ab: "Ihr Vorschlag, dass keine unserer Firmen die Mitarbeiter der anderen einstellt, unabhängig von deren persönlichen Wünschen, ist nicht nur falsch, er ist wahrscheinlich auch illegal."

Die Verteidiger der beklagten Firmen sehen die Sammelklage als gegenstandslos an. Sie argumentierten, es habe kein Kartell gegeben. Die dem US-Justizministerium vorgelegten Dokumente würden lediglich bestätigen, dass "bilaterale Geschäftsabkommen" bestanden, die "zu verschiedenen Zeitpunkten, im individuellen Kontext einzelner Firmen entstanden" seien. So habe es auch das US-Justizministerium gesehen.


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