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Der Freitags-Kommentar vom 6. Mai 2016,
von Olivier Kessler, Chefredaktor «Schweizerzeit»

 

1. Mai-Demonstration

Der Tag der Arbeit wird regelmässig von Sozialisten dafür instrumentalisiert, sich selbst als Interessensvertreter der Arbeiter zu inszenieren. Doch die Arbeiter durchschauen zunehmend, von wem sie tatsächlich ausgebeutet werden.

Auch dieses Jahr plusterten sich Sozialisten am 1. Mai moralisierend als Kämpfer für das Gute auf. Sie nahmen einmal mehr ihren Hauptfeind ins Visier: den Kapitalismus.

In der Logik der Sozialisten ist der Kapitalismus an allem Übel der Welt schuld. Er sei die Ursache von Kriegen, Finanzkrisen und Armut. Der Umstand, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden habe ebenfalls der Kapitalismus zu verantworten. Die Begründung: Im Kapitalismus würden Arbeiter bösartig von «den Kapitalisten» ausgebeutet.

Kapitalismus: Freie Entscheidungen durch freie Menschen

Was ist an diesen Vorwürfen dran? Zunächst einmal muss man überprüfen, was man eigentlich unter «Kapitalismus» versteht. Im Duden wird «Kapitalismus» definiert als die «Wirtschaftsform, die durch Privateigentum an Produktionsmitteln und Steuerung des Wirtschaftsgeschehens über den Markt gekennzeichnet ist». Kapitalismus ist also jenes System, in welchem freie Menschen frei entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten möchten. Jeder einzelne kann selbst festlegen, was und mit wem er arbeitet.

Im Kapitalismus wird man nur reich, wenn man anderen Menschen dient. Denn erst, wenn andere dazu bereit sind, für angebotene Produkte und Dienstleistungen freiwillig zu bezahlen, kann ein ehrliches, rechtmässiges Einkommen erzielt werden.

Die Beziehungen in einem kapitalistischen System zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind allesamt freiwillig. Kein Arbeitnehmer wird von irgendjemandem gezwungen, beim Arbeitgeber X zu arbeiten. Wenn dieser seine Arbeitnehmer «ausbeutet», ausnützt, miese Löhne bezahlt oder sie schlecht behandelt, haben die Arbeitnehmer die freie Wahl, zum Arbeitgeber Y zu wechseln, selbst ein Unternehmen zu gründen oder – wenn es die Ersparnisse erlauben – auch mal eine Zeit lang nicht zu arbeiten. Nur schon aus diesem Grund werden sich die meisten cleveren Arbeitgeber davor hüten, ihre Angestellten schlecht zu behandeln.

Arbeitsverträge basieren auf freiwilligen Entscheidungen und einem gegenseitigen Interesse, miteinander zu kooperieren, weil sich dadurch beide Seiten einen Vorteil erhoffen. Der Kapitalismus begünstigt also keineswegs die «Ausbeutung» der Arbeiter, da er diesen alle Freiheiten lässt, ihr Leben nach ihrem eigenen Gusto in die Hand zu nehmen.

Sozialismus: Politisches Diktat statt freie Menschen

Ganz anders im Sozialismus, den die meisten 1. Mai-Klassenkämpfer am liebsten noch heute einführen möchten. Sozialismus ist die Wirtschaftsform, die das Privateigentum an Produktionsmitteln aberkennt und die Steuerung des Wirtschaftsgeschehens dem Staat überlassen will. Der Staat steuert die Wirtschaft unter Anwendung seines Gewaltmonopols: Er erlässt Gebote und Verbote und zwingt den Menschen jene Regeln auf, die die Staatsherrscher für richtig erachten. Nicht mehr die freie Entscheidung von freien Menschen steht im Mittelpunkt, sondern das politische Diktat durch die staatlichen Führer. Nicht mehr die Entscheidungen vieler koordinieren das Wirtschaftsgeschehen, sondern der Befehl weniger.

Im Sozialismus weicht die Freiheit dem Zwang. Mittels staatlichem Arbeitszwang werden Menschen wie Sklaven zur Verrichtung von staatlich verordneten Tätigkeiten verdonnert. Platz für individuelle Wünsche und Präferenzen bleibt keiner.

Sozialismus beutet Arbeiter aus

Im Gegensatz zum Kapitalismus hat der Sozialismus tatsächlich ein ausbeuterischer Charakter. Ohne die einzelnen Menschen danach zu fragen, ob sie wollen oder nicht, werden sie im Sozialismus von exorbitanten Steuern, Abgaben und Gebühren ausgeplündert. Nicht mehr sie selbst dürfen bestimmen, was sie mit ihrem hart erarbeiteten Lohn machen möchten. Vielmehr wird über sie bestimmt.

Der wahre Klassenkampf spielt sich nicht – wie uns intellektuelle oder steinewerfende 1.Mai-Aktivisten weismachen wollen – zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ab, sondern zwischen der politischen Klasse und dem unterdrückten, mittels Staatsgewalt ausgebeuteten Volk. Linksaktivisten – meist selbst nicht produktiv tätig, sondern parasitär von Zwangsumverteilungsmassnahmen lebend – haben Events wie den 1. Mai stets dafür instrumentalisiert, diesen Klassen-Gegensatz herunterzuspielen und stattdessen ein Scheingefecht zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu inszenieren.

Klassenkampf findet woanders statt

Perfide verhüllt man die von den Linken gewollte wohlstandsmindernde Zwangsumverteilung in wohlklingende Floskeln wie «soziale Gerechtigkeit» oder «Solidarität». Die Umverteilungsströme fliessen aber nicht – wie suggeriert – von den Reichen zu den Armen, sondern von den Arbeitern zur Classe politique sowie ihr nahestehende Gruppen und Unternehmen, die ihr Geld nicht ausschliesslich auf dem freien Markt verdienen, sondern von staatlichen Zuwendungen profitieren.

Die von links proklamierte «Ausbeutung» der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber ist eine billige Mär, um die tatsächlich stattfindende Ausbeutung der produktiven Arbeiter durch die unproduktive politische Klasse sowie der Funktionärsbürokratie zu vertuschen.

Der 1. Mai sollte uns in Zukunft daran erinnern, wer tatsächlich Lebensqualität und Arbeitsplätze für die Arbeitnehmer schafft. Nämlich fleissige, innovative, kreative, schöpferische Unternehmer und Arbeiter.


Schweizerzeit