Churchills Friedensfalle

Nahtlos knüpft Allen mit diesem Buch, das bereits in zehn Sprachen übersetzt wurde, in chronologischer wie auch thematischer Hinsicht an seinen Erstling an. Der von ihm bewiesenen Sensation und den nur in der deutschen Ausgabe auf 40 Seiten faksimilierten Dokumenten vorgelegten Beweisen konnte sich auch das Fernsehen nicht mehr verschließen. Am 17. Dezember vergangenen Jahres wurde auf n-tv eine eigens für dieses Buch angefertigte Dokumentation ausgestrahlt, in der der Autor ausführlich zu Wort kam und seine Thesen und Beweise einer mehr als verblüfften Öffentlichkeit vorstellen konnte.

Dieses Werk ist schon deswegen ein Meilenstein investigativer und um Wahrheit bemühter Geschichtsschreibung, da sich Dutzende hoch- und höchstrangiger Historiker weltweit bislang mehr als 60 Jahre lang vergeblich bemüht hatten, das Rätsel des Heß-Fluges zu lösen. Kein Wunder allerdings, hatte die britische Regierung doch alle diesbezüglichen Akten jahrzehntelang sperren lassen und die Sperre noch unlängst bis zum Jahre 2017 verlängert. Warum denn eigentlich, so mußte man sich bislang naiv fragen, wo doch Demokratien von ihrem Wesen her angeblich auf Transparenz und ungehindertem Informationsaustausch angelegt sind und die deutschen Archive allesamt erbeutet und zwangsweise (in weiten Auszügen publiziert wurden)? Allerdings ist Allen schon hier aufgefallen, daß vor allem die Briten viele erbeutete Dokumente vernichtet haben, die ihre Politik ins Zwielicht und zu unangenehmen Fragen hätten Anlaß geben können.

Martin Allen zeigt in seinem Bestseller auf, warum: Weil Adolf Hitler bis zum Heß-Flug genau 42 Mal versuchte, Friedensfühler auszustrecken und diverse Friedensangebote unterbreitete, um den unsinnigen europäischen Krieg sofort und ohne Gesichtsverlust für eine der beiden kriegführenden Seiten beenden wollte. Es war Churchill, der den Krieg fortführen wollte, um jeden Preis, nicht als Kampf gegen den Nationalsozialismus (wie in der britischen Presse stets herausgestrichen!), sondern um den lästigen Konkurrenten, das Deutsche Reich, ein für alle Mal zu vernichten (wörtlich!). Da er wußte, daß Großbritannien einen europäischen Krieg nicht gewinnen wollte, ließ er seinen Geheimdienst die Weichen so stellen, daß 1941 die Sowjetunion und die USA in den Krieg hineingezogen werden mußten. Churchill wörtlich: „Wir können einen europäischen Krieg nicht gewinnen, nur einen Weltkrieg.“

Hitler glaubte (naiver Weise), in England befände sich eine große „Friedensfraktion“, die bereit sei, Churchill über ein Mißtrauensvotum zu stürzen, um nach der parlamentarischen Machtübernahme sofort einen Waffenstillstand mit dem Deutschen Reich zu schließen. Die Briten wußten davon und der Geheimdienst tat so, als ginge er darauf ein. Nach monatelangen Verhandlungen schlug am 10. Mai 1941 schließlich die Stunde der Wahrheit: Hitler wollte Klarheit und Heß flog als Bevollmächtigter des Reichskanzlers allein und unter Einsatz seines Lebens nach Schottland, um einen sofortigen Waffenstillstand und ehrenvolle Friedensbedingungen zu unterbreiten. Die Briten hatten aber jemand anderen erwartet, löschten die Landebefeuerung und zwangen den „Stellvertreter des Führers“ so, aus seiner Me 110 abspringen zu müssen. Heß wurde gefangen genommen (ihm wurde kein Parlamentärsstatus zuerkannt), er durfte nie über seinen Flug sprechen, wurde für 46 Jahre inhaftiert und – als ihn die Sowjets unter Gorbatschow freilassen wollten, umgebracht. Die britische Diplomatie wäre auf jahrzehnte international kompromittiert gewesen, hätte die Welt erfahren, mit welchen Methoden man von der Insel aus den Krieg verlängerte, vor allem aber, welche Friedensbedingungen Hitler auf dem Höhepunkt seiner Macht zu gewähren bereit war.

Hier können nur einige Punkte erwähnt werden:

  1. Wiederherstellung eines polnischen Staates in seinen ethnischen Grenzen.
  2. Sofortiger Rückzug der deutschen Besatzungstruppen aus Frankreich, Belgien, Holland, Luxemburg, Dänemark und Norwegen.
  3. Begleichung der durch die Kriegshandlungen entstandenen Schäden in den westeuropäischen Staaten.
  4. Keine deutsche Einmischung in die internen Angelegenheiten der Nachbarstaaten.
  5. Zerstörung aller Angriffswaffen, vollständige Rüstungskontrolle usw.

Und dies im November 1940, zu einem Zeitpunkt also, wo der Präventivschlag gegen die UdSSR noch nicht geplant war. Selbst der Papst war von diesem Angebot so überwältigt, daß er sich bereit erklärte, als Vermittler zu fungieren. Und das Hitler über alles informiert war, ist jetzt keine Spekulation mehr. 14 Tage nach Heß Gefangennahme versuchte er, ihn durch Fallschirmspringer befreien zu lassen, die in abenteuerlicher Weise den britischen Außenminister Eden kidnappen sollten. Doch dies und vieles mehr sollte man auf 430 Seiten lieber selber lesen...

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