Laos – Mythos Mekong lässt sich jetzt auf neuen Wegen erkunden - Neue Schiffe erschließen bisher unerreichte Fluss-Abschnitte

Mekong
Ein grandioses Panorama bietet der abendliche Mekong bei Pakse. (Foto: Klaus Thiele)

Halle/MZ. Am Abend besuchen Mönche das Schiff. Auf dem Oberdeck gibt es eine Baci-Zeremonie, ohne die in Laos nichts einen Anfang oder ein Ende nehmen darf. Natürlich muss Baci auch sein, wenn ein Schiff auf Jungfernfahrt gehen soll. Deshalb tragen bei der Abreise am nächsten Morgen alle an Bord weiße Baumwollbändchen um die Handgelenke. Drei Tage mindestens dürfen sie diese nicht abnehmen. Das brächte Unglück. Also nichts riskieren.

Die Mutter aller Wasser, wie die Laoten den Mekong nennen, ist ohnehin im oberen Teil unberechenbar. Der Wasserspiegel kann über Nacht um zwei Meter steigen oder fallen. Deshalb steht neben dem Kapitän stets ein Navigator, der einen bestimmten Teilabschnitt des Flusses "lesen" kann. In besänftigender Langsamkeit lotst er die kompakte "Mekong Islands" mit ihren nur elf Kabinen durch ein Labyrinth von Sandbänken und scharfkantigen Felsen.

Nördlich der Provinzhauptstadt Pakse, wo die Premieren-Kreuzfahrt beginnt, käme das Schiff bald nicht weiter. Stromschnellen versperren den Weg. 1'865 Kilometer fließt der 4'800 Kilometer lange Mekong durch Laos. Aber während in Vietnam und Kambodscha inzwischen rund 20 Kreuzfahrtschiffe ohne Hindernisse unterwegs sind, ist der landschaftlich reizvollere laotische Teil nur auf einer Nord- und einer Südroute mit verschiedenen Schiffen zu befahren.

Hans Engberding, Gründer des Reiseveranstalters Lernidee, ließ ein Schiff im Kolonialstil aus Teak und Mahagoni bauen, das erste Kabinenschiff überhaupt in der Region. Wegen Stromschnellen fährt die "Mekong Sun" seit 2006 auf "nur" 820 Flusskilometern von der Hauptstadt Vientiane hinauf bis ins Goldene Dreieck. Die Grenze zwischen Thailand, Burma und Laos war früher weltgrößter Umschlagplatz für Opium. 2010 geht das dritte deutsch-laotische Schiff, die "Mekong Explorer", auf Fahrt. Dann soll auch ein bisher kaum bekanntes Stück Thailand erschlossen werden. Auf Hunderten von Kilometern ist der Mekong die Grenze zwischen Laos und Thailand.

Wer dem Mythos Mekong im Süden nachspürt, lernt oberhalb der Wasserfall-Grenze Si Phan Don kennen, die Welt der 4'000 Inseln. Hier hat der Fluss mit 14 Kilometern seine breiteste Ausdehnung. Eine verrostete Lokomotive und eine Brücke zwischen den Inseln Don Det und Don Khon erinnern an den Versuch der französischen Kolonialherren, mit Schiffen herange-brachte Güter um die Wasserfälle herum zu transportieren. Es ist das einzige Stück Eisenbahnstrecke, das je in Laos gebaut wurde.

Ein Höhepunkt der Südroute wartet am Fuße des 1 500 Meter hohen Kao-Berges. Wat Phou ist die eindrucksvollste Khmer-Tempelanlage außerhalb Kambodschas. Bereits ein bis zwei Jahrhunderte vor dem Weltwunder Angkor Vat entstanden dort die ersten Bauten. Noch grandioser ist die Landschaft im Norden von Laos. Der Ebene bei Vientiane mit Reisfeldern folgen flussaufwärts Teakwälder, tropische Gebirgszüge, schroffe Felswände. Die Hauptstadt Vientiane erwacht nach der Öffnung zur Marktwirtschaft erst allmählich aus dem sozialistischen Tiefschlaf. Einzigartig ist das Bild der in der Abendsonne golden funkelnden "Ehrwürdigen Stupa", dem Nationalheiligtum That Luang. Buddha selbst soll es besucht haben.

Ein Wunder ist im Vergleich zu Vientiane die alte Königsresidenz Luang Prabang mit über 30 Tempeln und Klöstern. Durch die Kolonialarchitektur, die vielen traditionellen Gebäude, wirkt Luang Prabang geradezu charmant. Seit 1995 ist die Stadt Weltkulturerbe. Wer neu baut, hat sich an den alten Stil zu halten. Und so entstehen trotz aufstrebendem Tourismus keine Hotelkästen, sondern familiäre Gästehäuser. Sie und die kleinen Terrassenrestaurants machen die Mekong-Promenade mit dem Kloster Vat Xieng Thong zu einer beliebten Bummelzone.

328 schweißtreibende Stufen führen hinauf auf den Tempelberg Phou Si. Es gibt einen wunderbaren Grund, sie vor Sonnenaufgang zu erklimmen. Dann ziehen 400 buddhistische Mönche am frühen Morgen beim Almosen-Gang durch die Stadt. Gläubige knien auf Bastmatten, spenden ihnen Reis, Obst oder auch Geldscheine. Die Mönche zeigen keine Regung, die Spender verbeugen sich dankbar. Denn sie verbessern durch die Gabe ihr Karma, sammeln sozusagen Pluspunkte für das nächste Leben.

Die Pak Ou-Höhlen in einem Kalksteinfelsen sind Ziel am nächsten Tag. Etwa 4'000 Buddha-Figuren stehen noch als Opfergaben im Innern. Am Abend macht das Schiff nach einer Begegnung mit einem Arbeitselefanten an einer Sandbank fest. Die Einwohner des nahen Dorfes kommen fröhlich zum gemeinsamen Barbecue.
Klaus Thiele