Pressemitteilung
Gendreck-weg
Dienstag, 2. Juli 2013

  • Strafverfahren gegen Feldbefreier von Gatersleben wird eingestellt
  • Nach Zerstörung des Genweizenfeldes hatte Staatsanwaltschaft zunächst Haftstrafen gefordert
  • Oberlandesgericht gab Revision statt: Fragwürdige Genehmigung des Versuchs

Das Landgericht Magdeburg hat die Einstellung des Strafverfahrens wegen der teilweisen Zerstörung eines Genweizenfelds in Gatersleben im April 2008 angeboten.

Vorangegangen war dem ein jahrelanger Prozess durch alle Instanzen. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst auf eine viermonatige Haft ohne Bewährung plädiert, dann lautete im November 2010 das Urteil Geldstrafe zwischen 20 und 30 Tagessätzen. Mit Erfolg legten drei der sechs Aktivisten 2012 Revision ein. Das Oberlandesgericht Naumburg befand, dass die von den Angeklagten in Frage gestellte Genehmigung für den Gentechnikversuch in der unmittelbaren Nachbarschaft der Genbank in Gatersleben doch vom Gericht geprüft werden muss.

Holger Isabelle Jänicke, einer der Rechtsberater der Gruppe, sagte zu der Einstellung des Verfahrens: „Das Landgericht Magdeburg zieht nun die Reißleine. Würde es den Prozess so durchführen, wie es das OLG verlangt, wäre wiederum eine mehrtägige Verhandlung notwendig, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einem Freispruch enden könnte. Mit der Einstellung werden auch Kosten und Arbeit gespart. Da auch im noch laufenden Schadensersatzverfahren vor dem Zivilgericht in Magdeburg diese Frage eine entscheidende Rolle spielt, gibt es Chancen dafür, dass sich fünf Jahre nach der Feldbefreiung ein Gericht mit der Rechtswidrigkeit des Genweizenversuches in Gatersleben auseinandersetzt.“

Christian Pratz, einer der Feldbefreier ergänzte: „Dieser Genweizen-Versuch steckte von der öffentlichen Förderung, dem Genehmigungsverfahren, bis zu den Schadensersatzforderungen voller Widersprüche. Wir haben den Weizen zerstört, um eine konkrete Gefahr für die Nutzpflanzen in der Genbank abzuwenden. Im Rahmen der Straf- und Zivilprozesse konnten wir zeigen, wie diese Freisetzung in Gatersleben nur aufgrund von Mauscheleien genehmigt wurde und die Durchführung mit unglaublichem Schlendrian in den zuständigen Behörden und bei dem IPK Gatersleben verbunden war.“

Für Rückfragen:
Holger Isabelle Jänicke, Tel, 0170 – 75 65 45 1
Christian Pratz, Tel, 0152 – 11 77 90 55

 

Hintergrund

1. Die Aktion

Am Morgen des 21.4.2008 hatten die GentechnikgegnerInnen Genweizen, der vom Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzen- forschung (IPK) in Gatersleben (Sachsen-Anhalt) auf dessen Gelände freigesetzt wurde, mit Hilfe von Unkrauthacken zum Teil unschädlich gemacht.
Auf dem gleichen Gelände befindet sich auch die Genbank, eine Abteilung des Instituts, die die Aufgabe hat, Kulturpflanzenvielfalt und Tausende von alten Sorten zu erhalten. Dafür ist eine regelmäßige Aussaat zur Samengewinnung nötig. Dieser weltweit bedeutende Saatgutschatz, insbesondere die Weizenaussaaten war durch eine wahrscheinliche Kontamination mit dem gentechnisch veränderten Weizen gefährdet. 30.000 Einwendungen gegen die Freisetzung waren erfolglos geblieben.

2. Die Prozess-Geschichte

Im November 2010 verurteilte das Amtsgericht Aschersleben die sechs jungen Menschen zu geringen Geldstrafen. Drei AktivistInnen legten daraufhin Berufung ein.
Das Landgericht Magdeburg bestätigte das Urteil der ersten Instanz im Sommer 2011 unter teilweiser Verringerung der Höhe der Geldstrafen.

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