Das böse Wort von der Enteignung der Banken macht in Berlin die Runde. Strikt ökonomisch gesehen ist das ein Hirngespinst, denn enteignen lässt sich nur, was noch einen Wert hat. Der ist in der Finanzbranche aber schon längst flöten gegangen. Das gilt zuvorderst für die Hypo Real Estate, leider aber - Ausnahmen mag es geben - auch für große Teile des übrigen Bankensystems. Außer dem Staat will deshalb derzeit niemand mehr Kapital zur Verfügung stellen. Springt er über Kapitalerhöhungen ein, wird er automatisch zum maßgeblichen Aktionär. Ein Enteignungsgesetz ist nicht nötig, taugt auch nicht als parteipolitische Propaganda im Wahljahr.

Auch wenn es keiner gerne hört: Ohne den Staat, ohne den Bürger, sind die Banken zumindest nach heutiger Rechnungslegung pleite. Schon mit der Garantie der Spareinlagen durch Bundeskanzlerin Angela Merkel im Oktober wurde das Ausmaß der Misere deutlich. Wahrscheinlich konnte nur mit diesem beherzten Schritt das Horrorszenario eines "Bank-Runs" verhindert werden.

Damit nicht genug. Staat und Aufsicht mussten zu weiteren drastischen Maßnahmen greifen, um das Schlimmste zu verhindern: etwa der Lockerung der Bilanzierung nach Marktpreisen, die kurz zuvor (fast) allen noch als das allein Seligmachende galt. Sie setzten auch die Insolvenzordnung im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes außer Kraft. Dank Artikel 5 gilt nun praktischerweise: Auch bei Überschuldung ist man keineswegs zwingend pleite.

Bei vielen Häusern ist das längst der Fall, wie eine einfache Rechnung zeigt. Laut Bundesbankstatistik summierten sich Eigenkapital und Rücklagen der deutschen Institute zuletzt auf etwa 450 Mrd. Euro. Denen stehen allein bei den großen Häusern toxische Wertpapiere von 300 Mrd. Euro gegenüber - auch das ein Befund ebenjener Bundesbank. Im Bundesfinanzministerium kursieren sogar Schätzungen, die mehr als das Dreifache veranschlagen.

Ohne den Staat geht es zumindest vorübergehend nicht. Umso wichtiger ist, dass der Bürger am Ende nicht auf der Zeche sitzenbleibt. Für die Übernahme von Risiken und eventuelle Verluste müssen Banken und Aktionäre zahlen. Zunächst gilt es, die Abwertungsspirale bei gesunden Papieren, den vielzitierten sicheren Staatsanleihen, zu durchbrechen. Staatliche Garantien - gegen Gebühr, versteht sich - sind nötig.

Die giftigen, wirklich ausfallgefährdeten Wertpapiere hingegen müssen schnellstens entsorgt werden. Bei einigen Instituten wird das zu mehr oder weniger massiven Verlusten, staatlichen Kapitalspritzen und in der Folge hohen Beteiligungen des Bundes führen.

Ordnungspolitisch mag das ein Dilemma sein, praktisch führt es aber zu Transparenz. Wirklich gesäuberte Bilanzen sorgen nicht nur dafür, dass die für die Wirtschaft so wichtige Kreditvergabe wieder in Schwung kommt. Sie machen die Banken auch attraktiv für Investoren und schaffen so die Voraussetzung für eine unumgängliche, rasche Reprivatisierung.

Alternativen sind theoretisch denkbar, doch führen sie zur Haftung durch den Bund ohne gebührenden Ausgleich. Der vorübergehende Übergang in Staatsbesitz sorgt wenigstens dafür, dass der Bürger auch Zugriff auf das Erholungspotenzial hat.