Michael und die seltsamen Todesfälle

Es entzieht sich zwar meiner Kenntnis, wie es die geneigten Leser während der vergangenen zwei Wochen gehalten haben, aber zumindest in meinem Freundes- und Bekanntenkreis war eines der Hauptgesprächsthemen der Freispruch von Michael Jackson. Erhitzt wurde debattiert, ob der Popstar verurteilt hätte müssen oder ob sein Anwalt möglicherweise die Geschworenenbank nur geschickt manipuliert hat. Mehrere der amerikanischen Trinkgenossen an unserem wöchentlichen Stammtisch äusserten sich erstaunt, dass solch ein Freispruch in den US of A möglich war. Das amüsierte diejenigen unter uns, die bereits länger in Thailand lebten. Wir fanden an dem Urteil nämlich absolut nichts ungewöhnliches. Mehr als einmal durften wir in den vergangenen Jahren bei hochpublizierten, thailändischen Fällen beobachten, welch glimpflichen Ausgang diese doch für die Beschuldigten nahmen. Wir brauchen jene an dieser Stelle nicht noch einmal auseinander pflücken. Doch so mancher Resident erinnert sich sicherlich noch an den Fall von Duangchalerm Yubamrung, der trotz anscheinend stichhaltiger Beweise, er hätte angeblich einen Polizisten in einem Bangkoker Nachtklub kaltblütig erschossen, auf freien Fuss gesetzt wurde. Dann gab es jenen prominenten Frauenarzt, dem vorgeworfen wurde, er hätte angeblich seine Ehefrau ermordet, zerstückelt und ihre Körperteile in die Kanalisation gespült. Auch er wurde frei gelassen, obschon Fleischstücke der Dahingeschiedenen in den septischen Tanks von zwei Etablissements (einem Hotel und einem Studentenwohnheim) gefunden wurden, in denen sich der Beschuldigte im Zeitraum des Mordes nachweislich aufgehalten hatte. Solche Urteile erstaunen uns ungleich mehr als der Freispruch des amerikanischen Popstars, besonders wenn wir in Erwägung ziehen, dass unterprivilegierte Thais bereits für die kleinsten Vergehen, zum Beispiel den Diebstahl von 100 Baht, oft wochenlang hinter Gittern zubringen müssen. Wenn also das amerikanische Gericht Michael Jackson von allen Anschuldingen freispricht, wollen – und müssen – wir das mit einem zwinkernden Auge akzeptieren. Das haben wir ja auch bereits zu O.J. Simpson-Zeiten getan.

Nichtsdestotrotz ergötzten wir uns an der Fülle humorvoller, sakastischer und zynischer Witze und Bemerkungen, die in der Heckwelle des Prozesses folgten. Da sagte zum Beispiel der bekannte amerikanische Entertainer Jay Leno: “Am glücklichsten über das Ende des Prozesses ist die Jackson-Familie. Nun brauchen sie endlich nicht mehr miteinander zu reden.” Leno spielte darauf an, dass die Familienmitglieder angeblich seit vielen Jahren miteinander verkracht sind. Einige weitere Witze machten ebenfalls die Runde. Zum Beispiel: “Was ist der Unterschied zwischen Michael Jackson und einer weissen Plastiktüte?” Antwort: “Das erste ist weiss, aus Plastik und gefährlich für Kinder, die damit spielen. Das letztere ist, worin man seine Einkäufe nach Hause trägt.” Einer unserer Australier erlaubte sich gar die ziemlich rassistische, wenngleich zugegebenermassen nicht gänzlich von der Hand zu weisende Bemerkung: “Vor ein paar Jahren, als der Mann noch schwarz war, wäre er hunderprozentig für schuldig befunden worden. Wie gut, dass er durch seine Hautbleichungsprozeduren dafür gesorgt hat, dass das nicht mehr der Fall war.”

Ich erinnere mich noch lebhaft an das Konzert, das der Popstar zum Höhepunkt seiner Karriere 1996 in Bangkok gab. Ich lebte damals in einem Apartmentblock, der an das Nationalstadium angrenzte. Von dort konnte ich das Konzert von meinem Schlafzimmerfenster aus mit dem Feldstecher gratis mitverfolgen. Damals war Jackson als Präsentator von Pepsi-Cola unter Vertrag genommen und – man glaubt es kaum – zum ersten Mal des angeblichen Kindesmissbrauchs beschuldigt. Das Stadion war von 40'000 Fans belegt und die zweistündige Show war bombastisch. Ein weiteres Konzert war für den nächsten Abend angesetzt. Die Karten waren ausverkauft. Es wurde aber kurzerhand abgesagt. Inoffizielle Quellen munkelten, dass Jackson der Stress wegen der anstehenden Anklage auf die Leber geschlagen wäre. Offiziell liess Pepsi-Cola, die beide Konzerte sponserten, aber verlauten, der Sänger wäre wegen Bangkoks Hitze derart ausgelaugt und dehydriert, dass er sich entschuldigen müsse. Zwei Tage später prangten in allen thailändischen Tageszeitungen ganzseitige Anzeigen der Konkurrenzfirma Coca-Cola. Jene lasen in Englisch: “Dehydriert? Trinkt Coca-Cola!” Ich kugelte mich, denn ich fand das eine urwitzige und intelligente Reaktion der Leute bei Coca-Cola. Marketing!

Da Michael nun die Absolution erteilt worden ist, kann er sich endlich auch wieder wichtigeren Aufgaben zuwenden. Zum Beispiel kann er sich nunmehr nach dem passenden Klebstoff umsehen, der seine Plastiknase für längere Zeit am richtigen Platz befestigt. Allerdings sollte er in Erwägung ziehen, dass Klebstoff potentiell tödlich ist. Das weiss keiner besser als Khomkrit Chujun. Gemäss eines Berichtes in der Bangkok Post beurteilte der 27-jährige sein Dasein als nicht mehr lebenswert und beschloss, dieses zu beenden. Er besorgte sich eine Tube Klebstoff und schmierte sich den Inhalt über Mund und Nase. Derart zugekleistert (man entschuldige bitte meine Wortwahl) konnte der Arme nicht mehr atmen und verstarb in einem Apartment in Soi Suanphlu. Khomkrits jüngerer Bruder, Yossawat (20), gab der Polizei zu Protokoll, er vermute, sein Bruder hätte sich wahrscheinlich selber das Leben genommen, was eine sehr waghalsige Annahme war, wenn Sie mich fragen. Die ältere Schwester hätte öfter Streit mit ihm gehabt, denn sie verweigerte ihm die Rückzahlung einer Summe Geldes, das er ihr geliehen hatte. Unglücklicherweise hatte Khomkrit noch genug Kohle übrig, um sich eine Tube Klebstoff zu besorgen.

Das war allerdings nicht der einzige bemerkenswerte Todesfall der letzten beiden Wochen. Wir wollen einmal davon absehen, dass Ausländer sämtlicher Nationalitäten in Pattaya und Bangkok wie die Lemminge aus ihren Hochhausapartments zu Tode zu stürzen scheinen, was die Polizei in den meisten Fällen als “klare Fälle von Selbstmord” bezeichnet. Nichtsdestotrotz traf das harte Schicksal kürzlich einen wohlverdienten Genossen der praktisch alleinregierenden Partei. Jener hoch ehrenhafte, da verheiratete und mehrere Kinder versogende Herr, machte einen Tiefflug vom Balkon des Condominiums, das er mit seiner langjährigen Mätresse teilte. Angeblich gab es Zoff mit der 25-jährigen “Mia Noi”, einer Studentin, die er bereits seit sechs Jahren unterhielt. Die Dame, die daraufhin einem strengen Verhör auf der Polizeiwache unterzogen wurde, gab angeblich zu Protokoll, ihr “Alleinunterhalter” wäre oft eifersüchtig gewesen und hätte sie an diesem Abend unter Alkoholeinfluss auch geschlagen. Daraufhin hätte er sich vom Balkon gestürzt. Nach der Entlassung aus dem wahrscheinlich äusserst professionellen Verhör entschloss sich auch die Studentin, den Sprung zu begehen. Sie landete an der selben Stelle, an der bereits ihr Herzblatt zerschellte. Die Polizei und der Vater des Parteimitglieds kauften die Geschichte nicht. “Wir müssen die Sache weiter untersuchen,” erläuterte der untersuchungsführende Polizeioberst. “Mein Sohn war glücklich. Er hätte sich niemals selber das Leben genommen,” beteuerte der Vater. Niemand weinte nach der Studentin. Sie war ja nur eine Nebenfrau. Allerdings gab sie zu Protokoll, der Streit wäre ursprünglich entbrannt, weil sie dem oh so lebenslustigen Herrn enthüllte, sie hätte nunmehr einen neuen Verehrer und sie würde gerne die Beziehung beenden. Die Einhundert-Baht-Frage: Wer von den beiden war derjenige mit der schlechteren Moral? Richtige Antwort: Beide. Der eine war verheiratet, hatte Kinder und war Parlamentsmitglied jener Partei, die uns durch immer schärfere Massnahmen und Regeln einzutrichtern versucht, wie wir unser Leben zum Guten gestalten sollen. Die andere wusste, dass er eine Familie hatte und entschloss sich trotzdem, das Risiko einzugehen. Schliesslich sprangen einige Rubel für sie dabei heraus. Gerechtigkeit is unergründlich.

kinky undie 1kinky undie 2kinky undie 3

Weil wir jetzt genug von Lamentierereien haben (ich zumindest), vielleicht noch ein Seitenblick nach Japan. Von einem Kollegen erreichten mich die nachstehenden Fotos. Falls der geneigte Leser nun aber irrtümlich denkt, es würden hier die Unterhöschen diverser Damen durchscheinen, seien Sie bitte eines besseren belehrt. Die Höschen samt Backen sind lediglich auf reguläre Kleidung wie Jeans oder Röcke aufgedruckt. Das ist der neueste Schrei im Land der aufgehenden Sonne. Drei Mal dürfen Sie raten wie lange es dauern wird, bis Sie die ersten dieser Kleidungsstücke an unseren hiesigen “Damen der Nacht” begutachten oder am nächsten Strassenstand kaufen können. Vielleicht raten Sie noch immer und die Fummel sind bereits zu haben “Na, aber bitte, Kindchen, kauf Dir doch wenigstens einen Rock mit aufgedrucktem G-String…!”