Im Laufe der Jahre 2017 und 2018 hat London sich alle Mühe gegeben, sich als „Führer der freien Welt“ zu positionieren, der die Demokratie verteidigt und Totalitarismus jeder Art bekämpft.
Diese Aufgabe falle jetzt den Briten zu, meint die Elite, weil Donald Trump der Wahnvorstellung anhänge, mit Rußland und China gut auskommen zu können, statt weiter die Geopolitik des Empire zu vertreten wie Hillary CLINTON, die Neokonservativen etc. Premierministerin Theresa MAY verkündete vorsorglich, Britannien stehe nun wieder ganz oben auf der Weltbühne, um es mit dem Erzfeind Rußland aufzunehmen.
Aber dabei haben die Briten sich übernommen, und es gibt eine starke Gegenreaktion. Dies zeigen die atemberaubende Auflistung der Verbrechen des Britischen Empire, die die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria SACHAROWA am 19.04. machte, http://www.mid.ru/de/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/content/id/3178301, sowie zahlreiche Äußerungen aus China.
Daß die britischen Behörden hastig Rußland für einen Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej SKRIPAL und dessen Tochter verantwortlich machten, war ein Schritt zuviel. Das gleiche gilt für die Entscheidung für die Raketenangriffe auf Syrien, ohne die Arbeit der Inspekteure der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) abzuwarten.
So wächst jetzt sogar der Widerstand in Großbritannien selbst, auch von höchsten Stellen. Lord Andrew GREEN OF DEDDINGTON, ein früherer britischer Botschafter in Syrien, formulierte es am 19.04. gegenüber der Zeitschrift The House treffend: Die Briten müßten „ihren Stolz herunterschlucken“ und Beziehungen zu Baschar ASSAD knüpfen.
Denn Assad werde noch lange da sein, und „Beschimpfungen allein sind keine Strategie“. Die Regierung solle ihre Kräfte darauf konzentrieren, den Islamischen Staat und dessen Verbündete zu besiegen.
(Im übrigen blieb nicht unbemerkt, daß Mays Ehemann Philip MAY für das Unternehmen Capital Group tätig ist, den größten Aktionär von BAE Systems und zweitgrößten Aktionär des US-Konzerns Lockheed Martin, und daß die Aktien der beiden Rüstungsgiganten nach den Angriffen auf Syrien am 14.04. in die Höhe schossen.)
Die Bevölkerung in Europa ist irritiert, sie verliert das Vertrauen in ihre Staatsführungen und deren Institutionen, die mit einem Krieg gegen Rußland drohen, während gleichzeitig eine neue Finanzkrise lauert. Aber manchmal braucht es vielleicht einen Schock wie die gegenwärtigen Erfahrungen, um zu einem neuen Paradigma in den internationalen Beziehungen zu gelangen. Dazu gehört die Rückkehr zum Völkerrecht und zur UN-Charta.
Theresa Mays Illusionen über Londons strategische und finanzielle Macht
Theresa MAY hat in einer Rede auf dem traditionellen Bankett des Bürgermeisters der Londoner City am 13.11. 2017 ihre Vision für die künftige Rolle des Vereinigten Königreichs auf der Welt, insbesondere gegen Rußland, klar formuliert. May sprach von einer neuen Rolle für das „Globale Britannien“, sprich das Empire.
„Wir sind die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt..., wir haben den zweitgrößten Verteidigungs-haushalt in der NATO, ... die geistige Führerschaft unserer herausragenden Universitäten, die globalen Finanzen dieser großartigen Londoner City.“
Das Ziel für das Globale Britannien sei es, „die regelbasierte internationale Ordnung gegen unverantwortliche Staaten zu schützen, die diese aushöhlen wollen“. Das sei jetzt vor allem „natürlich Rußland“. May weiter: „Ich habe daher an Rußland eine sehr einfache Botschaft: Wir wissen, was ihr tut. Und ihr werdet scheitern, weil ihr die Widerstandskraft unserer Demokratien und die Verpflichtung westlicher Nationen zu den Allianzen, die uns verbinden, unterschätzt.“
Gastgeber dieses Banketts ist der „Lord Mayor“, der Bürgermeister der City und Vorsitzende der City of London Corporation. May schloß mit einer Lobeshymne und einem Appell an die Finanzelite der City:
„Sie sind die Bannerträger einer bestimmten Vorstellung von Wirtschaftsordnung, auf der das letzte Jahrhundert des Wachstums beruhte: Kompetenz, ... juristische Dienstleistungen, ... Buchhaltung und Finanzen, worin diese große Londoner City der Weltführer ist. Dies sind also, Herr Bürgermeister, Zeiten großer Herausforderung.
Aber ich vertraue darauf, daß ein globales Britannien die Fähigkeit, ja sogar die Verantwortung hat, sich dem gewachsen zu zeigen.“
Teile der britischen Elite decken britischen Verrat auf
Die fieberhaften Anstrengungen der Regierung von Theresa MAY, mit Rückendeckung der britischen Elite und der Londoner City den neuen Kalten Krieg gegen Rußland zu schüren, laufen ins Leere.
Man denke an Londons Rolle bei der Inszenierung des „Russiagate“-Skandals in den USA um angebliche illegale Absprachen zwischen Donald TRUMPS Team und Moskau, wobei der „ehemalige“
MI6-Agent Christopher STEELE einer der Hauptakteure war. Oder an die Behauptung, Rußland und Putin hätten versucht, Sergej SKRIPAL und dessen Tochter in Salisbury zu vergiften, die unter ihren inneren Widersprüchen zusammenbricht.
Als die britische Regierung dann noch auf die Luftangriffe gegen Syrien vom 14.04. drängte, wiederum ohne konkrete Beweise und allein auf der Grundlage von Behauptungen einer vom britischen Außenministerium finanzierten Terrorgruppe, den Weißhelmen, stellten mehrere hohe Diplomaten und Militärs in Großbritannien selbst die Lügen in Frage, mit denen die Angriffe gerechtfertigt wurden:
- Admiral Lord Alan WEST, ehemaliger Kommandeur der britischen Marine (Erster Seelord) und ehemaliger Leiter des Militärgeheimdienstes, erklärte der BBC: „Wenn ich Präsident ASSAD beraten würde, warum sollte ich ihm zum Einsatz von Chemiewaffen raten? Das ergibt keinen Sinn. Aber bei den dschihadistischen Oppositionsgruppen kann ich sehen, warum sie das tun würden.“
- Der ehemalige Leiter der britischen Sondereinsatzkräfte, Generalmajor Jonathan SHAW, erklärte in der Daily Mail, die Vorstellung, daß Assad zum jetzigen Zeitpunkt einen solchen Giftgasangriff angeordnet haben solle, sei lächerlich: „Das ist nicht nur meine Meinung, sie wird von hohen Kommandeuren des US-Militärs geteilt. Es gibt überhaupt keinen Grund für irgendeine Beteiligung Assads. Er hat die Rebellen überzeugt, die besetzten Gebiete mit Bussen zu evakuieren. Er hat ihr Territorium erobert. Warum soll er sich dann noch die Mühe machen, sie zu vergasen? Die Dschihadisten und die verschiedenen oppositionellen Gruppen, die gegen Assad gekämpft haben, haben ein viel größeres Motiv. Nämlich
dafür zu sorgen, daß die Amerikaner beteiligt bleiben.“ - Der frühere britische Botschafter in Syrien, Peter FORD, sagte am 17.04. in Fox News: „Es gibt durchaus die Möglichkeit, daß wir getäuscht wurden, daß man uns zum Narren hielt. Ich glaube, die Berater des Präsidenten [Trump] haben ihm einen Bärendienst erwiesen.“
- Lord Andrew GREEN, britischer Botschafter in Syrien von 1991-94, sagte der Londoner Times: „Es gibt eine beträchtliche Anzahl von Personen in den von der Regierung beherrschten Gebieten Syriens, die das gegenwärtige Regime - trotz aller seiner Fehler - der Alternative vorziehen.“ Die Times berichtete indigniert, daß Lord Green wie auch der frühere Chef der Spezialeinheit SAS, Generalmajor John HOLMES, Mitglied der Britischen Syrien-Gesellschaft (BSS) sind, der Botschafter Ford vorsteht und die „für das brutale Regime in Syrien wirbt“.
Wenn solche Vorwürfe aus führenden Kreisen des britischen außenpolitischen und Verteidigungs-Establishments selbst kommen, zeigt dies, daß der jüngste Vorstoß für Regimewechsel in Washington
und Moskau zu weit geht. Vielleicht kommt statt dessen ein Regimewechsel in London?
Trump - angeblich - ein Gefangener des „Staat im Staats“
Als US-Präsident Donald TRUMP sich dem anglo-französischen Duo MAY und MACRON anschloß und den Raketenangriff auf Syrien am 14.04. mitmachte, waren viele seiner Unterstützer in den
USA verzweifelt, weil sie befürchteten, daß er sein Wahlversprechen bricht, keine ewigen Kriege mehr zu führen wie seine Vorgänger BUSH und OBAMA, und deren Geheimdienst- und Sicherheitsapparat abzuschütteln. Kurz zuvor hatte Trump noch erklärt, er wolle die US-Soldaten bald aus Syrien abziehen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron brüstete sich am 15.04., er habe Trump überzeugt, daß die USA in Syrien weiter militärisch präsent sein müßten. Die unverbesserliche neokonservative UN-Botschafterin der USA Nikki HALEY blies in das gleiche Horn und erklärte sogar, die US-Regierung werde innerhalb von 24 Stunden neue Sanktionen gegen Rußland verkünden. Alles deutete darauf hin, daß Trump auf die Giftgas-Propraganda hereingefallen war und auf seine mit den Briten verbündeten neokonservativen Berater gehört hatte.
Die Washington Post verkündete am 16.04. auf der Titelseite zufrieden den Sieg im Putsch gegen Trump. Die Überschrift lautete: „Trump, Falke wider Willen, hat in der Rußlandfrage gegen seine Berater gekämpft und verloren“.
Obwohl der Präsident hartnäckig den Wunsch hegte, das Verhältnis zu Rußland und Präsident PUTIN zu verbessern, habe ihn der (angebliche) Giftgasangriff der syrischen Regierung ASSAD auf Zivilisten in Duma bei Damaskus zu der Erkenntnis gezwungen, daß dieses Ziel unrealistisch ist. Trump sei auch gegen Maßnahmen gegen Rußland in der Skripal-Affäre gewesen, aber seine Berater hätten ihn überzeugt, bei den „europäischen Verbündeten“ einzulenken und Diplomaten auszuweisen.
Doch diese Darstellung, Trump habe vor dem „Staat im Staate“ (Deep State) kapituliert, wurde sehr bald von ihm selbst gründlich widerlegt. Er schickte seinen neuen Wirtschaftsberater KUDLOW vor, der öffentlich Nikki Haleys Äußerungen kritisierte - man sei „irritiert“. Am 16.04. bekräftigte Trump, daß er die Truppen aus Syrien abziehen will, sobald die Aufgabe, den Islamischen Staat und Al-Kaida zu besiegen, erfüllt ist, und daß es keine neuen Sanktionen gegen Rußland geben wird. Aus früheren Aussagen war deutlich geworden, daß der Sieg über die Terroristen der russischen Unterstützung der syrischen Armee und zum Teil auch dem Informationsaustausch zwischen den russischen und US-Streitkräften zu verdanken ist.
Wenige Tage später wiederholte der Präsident, daß er Putin treffen möchte. Dazu traf sich sein neuer Nationalen Sicherheitsberater John BOLTON am 19.04. mit Rußlands Botschafter Anatoli ANTONOW im Weißen Haus. Beide Seiten erklärten anschließend übereinstimmend, sie hätten über eine Verbesserung der Beziehungen gesprochen, weil diese einen Tiefpunkt der Ära nach dem Kalten Krieg erreicht hätten.