Viele Landwirte glauben, ein Ja zur Waffenschutz-Initiative würde sie ihres Gewehrs berauben, das sie für Nottötungen von kranken Tieren brauchen.
Noch sind die genauen Bewilligungskriterien für den privaten Waffenbesitz bei einem Ja zur Waffenschutz-Initiative nicht definiert. Klar ist nur, dass Armeewaffen nicht mehr zu Hause, sondern im Zeughaus gelagert werden müssten. Für alle anderen Waffen hätte das Parlament die Bedingungen in einem Gesetz festzuschreiben. Sicher ist, dass Käufer und Besitzer einer privaten Waffe einen Bedürfnis- und einen Fähigkeitsnachweis bräuchten.
Das gibt unter den Bauern zu reden. Einige unter ihnen erachten ein Gewehr auf dem Hof für ebenso nötig wie Beil und Spaltstock. Sie sind wild entschlossen, ihre Waffen zu behalten – notfalls unter Umgehung einer allfälligen Meldepflicht. Deshalb will keiner der befragten Bauern seinen Namen in der Zeitung sehen.
Gewehr für den Gnadenschuss
«Ich brauche mein Flobertgewehr nicht aus Freude», sagt ein Landwirt aus dem Bernbiet. Er benötige es zum Beispiel, wenn bei der Geburt eines Kalbes soviel schieflaufe, dass dem Neugeborenen nur noch der Gnadenschuss helfe. Das erspare dem Tier unter Umständen viel Leid. Manchmal werde auch eine Katze vom Mäher erfasst oder angefahren, «dann ist man froh, wenn man sie töten kann». Darüber hinaus verwendet der Berner Bauer sein Flobert auch, um Krähen zu verscheuchen. Und einmal hat er seinen kranken Hund damit erschossen.
Dabei spielten auch die Kosten eine Rolle: «Der Tierarzt sagte nur, das Einschläfern des 45 Kilogramm schweren Hundes koste 90 Franken.» Hinzu komme die Entsorgungsgebühr von 1.60 Franken pro Kilo.
Ähnlich argumentieren andere Bauern. Zum Beispiel ein Landwirt aus dem Entlebuch: Er hat sein Sturmgewehr 58 nach Ablauf der Dienstzeit zwar abgegeben, will jedoch auf seinen «Chüngelitöter» nur ungern verzichten – er hat damit kürzlich seinen schwerkranken Hund erlöst.
Initianten wiegeln ab
«Ich kann die Tiere nicht mehr wie vor 30 Jahren mit dem Stock totschlagen», argumentiert ein Kaninchenzüchter aus dem Emmental. Er tötet mit einer 50 Jahre alten Flobertpistole und 6-Millimeter-Kurzmunition jährlich etwa 20 Kaninchen. Harmlos sind allerdings auch diese «Chüngelitöter» nicht, wie ein Vorfall im solothurnischen Gerlafingen zeigt: Ein Kaninchenzüchter, der im Schlachten seiner Tiere sehr geübt war, hat sich dort 2009 aus Versehen in den Bauch geschossen und dabei tödliche Verletzungen erlitten.
Der grüne Zuger Nationalrat Josef Lang vom Komitee der Waffenschutz-Initiative, der selber auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, zerstreut die Bedenken der Bauern und Kaninchenzüchter: «Einschüssige Gewehre, die sie für Notfälle bei der landwirtschaftlichen Arbeit brauchen, können sie selbstverständlich behalten.» Auch der Freisinnige Jules Christen vom Urner Komitee gegen die Waffenschutz-Initiative sieht keinen Grund zur Beunruhigung.
Wie beim Sprengstoffgesetz
Ähnlichen Widerstand wie gegen die Waffen-Initiative leisteten empörte Bauern bereits vor 30 Jahren, als der Bundesrat das Sprengstoffgesetz verschärfte. Sie befürchteten damals, sie könnten die Wurzelstöcke gefällter Bäume künftig nicht mehr sprengen. Wie sich Sprengmeisterausbildner Rémy Müller erinnert, war Sprengstoff damals beim Eisenhändler so einfach erhältlich wie ein Spaltkeil: «Im einen Gestell lagerte der Sprengstoff, im anderen die Zünder.»
Unter dem Eindruck von Terroristen wie der Baader-Meinhof-Gruppe, den Brigate Rosse und den jurassischen Separatisten führte der Bund 1980 eine Ausweispflicht und den Erwerbsschein ein. Den A-Schein für Sprengstoffmengen bis 5 Kilogramm bezeichnen die Sprengexperten heute noch als Bauernausweis. Diese Regelung hat sich laut Müller längst eingespielt. Dennoch befürchten die Bauern jetzt, mit der Annahme der Waffenschutz-Initiative würde ihnen ein Recht genommen.