Kapitel 3
Die Leviten und das Gesetz
Während der hundert Jahre, die auf die Eroberung Israels durch die Assyrer folgten, begannen die Leviten das Gesetz niederzuschreiben. Anno 621 v. Chr. hatten sie das fünfte Buch Mose, das Deuteronomium, fertig erstellt und verlasen es im Tempel zu Jerusalem.
Es war dies die Geburt des Mosaischen Gesetzes, das Mose, falls er überhaupt gelebt haben sollte, freilich nie gekannt hat. Es wird ihm zwar zugeschrieben – daher sein Name –, doch alle namhaften Forscher sind sich darüber einig, dass es in Wahrheit das Werk der Leviten war, die Mose (sowie Jahwe) einfach das in den Mund legten, was ihnen in den Kram passte. Eine korrekte Bezeichnung wäre „das levitische Gesetz“ oder „das judäische Gesetz“.
Das Deuteronomium ist für den offiziellen Judaismus und Zionismus das, was das Kommunistische Manifest für die zerstörerische Revolution unseres Jahrhunderts war. Es bildet die Grundlage der Torah („des Gesetzes“), also der fünf Bücher Mose, deren griechische Bezeichnung Pentateuch lautet. Der Pentateuch ist das Rohmaterial, aus dem später der Talmud geschaffen wurde, und letzterer ist seinerseits die Basis jener „Kommentare“ und „Kommentare zu Kommentaren“, welche in ihrer Gesamtheit das jüdische „Gesetz“ darstellen.
Beim Deuteronomium handelt es sich um ein politisches Programm, einen Plan zur Ausplünderung und dauerhaften Unterjochung sämtlicher anderer Nationen. Im Westen ist dieser Plan im Verlauf des 20. Jahrhunderts bereits in erheblichem Umfang verwirklicht worden. Somit ist das Deuteronomium von unmittelbarer Bedeutung für die Geschehnisse der Gegenwart, und wenn man letztere in diesem Lichte analysiert, tritt vieles, was zuvor rätselhaft und verworren schien, in grosser Klarheit zutage.
Dieses Programm wurde 621 v. Chr. an einem so kleinen Ort vor einem so kleinen Publikum verlesen, dass die überwältigende Rolle, die es in späteren Jahrhunderten für die gesamte Welt gespielt hat, um so erstaunlicher wirkt.
Ehe das Deuteronomium schriftlich niedergelegt wurde, gab es lediglich eine mündliche Überlieferung dessen, was Gott zu Moses gesagt hatte. Die Leviten spielten sich als Gralshüter dieser Überlieferung auf, und das gemeine Volk musste ihnen wohl oder übel glauben. (Die anmassenden Behauptungen der Leviten waren eine der Hauptursachen für den Zorn der israelitischen „Propheten“.) Falls vor der Verlesung des Deuteronomium irgendwelche Manuskripte existierten, so waren sie fragmentarischer Natur und wurden von den Priestern sorgfältig gehütet; die einfachen Angehörigen des Stammes wussten davon so wenig wie heutzutage irgendwelche Kleinbauern in Kentucky von griechischer Poesie.
Dass sich das Deuteronomium von allen bisherigen Gesetzen unterschied, geht schon aus seinem Namen hervor, der „zweites Gesetz“ bedeutet. Es war das Gesetz des levitischen Judentums; wie bereits hervorgehoben, waren die Israeliten „keine Juden“ und hatten dieses Gesetz nie gekannt.
Bezeichnenderweise war das Deuteronomium, das fünfte Buch unserer Bibel, das scheinbar die natürliche Fortsetzung der vorherigen vier darstellt, das erste, das seine heutige Form erhielt. Die beiden ersten Bücher Mose, Genesis und Exodus, bilden zwar den historischen Hintergrund, wurden von den Leviten aber erst später erstellt. Das dritte und das vierte Buch Mose ( Leviticus und Numeri) entstanden zu einem noch späteren Zeitpunkt.
Das Deuteronomium stellte die in der früheren Überlieferung festgelegten moralischen Gebote förmlich auf den Kopf. Die Leviten hatten sich nämlich das Recht herausgenommen, nach freiem Ermessen Streichungen vorzunehmen und Ergänzungen hinzuzufügen. Sie waren fest davon überzeugt, dass Gott sie ermächtigt hatte, das Gesetz, welches er Mose mündlich offenbart hatte, zu verändern, um „den sich ständig wandelnden Existenzbedingungen im Geiste der traditionellen Lehre gerecht zu werden“ (Dr. Kastein).
Übrigens behaupteten sie auch, Mose sei auf dem Berge Sinai eine geheime mündliche Torah offenbart worden, die niemals schriftlich festgelegt werden dürfe. In Anbetracht der Tatsache, dass die Christen das Alte Testament später gemeinsam mit dem Neuen zu einem einzigen Buch, der Bibel, verbunden haben und der Durchschnittschrist davon überzeugt ist, mit der Bibel das vollständige „Mosaische Gesetz“ vor sich zu haben, ist dieser Umstand von besonderem Interesse.
Im Talmud heisst es: „Gott sah voraus, dass dereinst eine Zeit einbrechen würde, wo die Heiden sich der Torah bemächtigen und zu Israel sagen würden: ‚Auch wir sind Gottes Söhne.' Dann wird der Herr sagen: ‚Nur derjenige, der meine Geheimnisse kennt, ist mein Sohn.' Und was sind Gottes Geheimnisse? Die mündlich überlieferten Lehren.“ (Zitiert nach Dr. S. Funk, Die Entstehung des Talmud.)
Den wenigen Menschen, die das Deuteronomium im Jahre 621 v. Chr. lasen und so erfuhren, was das „Mosaische Gesetz“ war, teilten die Leviten mit, die Manuskripte seien „entdeckt“ worden. Die heutigen Judaisten verwerfen diese Behauptung und verfechten stattdessen die Ansicht, das Deuteronomium sei von den Leviten in Juda nach dessen Verstossung durch die Israeliten und nach der Eroberung Israels durch die Assyrer geschaffen worden. Dr. Kastein schreibt:
„621 v. Chr. wurde ein vom Staub vieler Zeitalter bedecktes Manuskript in einem Archiv entdeckt. Es enthielt eine seltsame Version der Gesetze, die bis zum damaligen Zeitpunkt kodifiziert worden waren, eine Art Wiederholung und Variation davon, die eine grosse Zahl von Geboten bezüglich der Pflichten des Menschen gegenüber Gott und seinem Nachbarn enthielten. Es wies die Form von Ansprachen auf, von denen es hiess, Mose habe sie unmittelbar vor seinem Tode jenseits [d.h. westlich] des Jordan gehalten. Wer der Verfasser war, lässt sich unmöglich sagen.“
Somit glaubt Dr. Kastein, ein religiöser Eiferer, der erwartet, dass sich das „Gesetz Mose“ wortwörtlich in allen Einzelheiten erfüllen wird, nicht, dass dieses Gesetz von Mose, oder von Jahwe, stammt. Für ihn reicht es völlig aus, wenn es das Werk einer gesetzgebenden Priesterschaft ist, die für ihn eine göttliche Autorität darstellt.
Wie ähnlich das uns heute bekannte Deuteronomium dem anno 621 v. Chr. verlesenen ist, lässt sich nicht sagen, denn die Bücher des Alten Testaments wurden bis zu ihrer ersten Übersetzung wiederholt überarbeitet. Auch bei der Übersetzung wurden verschiedene Abänderungen vorgenommen, vermutlich um die Nichtjuden nicht allzu sehr vor den Kopf zu stossen. Zweifellos wurde das eine oder andere daraus entfernt, so dass das Deuteronomium in seiner ursprünglichen Gestalt noch blutrünstiger gewesen sein mag als in seiner gegenwärtigeren Gestalt.
Die Grundlage dieses „zweiten Gesetzes“ war religiöse Intoleranz (zu der später in einem weiteren „neuen Gesetz“ noch rassische Intoleranz stiess). Dies bedeutete notwendigerweise die Untergrabung der moralischen Gebote, die im Deuteronomium zwar zitiert, doch bald anschliessend de facto aufgehoben werden. Nur jene, die sich auf die Verehrung des „eifersüchtigen“ Jahwe beziehen, bleiben in Kraft. Die übrigen wurden unter einer Flut von „Geboten und Rechten“ (in Ergänzung zum Gesetz erlassenen Bestimmungen) förmlich begraben.
Infolgedessen werden die moralischen Gebote, die Mord, Diebstahl, Ehebruch, Begehrlichkeit, unehrliches Verhalten gegenüber dem Nachbarn usw. untersagen, durch eine grosse Zahl von Befehlen zum Gespött gemacht, welche die Abschlachtung anderer Völker sowie die (individuelle oder kollektive) Ermordung Abtrünniger ausdrücklich vorsehen und dem „auserwählten Volk“ die Pflicht auferlegen, in Gefangenschaft geratene Frauen anderer Stämme zu Konkubinen zu nehmen, den Feind vollkommen auszurotten, „Fremdlinge“ vom Schuldenerlass auszunehmen und dergleichen mehr.
Am Ende des Deuteronomium sind die moralischen Gebote zu nichts zerronnen. An ihre Stelle tritt, unter dem Deckmantel einer Religion, die phantastische politische Idee eines Volkes, das eigens in die Welt entsandt wurde, um die anderen Völker zu vernichten und zu „besitzen“ und sich die Erde untertan zu machen. Entfernt man alle diesbezüglichen Stellen, so bleibt kein Deuteronomium und damit auch kein mosaisches Gesetz mehr übrig.
Dieses Konzept der Vernichtung als Glaubensgrundsatz ist einzigartig. Wo es im politischen Denken vorkommt (beispielsweise in der kommunistischen Philosopie), dürfte es vermutlich auf das Deuteronomium zurückgehen, denn eine andere mögliche Quelle ist nicht bekannt.
Das Deuteronomium ist vor allem ein vollständiges politisches Programm: Die Geschichte unseres Planeten, der von Jahwe für sein „besonderes Volk“ geschaffen wurde, soll eines Tages durch dessen Triumph und den Untergang aller anderen Völker ihren Abschluss finden. Die Belohnungen, die den Frommen winken, sind ausschliesslich materieller Natur: Sklaven, Frauen, Beute, Territorien, Weltreich. Die einzige Bedingung dafür, dass den Frommen all dies zuteil wird, ist die Befolgung der „Gebote und Rechte“, und diese befehlen in erster Linie die Vernichtung anderer. Die einzige Schuld, welche die Frommen auf sich laden können, ist die Nichtbefolgung dieser Gesetze. Intoleranz gegenüber anderen gilt als Gehorsam gegen Jahwe, Toleranz als Ungehorsam und somit als Sünde. Die Strafen für diese Sünde sind rein diesseitig und ereilen den Leib, nicht die Seele. Wenn von den Frommen moralisches Verhalten verlangt wird, dann einzig und allein gegenüber ihren Glaubensgenossen; für „Fremdlinge“ gelten die moralischen Gebote nicht.
Diese singuläre Form des Nationalismus wurde den Judäern erstmals im Deuteronomium als Jahwes „Gesetz“ schmackhaft gemacht, das dieser Mose wortwörtlich offenbart habe. Die Vorstellung der Weltherrschaft durch Vernichtung wird im zweiten Kapitel des Deuteronomium in Form jener Ansprachen eingeführt, von denen Dr. Kastein schreibt, Mose habe sie „unmittelbar vor seinem Tode jenseits des Jordan gehalten“:
„Und der Herr sprach zu mir: [...] Von heute an will ich Furcht und Schrecken vor dir auf alle Völker unter dem ganzen Himmel legen, damit, wenn sie von dir hören, ihnen bange und weh werden soll vor deinem Kommen.“ (5. Mose 2; 1, 25.)
Zum Beweis dafür, dass Jahwe es ernst meint, wird sogleich das Schicksal zweier Völker geschildert. Der König von Sihon „zog aus uns entgegen mit seinem ganzen Kriegsvolk zum Kampf nach Jahza. Aber der HERR, unser Gott, gab ihn vor unseren Augen dahin, dass wir ihn schlugen mit seinen Söhnen und seinem ganzen Kriegsvolk. Da nahmen wir zu der Zeit alle seine Städte ein, an Männern, Frauen und Kindern, und liessen niemand übrigbleiben. Nur das Vieh raubten wir für uns und die Beute aus den Städten, die wir eingenommen hatten.“ (5. Mose 2; 32-35.) Genau gleich erging es darauf dem König von Basa. Dass die Sieger niemanden übrigbleiben lassen, ist ein regelmässig wiederkehrendes Leitmotiv derartiger Schilderungen.
Auf diese ersten Beispiele der Macht Jahwes, die Heiden mit Stumpf und Stiel auszurotten, folgt die später oft wiederholte Warnung, er werde sein auserwähltes Volk bestrafen, indem er es unter die Ungläubigen zerstreue, falls es seine „Gebote und Rechte“ missachte. Bald darauf folgen die zehn Gebote, doch deren Gültigkeit wird sofort durch eine Flut jener Befehle ausser Kraft gesetzt, welche die Ausrottung ganzer Volksstämme gebieten:
„Wenn dich der HERR, dein Gott, ins Land bringt, in das du kommen wirst, es einzunehmen, und er ausrottet viele Völker vor dir her, die Hethiter, Girgasiter, Amoriter, Kaaaniter, Perisiter, Hewiter und Jebusiter, sieben Völker, die grösser und stärker sind als du, und wenn sie der HERR, dein Gott, vor dir dahingibt, dass du sie schlägst, so sollst du an ihnen den Bann vollstrecken. Du sollst keinen Bund mit ihnen schliessen und keine Gnade gegen sie üben, und sollst dich nicht mit ihnen verschwägern; eure Töchter sollt ihr nicht geben euren Söhnen, und ihre Töchter nicht nehmen für eure Söhne. Denn sie werden eure Söhne mir abtrünnig machen, dass sie anderen Göttern dienen; so wird dann des HERRN Zorn entbrennen über euch und euch bald vertilgen. Sondern so sollt ihr mit ihnen tun: Ihre Altäre sollt ihr einreissen, ihre Steinmale zerbrechen, ihre heiligen Pfähle abhauen und ihre Götzenbilder mit Feuer verbrennen. [...]Lass dir nicht grauen vor ihnen; denn der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, der grosse und schreckliche Gott. Er, der HERR, dein Gott, wird diese Leute ausrotten vor dir, einzeln nacheinander. Du kannst sie nicht auf einmal vertilgen, damit sich nicht die wilden Tiere wider dich vermehren. Der HERR, dein Gott, wird sie vor dir dahingeben und wird eine grosse Verwirrung über sie bringen, bis er sie vertilgt hat, und wird ihre Könige in deine Hände geben, und du sollst ihren Namen auslöschen unter dem Himmel. Es wird dir niemand widerstehen, bis du sie vertilgt hast.“ (5. Mose 7; 1-5,21-24.)
Im 20. Jahrhundert massen die Nationen des Abendlandes diesen Aufrufen zu Mord und Vernichtung keine Bedeutung mehr bei, doch die direkt davon betroffenen Völker dachten anders. So flohen die arabischen Einwohner Palästinas nach dem Massaker von Deir Yassein in hellen Scharen aus ihrer Heimat, weil jedermann wusste, welches Signal ihnen die Mörder mit dieser Tat übermittelt hatten: Wenn sie zurückblieben, würden auch sie „ausgerottet“, „vertilgt“ und „ausgelöscht“ werden.
Sie wussten, dass die Zionistenführer im Laufe ihrer Verhandlungen mit britischen und amerikanischen Politikern unmissverständlich klargestellt hatten, dass sie die Bibel als „ihr Mandat“ betrachteten (Dr. Chaim Weizmann), und dass dies eine Anspielung auf jene Stellen im Alten Testament war, in denen anderen Volksstämmen die Vernichtung angedroht wird, mochten die westlichen Politiker dies auch nicht wahrhaben wollen. Sie wussten, dass der Westen die Eindringlinge unterstützt hatte und auch weiterhin unterstützen würde und dass ihre einzige Hoffnung auf Überleben in der Flucht lag. Die im Jahre 1948 verübte Schlächterei von Deir Yassein war nichts weiter als die wortwörtliche Befolgung jener „Gebote und Rechte“, die im siebten Kapitel jenes Gesetzeskodexes stehen, welchen die Leviten vervollständigt und im Jahre 621 v. Chr. vor dem Volk verlesen hatten.
Mose zählt die „Gebote und Rechte“ auf, die sein Volk zu erfüllen hat:
„Zerstört die heiligen Stätten, wo die Heiden, die ihr vertreiben werdet, ihren Göttern gedient haben, es sei auf hohen Bergen, auf Hügeln oder unter grünen Bäumen, und reisst um ihre Altäre und zerbrechet ihre Steinmale und verbrennt mit Feuer ihre heiligen Pfähle, zerschlagt die Bilder ihrer Götzen und vertilgt ihren Namen von jener Stätte. [...] Wenn der HERR, dein Gott, vor dir her die Völker ausrottet, zu denen du kommst, ihr Land einzunehmen, und du es eingenommen hast und darin wohnst, so hüte dich, dass du dich nicht verführen lässt, es ihnen nachzutun, nachdem sie vertilgt sind vor dir, und dass du nicht fragst nach ihren Göttern. (5. Mose 2-3; 29-30.)
Das Gesetz auferlegt den Gläubigen also, andere Religionen mitsamt ihren Heiligtümern zu vernichten. Hatte es sich ursprünglich unterschiedslos gegen alle nichtjüdischen Glaubensbekenntnisse gerichtet, so erhielt es viele Jahrhunderte später, nach dem Entstehen des Christentums und der massenhaften Einwanderung von Juden in christliche Länder, eine spezifisch antichristliche Stossrichtung. Die zu neun Zehnteln dem Ostjudentum entstammten bolschewistischen Führer befolgten den im Deuteronomium erlassenen Befehl, die Altäre der Nichtjuden umzureissen, ihre Steinmale zu zerbrechen und die Bilder ihrer „Götzen“ zu zerschlagen, indem sie russische Kathedralen sprengten.
Die Inquisition zur Aufspürung von Häretikern sowie das Denunziantentum sind Erscheinungen, die das Abendland in seinen rückständigen Perioden gekannt, in seinen aufgeklärten jedoch verworfen hat. Auch diese Phänomene dürften auf das Deuteronomium zurückgehen, es lasse sich eine frühere Quelle ausfindig zu machen. Im dreizehnten Kapitel des Deuteronomium heisst es:
„Wenn ein Prophet oder Träumer unter euch aufsteht und dir ein Zeichen oder Wunder ankündigt und das Zeichen oder Wunder trifft ein, von dem er dir gesagt hat, und er spricht: Lasst uns anderen Göttern folgen, die ihr nicht kennt, und ihnen dienen, so sollst du nicht gehorchen den Worten eines solchen Propheten oder Träumers; denn der HERR, euer Gott, versucht euch, um zu erfahren, ob ihr ihn von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebhabt. [...] Der Prophet aber oder der Träumer soll sterben, weil er euch gelehrt hat, abzufallen von dem HERRN, eurem Gott... [...] Wenn dich dein Bruder, deiner Mutter Sohn, oder dein Sohn oder deine Tochter oder deine Frau in deinen Armen oder dein Freund, der dir so lieb ist wie dein Leben, heimlich überreden würde und sagen: Lasst uns hingehen und anderen Göttern dienen... [...] so willige nicht ein und gehorche ihm nicht. Auch soll dein Auge ihn nicht schonen, und du sollst dich seiner nicht erbarmen und seine Schuld nicht verheimlichen, sondern sollst ihn zu Tode bringen. Deine Hand soll die erste wider ihn sein, ihn zu töten, und danach die Hand des ganzen Volks. Man soll ihn zu Tode steinigen, denn er hat dich abbringen wollen von dem HERRN, deinem Gott, der dich aus Aegypenland, aus der Knechtschaft, geführt hat, auf dass ganz Israel aufhorche und sich fürchte und man nicht mehr solch Böses tute unter euch.“ (5. Mose 13; 2-12.)
Das Verzeigen von Verwandten, die der Ketzerei verdächtigt werden, ist also Gesetz. Dieser terroristische Grundsatz wurde in Russland 1917 von den Bolschewisten eingeführt. Die christliche Welt bekundete damals ihren Abscheu vor solch barbarischen Praktiken, doch die ideologische Grundlage letzterer wird im Deuteronomium unmissverständlich formuliert: Verwandte und Freunde, die einen Angehörigen des auserwählten Volkes dazu verführen wollen, „anderen Göttern zu dienen“, sind zu verzeigen und zu steinigen.
Bezeichnenderweise heisst es im Deuteronomium, die Hand des Verwandten oder Freundes solle „die erste wider ihn sein“, und erst anschliessend solle „das ganze Volk“ seine Hand gegen den Frevler erheben. Dieses „Gebot“ wird noch in unseren Tagen befolgt, soweit es die örtlichen Umstände zulassen. Natürlich kann man Abtrünnige in einer nichtjüdischen Gesellschaft nicht öffentlich steinigen, denn nach dem Gesetz des „Fremdlings“ wäre dies ja Mord.
Deshalb tritt an die Stelle der Todesstrafe eine Zeremonie, bei welcher der Ketzer formell für tot erklärt und betrauert wird. In seinem 1955 erschienenen Buch All the Doors were opened hat Dr. John Goldstein sowohl diese symbolischen Riten als auch einen darauf folgenden Versuch beschrieben, die Todesstrafe tatsächlich zu vollziehen. Dies war im Lauf der Jahrhunderte in geschlossenen jüdischen Gemeinden, wo das Gesetz des „Fremdlings“ nicht hinreichte, oftmals der Fall.
Das Gesetz verlangt die Ausrottung der Einwohnerschaft ganzer Städte, wenn diese der Apostasie für schuldig befunden worden ist: „Wenn du von irgendeiner Stadt, die dir der HERR, dein Gott, gegeben hat, darin zu wohnen, sagen hörst: Es sind etliche heillose Leute aufgetreten aus deiner Mitte und haben die Bürger ihrer Stadt verführt und gesagt: Lasst uns hingehen und anden Göttern dienen, die ihr nicht kennt, so sollst du gründlich suchen, forschen und fragen. Und wenn sich findet, dass es gewiss ist, dass solch ein Greuel unter euch geschehen ist, so sollst du die Bürger dieser Stadt erschlagen mit der Schärfe des Schwerts und an ihr den Bann vollstrecken, an allem, was darin ist, auch an ihrem Vieh, mit der Schärfe des Schwerts. Und alles, was in ihr erbeutet wird, sollst du sammeln mitten auf dem Marktplatz und mit Feuer verbrennen die Stadt und all ihre Beute als ein Ganzopfer für den HERRN, deinen Gott, dass sie in Trümmern liege für immer und nie wieder aufgebaut werde.“ (5. Mose 13; 13-17.)
Bezüglich des Vernichtens unterscheidet das Deuteronomium zwischen nahen (d.h. in Kanaan gelegenen) und fernen Städten. Wenn eine „ferne“ Stadt erobert worden ist, gilt: „Und wenn sie der HERR, dein Gott, dir in die Hand gibt, so sollst du alles, was männlich darin ist, mit der Schärfe des Schwerts erschlagen. Nur die Frauen, die Kinder und das Vieh und alles, was in der Stadt ist, und alle Beute sollst du unter dir austeilen und sollst essen von der Beute deiner Feinde, die dir der HERR, dein Gott, gegeben hat.“ (5. Mose 20; 13-15.) Das die Frauen der eroberten Städte als Beute in den Besitz des „Gottesvolkes“ übergehen sollen, ist ein mehrfach wiederkehrendes Thema; so heisst es in 5. Mose 21; 10-14, wenn ein Jude unter den Gefangenen „ein schönes Mädchen“ sehe, dürfe er sie in sein Haus führen, doch wenn er keinen Gefallen mehr an ihr finde, solle er sie wieder gehen lassen.
Anders verhält es sich bei einer „nahen“ Stadt; diese verfällt laut dem Gesetz der vollständigen Vernichtung: „Aber in den Städten dieser Völker hier, die dir der HERR, dein Gott, zum Erben geben will, sollst du nichts leben lassen, was Odem hat, sondern sollst an ihnen den Bann vollstrecken.“ (5. Mose 20; 16-17.) Diese Stelle liefert abermals eine Erklärung für die Massenflucht der palästinensischen Araber nach Deir Yassein, dessen Bevölkerung restlos abgeschlachtet worden war. Somit wurde ein Gesetz aus dem Jahre 621 v. Chr. im Jahre 1948 n. Chr. wortwörtlich befolgt, und die geballte Macht des Westens stand hinter der Erfüllung dieses Gesetzes, das die völlige Vernichtung der Besiegten vorsah.
Im vierzehnten Kapitel des Deuteronomium lesen wir: „... du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott, und der HERR hat dich erwählt, dass du sein Eigentum seist, aus allen Völkern, die auf der Erde sind.“ (5. Mose 14; 2.) Der Genuss von Aas ist den Juden verboten, aber: „Dem Fremdling in deiner Stadt darfst du's geben, dass er's esse oder dass er's verkaufe einem Ausländer, denn du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott.“ Alle sieben Jahre sollen die Kinder Israels „ein Erlassjahr halten“, von dem Fremdlinge allerdings nicht profitieren: „Wenn einer seinem Nächsten etwas geborgt hat, der soll's ihm erlassen und soll's nicht eintreiben von seinem Nächsten oder von seinem Bruder; denn man hat ein Erlassjahr ausgerufen dem HERRN. Von einem Ausländer darfst du es eintreiben; aber dem, der dein Bruder ist, sollst du es erlassen.“ (5. Mose 15; 2-3.)
Gewiss, im zehnten Kapitel des Deuteronomium heisst es, die Juden müssten „auch die Fremdlinge lieben; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Aegyptenland“ (5. Mose 10; 19). Dieser Satz wirkt in diesem Zusammenhang jedoch wie ein Fremdkörper und wird in Kapitel 23 durch folgende, uns bereits vertraut anmutende Ermahnung wieder aufgehoben: „Du sollst von deinem Bruder nicht Zinsen nehmen, weder für Geld noch für Speise noch für alles, wofür man Zinsen nehmen kann. Von dem Ausländer darfst du Zinsen nehmen, aber nicht von deinem Bruder...“ (5. Mose 23; 20-21.) – Einem noch krasseren Beispiel für diese unterschiedliche Behandlung des Volksgenossen und des Fremden werden wir im Buch Hesekiel begegnen.
Das Deuteronomium endet mit einer langen, beschwörenden Litanei von Segnungen und Flüchen. Vor seinem Tod mahnt Mose das Volk einmal mehr, zwischen beiden zu wählen, und beide werden in grosser Ausführlichkeit geschildert.
Die Segnungen sind durchwegs rein materieller Art: Wohlstand durch die Mehrung von Familie, Ertrag und Besitz, den Sieg über die Feinde und die Herrschaft über die Welt. „Wenn du nun der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorchen wirst, dass du hältst und tust alle seine Gebote, die ich dir heute gebiete, so wird dich der HERR, dein Gott, zum höchsten über alle Völker auf Erden machen, und weil du der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorsam gewesen bist, werden über dich kommen und dir zuteil werden alle diese Segnungen. [...] Und du wirst vielen Völkern leihen, aber von niemandem borgen. Und der HERR wird dich zum Kopf machen und nicht zum Schwanz, und du wirst immer aufwärts steigen und nicht heruntersinken...“ (5. Mose 28; 1, 13.)
Die Segnungen umfassen dreizehn Verse, die Flüche fünfzig bis sechzig. Die Gottheit, in deren Namen diese Flüche ausgesprochen werden, ist eindeutig imstande, Böses zu tun, was in einem späteren Buch des Alten Testments, Hesekiel, denn auch ausdrücklich betont wird.
Die jüdische Religion fusst letztlich auf Furcht und Schrecken, und die Liste der Flüche im 28. Kapitel des fünften Mosesbuches zeigt die Bedeutung, welche die Priesterschaft der (bei orthodoxen Juden heute noch lebendigen) Praxis des Verfluchens beimass. Es sei in Erinnerung gerufen, dass diese Flüche nicht etwa eine Strafe für unmoralisches Verhalten, sondern eine für Nichtbefolgung des Gesetzes darsellen: „Wenn du du aber nicht gehorchen wirst der Stimme des HERRN, deines Gottes, und wirst nicht halten und tun all seine Gebote und Rechte, die ich dir heute gebiete, so werden all diese Flüche über dich kommen und dich treffen: Verflucht wirst du sein in der Stadt, verflucht wirst du sein auf dem Acker. Verflucht wird sein dein Korb und dein Backtrog. Verflucht wird sein die Frucht deines Leibes, der Ertrag deines Ackers, das Jungvieh deiner Rinder und Schafe. Verflucht wirst du sein bei deinem Eingang und verflucht bei deinem Ausgang.“ (5. Mose 28; 15-19.)
Pest, Auszehrung, Entzündung Getreidebrand, Dürre, Aussatz, Pocken, Grind, Krätze, Blindheit und Wahnsinn sind die angedrohten Strafen für Ungehorsam gegenüber dem Gesetz. „Mit einem Mädchen wirst du dich verloben, aber ein anderer wird es nehmen. [...] Deine Söhne und deine Töchter werden einem andern Volk gegeben werden, dass deine Augen zusehen müssen und täglich vor Verlangen nach ihnen vergehen, und in deinen Händen wird keine Kraft mehr sein. [...] Ein Mann unter euch, der zuvor verwöhnt und in Üppigkeit gelebt hat, wird seinem Bruder und der Frau in seinen Armen und dem Sohn, der noch übrig ist von seinen Söhnen, nichts gönnen von dem Fleisch seiner Söhne, das er isst, weil ihm nichts übriggeblieben ist von allem Gut in der Angst und Not, mit der dich dein Feind bedrängen wird in allen deinen Städten.“ (5. Mose 28; 30, 32, 54-55.)
Diese fürchterlichen Drohungen waren in dem grossen Bannfluch enthalten, der bis in die Neuzeit gegen Abtrünnige ausgesprochen wurde, und sind in den Hochburgen des talmudischen Judentums vermutlich heute noch gang und gäbe.
Die erwähnten Katastrophen und Seuchen, warnt Mose, würden das Volk heimsuchen, „wenn du nicht darauf hältst, dass du alle Worte dieses Gesetzes tust, die in diesem Buch geschrieben sind, und nicht fürchtest den herrlichen und heiligen Namen, den HERRN, deinen Gott. (5. Mose 28; 58.) „Ich nehme Himmel und Erde heute über euch zu Zeugen: Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, damit du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen, indem ihr den HERRN, euren Gott, liebt und seiner Stimme gehorcht und ihm anhanget.“ (5. Mose 30; 19, 20.)
Dieser Art waren also die Verlockungen und Drohungen, mit denen die Judäer, die sich 621 v. Chr. im Tempel zu Jerusalem versammelt hatten, von ihrem Stammeshäuptling Josia, dem Sprecher der Priesterschaft, konfrontiert wurden. Laut diesem „Mosaischen Gesetz“ bestand der Zweck und Sinn ihres Lebens darin, andere Völker zu vernichten oder zu versklaven, damit sie sich ihres Eigentums bemächtigen und Macht ausüben konnten. Von jenem Augenblick an konnte sich Israel glücklich schätzen, für tot erklärt worden und von der Teilnahme an einer solchen Welt ausgeschlossen worden zu sein. Die Israeliten waren in den pulsierenden Blutstrom der Menschheit eingegangen, während die Judäer an dessen Ufern gestrandet waren und sich in den Klauen einer fanatischen Priesterschaft befanden, die ihnen unter Androhung all dieser Flüche befahlen, zu zerstören.
Das Entsetzen, das diese Flüche hervorriefen, wurde von den Leviten wie folgt gemildert: „Wenn nun dies alles über dich kommt, sei es der Segen oder der Fluch, die ich dir vorgelegt habe, und du es zu Herzen nimmst, wenn du unter den Heiden bist, unter die dich der HERR, dein Gott, verstossen hat, und du dich bekehrst zu dem HERRN, deinem Gott, dass du seiner Stimme gehorchst, du und deine Kinder, von ganzem Herzen und von ganzer Seele in allem, was ich dir heute gebiete, so wird der HERR, dein Gott, deine Gefangenschaft wenden und dich deiner erbarmen und wird dich wieder sammeln aus allen Völkern, unter die dich der HERR, dein Gott, verstreut hat. [...] Aber all diese Flüche wird der HERR, dein Gott, auf deine Feinde legen und auf die, die dich hassen und verfolgen.“ (5. Mose 30;1-3, 7.) Wenn Jahwe die Flüche auf die Feinde seines Volkes legt, dann nicht etwa, weil diese gesündigt hätten, sondern lediglich, um den Segen, der den begnadigten Judäern zuteil wird, noch zu mehren!
Dieser Satz enthüllt in aller Deutlichkeit, welchen Status das Deuteronomium für die Nichtjuden vorsieht. In letzter Konsequenz besitzen diese überhaupt kein Existenzrecht; wie könnten sie auch eines besitzen, wenn Jahwe „nur sein heiliges Volk kennt“? Dass die Nichtjuden vorderhand noch existieren dürfen, erklärt sich einzig und allein mit den Aufgaben, die ihnen in den zitierten Passagen des Deuteronomiums zugewiesen werden: Sie müssen die Judäer aufnehmen, wenn diese zur Strafe für ihre Nichtbefolgung des Gesetzes zerstreut werden, und später, wenn die Judäer ihre Sünden bereut und Vergebung erlangt haben, die von ihnen genommenen Flüche erben. Gewiss, die Verfluchung der Nichtjuden wird im letzten der zitierten Sätze damit begründet, dass sie Jahwes Volk „hassen und verfolgen“, doch wie kann man ihnen dies zur Last legen, wenn der Hass und die Verfolgung, unter denen die Judäer zu leiden haben, nichts weiter als die Konsequenz des Fluchs ist, den Jahwe über sie verhängt hat? Immerhin hat dieser selbst entschieden, sein Volk zu „zerstreuen unter alle Völker von einem Ende der Erde bis ans andere, und du wirst dort anderen Göttern dienen, die du nicht kennst noch deine Väter: Holz und Steinen. Dazu wirst du unter jenen Völkern keine Ruhe haben, und deine Füsse werden keine Ruhestatt finden.“ (5. Mose 28; 64-65.)
Im Deuteronomium finden wir auf Schritt und Tritt das, was George Orwell „Doppelsprech“ nennt: Der Herr hat sein auserkorenes Volk zur Strafe für seine Nichtbefolgung des Gesetzes heimatlos gemacht und unter die Heiden zerstreut. Diese tragen weder für die Zerstreuung noch für den Ungehorsam der Judäer auch nur die geringste Verantwortung, sind aber dennoch „Verfolger“ und müssen deshalb ausgerottet werden.
Wer sich diese und ähnliche Passagen zu Gemüte führt, vermag die jüdische Einstellung gegenüber dem Rest der Menschheit, der Schöpfung und dem Universum besser zu verstehen, insbesondere das Gejammer über die unaufhörliche Verfolgung der Juden, das sich wie ein roter Faden durch die gesamte jüdische Literatur zieht. Wer das Deuteronomium als sein Gesetz anerkennt, für den ist allein schon die Existenz anderer Völker Verfolgung; dies geht aus dem Text des fünften Buchs Mose klar hervor.
Die nationalistischsten und die aufgeklärtesten Juden sind sich in einem Punkt oft einig: Sie sind ausserstande, die Welt und das Weltgeschehen anders als von einem jüdischen Standpunkt aus zu betrachten, und aus dieser Warte scheint der „Fremdling“ unwichtig. Diese Denkstruktur ist das Erbe von fündundzwanzig Jahrhunderten jüdischen Glaubens; auch jene Juden, welche die Abartigkeit dieses Glaubens einsehen, vermögen es längst nicht immer, ihre Seele und ihren Geist vollständig von dem Dämon zu befreien.
Die letzte von uns angeführte Passage aus dem Deuteronomium zeigt, dass die herrschende Sekte die Zerstreuung des auserwählten Volkes zugleich als Folge einer Handlung Gottes und als Verfolgung seitens der Gastvölker deuten, wobei diese zur Strafe mit den ursprünglich gegen die Auserwählten selbst gerichteten Flüchen bedacht werden. Für dermassen egozentrisch denkende Menschen ist ein politisches Verbrechen, dem 95 Nichtjuden und 5 Juden zum Opfer fallen, bloss eine jüdische Katastrophe.
Dies ist noch nicht einmal bewusste Heuchelei. Im zwanzigsten Jahrhundert ist dieses Denkschema anderen Völkern aufgenötigt worden und findet auf alle grösseren Tragödien des Westens Anwendung. Somit leben wir in einem Jahrhundert des levitischen Betrugs.
Nachdem der Mose des Deuteronomium den Judäern in Aussicht gestellt hat, sämtliche Flüche würden auf die Nichtjuden abgewälzt, wenn die Judäer sich an all seine „Gebote und Rechte“ hielten, beglückt er sie zum Schloss noch mit einer neuen Verheissung: „Der HERR, dein Gott, wird selbst vor dir hergehen. Er selber wird diese Völker vor dir her vertilgen, damit du ihr Land einnehmen kannst.“ (5. Mose 31; 3.) Darauf segnet Mose im Lande Moab das Zeitliche. Das gelobte Land hat er noch gesehen, aber nicht betreten.
Im Mosaischen Gesetz nahm eine zerstörerische Idee Gestalt an, die sich viele Jahrhunderte später zur tödlichen Bedrohung für die christliche Zivilisation des Abendlandes entwickeln sollte. Während der christlichen Aera beschloss ein Rat von Theologen, das Alte und das Neue Testament sollten gemeinsam zu einem Buch gebunden werden. Sie galten als gleichberechtigt, als sei das Alte Testament der Stamm und das Neue die Blüte. Eine vor mir liegende Enzyklopädie vermeldet lakonisch, für die christlichen Kirchen sei das Alte Testament „ebenso göttlichen Ursprungs“ wie das Neue. Diese vorbehaltlose Akzeptanz, die wohlverstanden für das gesamte Alte Testament gilt, hat in den christlichen Kirchen sowie bei den christlichen Massen zweifellos viel Verwirrung angerichtet, weil das Dogma von der Gleichwertigkeit der beiden Testamente den Glauben an einander entgegengesetzte Dinge erfordert. Wie kann ein und derselbe Gott den Menschen in den Gesetzen, die er Mose offenbarte, einerseits befohlen haben, nicht zu töten und das Gut ihres Nachbarn nicht zu begehren, andererseits jedoch, eben diesen Nachbarn auszurauben und umzubringen? Wie kann man den liebenden Gott aller Menschen, den das Neue Testament lehrt, mit der rachsüchtigen und grausamen Gottheit des Deuteronomium gleichsetzen?
Wenn das Alte Testament einschliesslich der im vorhergehenden zitierten blutrünstigen Gesetze und Befehle jedoch tatsächlich „ebenso göttlichen Ursprungs“ ist wie das Neue, durfte sich der weisse Mann in der Tat darauf berufen, wenn er Dinge tat, die der christlichen Zivilisation zur Schande gereichten: Der Import afrikanischer Sklaven nach Amerika durch die britischen Siedler; die Behandlung der Indianer auf dem nordamerikanischen Kontinent; die harte Herrschaft der Buren über die Bantuvölker Südafrikas. Dann durfte der weisse Mann die Verantwortung für all dies mit Fug und Recht seinen christlichen Priestern oder Bischöfen anlasten, die ihm versichert hatten, das Alte Testament, in dem unzählige Male befohlen wird, zu morden, zu knechten und zu plündern, sei „ebenso göttlichen Ursprungs“ wie das Neue. Kein christlicher Geistlicher, welcher desgleichen lehrt, darf sich schuldlos nennen. Der von Theologen getroffene Entscheid zur Verkündung dieses Dogmas hat über das Christentum und die kommenden Jahrhunderte den Schatten des Deuteronomium geworfen, so wie er auf die Judäer fiel, als es ihnen im Jahre 621 v. Chr. vorgelesen wurde.
Nur ein einziges andere Buch hat vergleichbare Wirkung auf den Geist der Menschen und künftiger Generationen ausgeübt wie das Deuteronomium, nämlich das Neue Testament. Man vereinfacht nur wenig, wenn man die gesamte Geschichte des Abendlandes, insbesondere jene unseres schicksalhaften zwanzigsten Jahrhunderts, als Kampf zwischen dem Gesetz Mose und dem Neuen Testament sowie zwischen den zwei Teilen der Menschheit auffasst, von denen der eine die Botschaft des Hasses und der andere die Botschaft der Liebe vertritt.
Mit dem Deuteronomium schlug zugleich die Geburtsstunde des Judentums. Wäre dessen Einfluss auf die Leviten und die von ihnen versklavten Judäer beschränkt geblieben, so wäre dies freilich eine Totgeburt gewesen, und die Menschheit hätte nie etwas vom Mosaischen Gesetz erfahren. Schliesslich waren die Judäer gering an Zahl, und selbst ein hundertfach stärkeres Volk hätte nie und nimmer hoffen dürfen, diese barbarische Doktrin der gesamten Welt mit roher Gewalt aufzunötigen. Der einzige Weg, auf dem das Mosaische Gesetz Macht und Einfluss gelangen konnte, bestand darin, in den folgenden Jahrhundert ein Element der Zerstörung in das Leben anderer Völker einzubringen, und dies war nur dann möglich, wenn ein mächtiger „Fremdling“ (welcher natürlich genau so verflucht wurde wie alle anderen „Fremdlinge“), ein starker König der „Heiden“ (dessen Endgeschick selbstverständlich die Vernichtung war), die Träger dieses Gesetzes mit seinen Waffen und seinen Schätzen unterstützte.
Genau dies geschah, als Josia dem Volk anno 621 v. Chr. das Zweite Gesetz vorlas, und genau dies sollte sich in späteren Jahrhunderten bis in unsere Tage regelmässig wiederholen. Mochte die Wahrscheinlichkeit, dass sich dergleichen ereignen würde, auch verschwindend gering sein, so lässt sich doch hieb- und stichfest nachweisen, dass es geschehen ist! Die Herrscher der „anderen Nationen“, die nach dem Gesetz Mose auszuplündern und auszurotten waren, nahmen die Anhänger dieses zerstörerischen Glaubens immer wieder unter ihre Fittiche, machten sich zu Schirmherren ihrer herrschenden Sekte und halfen dieser bei der Verwirklichung ihrer monströsen Ziele. Dies alles taten diese Herrscher auf Kosten ihrer eigenen Völker.
Um das Jahr 596 v. Chr. herum, also etwa zweieinhalb Jahrzehnte nach der Verlesung des Deuteronomium, wurde Juda von den Babyloniern erobert. Vor dem Hintergrund der damaligen bahnbrechenden Umwälzungen war dies nichts weiter als eine unbedeutende Episode, die jedoch den Schlussstrich unter das kurze judäische Experiment zu setzen schien. In der Tat sollte Juda niemals wieder als unabhängiger Staat existieren, und wären die Leviten, das Zweite Gesetz und die fremden Helfer nicht gewesen, so wären die Judäer wie vor ihnen die Israeliten in der Menschheit aufgegangen.
Doch es kam anders. Der Sieg Babylons war nicht der Endpunkt, sondern der Ausgangspunkt einer Entwicklung, deren Folgen für den Rest der Welt wahrhaftig ungeheuerlich sein sollten. Anstatt in Babylon in Vergessenheit zu geraten, wurde das Gesetz dort stärker, weil ihm erstmals ein fremder König seinen Schutz verlieh. Zum ersten Mal wurde die Idee von einem Staat im Staate, einer Nation in der Nation, in die Praxis umgesetzt, und die Judäer sammelten ihre erste Erfahrung darin, wie man durch Unterwanderung eines fremden Staates Macht gewinnt. Für die anderen Völker braute sich damals allerlei Unheil zusammen.
Zum unglücklichsten aller Völkern scheinen freilich die Judäer, oder Juden, selbst geworden zu sein. Der jüdische Schriftsteller Maurice Samuel, schrieb 1924 in seinem Buch You Gentiles: „Wir Juden, die Zerstörer, werden für immer Zerstörer bleiben... Nichts, was die Nichtjuden tun, wird unsere Bedürfnisse und Forderungen je zu befriedigen vermögen.“
Auf den ersten Blick wirkt dies wie frecher Hohn, doch wer den Streit um Zion gewissenhaft erforscht hat, hört hier eher einen Aufschrei der Hoffnungslosigkeit – den Aufschrei eines zutiefst unglücklichen Menschen, der spürt, dass er der gnadenlosen Lehre von der Zerstörung, die das Mosaische Gesetz predigt, nicht entrinnen kann.