„Wenn Wahlen etwas ändern könnten, würden sie verboten“ – Bertold Brecht

In dem Wort Demokratie steckt die Annahme verborgen, dass das Volk der eigentliche Staatssouverän wäre. Die heutige Demokratie hat aber eigentlich nur noch wenig mit solch einer Demokratie zu tun und ist eigentlich längst keine Interessenvertretung des Volkes mehr.
Der Bürger soll wählen, aber was ist da in Deutschland an wählbaren Parteien vorhanden? Neue Parteien und Parteien, die den etablierten Parteien nicht passen, werden von diesen politisch oder juristisch wegradiert oder von der kontrollierten Presse so madig gemacht, dass sie kaum eine Chance haben, die 5%-Hürde zu nehmen.

Auf europäischer Ebene sieht das sogar noch sehr viel schlimmer aus, da Länder wie Italien, Polen und Rumänien verlangen, dass erst einmal über 130.000 Unterschriften gesammelt werden, damit eine Partei zugelassen wird. Abgesehen davon sind europäische Parteien in allen Mitgliedstaaten verboten, was das Europaparlament in seiner Funktion zur Unwirksamkeit prädestiniert.[9]

Der Begriff der „Konsensgesellschaft“ spiegelt heute das politische Geschehen wieder und bedeutet die komplette Gleichschaltung aller Parteien mit den staatlichen Behörden, mit Presse und Rundfunk und allen gesellschaftlich relevanten Gruppen. Da bleibt kein Platz für Leute, die ihre politischen Rechte in Anspruch nehmen wollen. So sagte Helmut Kohl im Herbst 1999, dass er sich mit Franz Josef Strauß und Helmut Schmidt immer einig war, dass keine demokratisch legitimierten Parteien neben den etablierten geduldet werden könnten.

Vergleicht man die Wahlprogramme, so erkennt man einerseits Übereinstimmungen der Parteien untereinander und andererseits kaum Programme zu den Dingen, die die Bürger selbst für wichtige Themen halten würden. Oft werden die wichtigsten Themen in Absprache der Parteien bewusst aus dem Wahlkampf heraus gehalten. Zudem ist fraglich, ob ein Programm länger als bis einen Tag nach der Wahl hält, denn verantwortlich kann man eine Partei für die Nichteinhaltung ihres Verkaufsversprechen ja nicht machen, für die Parteien gilt nicht das Gesetz des unlauteren Wettbewerbs wie für die Produktwerbung. So kandidieren Parteien erst als Friedensparteien und votieren später für den Krieg.

Vor den Extremparteien links und rechts wird in Deutschland gewarnt. Sie würden die Verfassung abschaffen wollen. Sie werden vom Verfassungsschutz beobachtet und manche Politiker wollen ihr Verbot. Bei näherem Hinsehen ist allerdings festzustellen, dass es eigentlich die regierenden Parteien sind, die entgegen der Verfassung handeln: Schließlich haben die regierenden Parteien amerikanische Bomber von ihren Stützpunkten in Deutschland aus zum Überfall auf den Irak abfliegen lassen und damit entgegen der Verfassung einen Angriffskrieg unter­stützt, die regierenden Parteien lassen CIA-Teams mit ihren Flugzeugen in Deutschland landen und starten und helfen der US-Regierung beim Verschwindenlassen und Foltern von Menschen ohne öffentlichen Prozess, sie schränken die Meinungsfreiheit der Bürger ein und sie wollen auch das Versammlungsrecht einschränken, sie wollen die Bundeswehr im Innern einsetzen, entführte Flugzeuge abschießen dürfen und die Privatsphäre abschaffen, jeden Bürger total überwachen und prophylaktisch belauschen.

Und schaut man sich die Kandidaten in den Parteien an, so gibt es in jeder Partei welche, die man auf keinen Fall wählen würde, die aber mit gewählt werden, wenn man einer Partei seine Stimme gibt. So wählt der Bürger insgesamt meist die Partei, die er für das kleinste Übel hält – wenn er wählt. Die Parteien bestimmen, welcher Kandidat auf welchen Listenplatz kommt. Und wenn ein Kandidat einer Partei nicht mehr passt, wird er von der Liste entfernt, egal wie viele Stimmen er bekommen hat. Die Partei kassiert das Mandat.

Da wählt der Bürger eine Partei, weil er die andere Partei nicht will, und dann bilden beide zu seiner Überraschung am Ende eine Koalition und machen seinen Wunsch zunichte. Da kommt auf diesem Wege eine 5%-Partei an die Macht, und in wichtigen Politikbereichen passiert so, was eine Minderheit von 5% will, und der demokratische Wille von 95% wird ignoriert.

Das zeigte sich z.B. in Spanien am Beispiel des Irak-Krieges 2003. Entgegen des Willens von 91% der Bevölkerung stellte sich die spanische Regierung an die Seite des amerikanischen Präsidenten Bush. Dieser ignorierte auch die Proteste in hunderten amerikanischer Städte und hielt seine Reden lieber von den vom Staat bezahlten Soldaten, die auf Befehl jubelten. Erstaunlicherweise ergeben sich so in den Parlamenten oft ganz andere Mehrheitsverhältnisse als auf den Straßen. Erkennt man das, so versteht man, was Rudi Dutschke als Führer der Studentenbewegung in den 60-er-Jahren sagte: [10]

„Es gibt im deutschen Parlament keinen, ich wiederhole ‚keinen’, der die Interessen des deutschen Volkes vertritt!“

Ein Jahr nachdem Dutschke 1967 diese Ansicht öffentlich im Fernsehen vertreten hatte, wurde in Berlin ein Attentat auf ihn verübt.

Es ist bezeichnend für die heutigen Demokratien, dass völlig unglaubwürdige Statistiken vorgebracht werden, die sich überhaupt nicht in privaten Umfragen spiegeln. Erschreckend und gänzlich unakzeptabel ist es, wenn Politiker und Parlamentarier sich auch noch damit brüsten, eine Entscheidung durchgebracht zu haben, wie sie mit einer Volksentscheidung nie zustande gekommen wäre. Hier offenbart sich ein Regierungs­verständnis der heutigen Politik, wonach das Volk dumm sei und von einer klugen Regierung geführt werden müsse.

Auch die parlamentarischen Verfahrensweisen stärken nicht das Vertrauen in die Demokratie. Es heißt, die Abgeordneten seien nur ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich. Doch im Falle eines Falles geht der Fraktionszwang über alles, und wer da nicht mitzieht, ist nach der nächsten Wahl nicht mehr dabei. Erpressung ist demnach ein legitimes parlamentarisches Mittel, und das Grundgesetz zählt im Zweifelsfall nicht. Die Parteien setzen das Gewissen der Abgeordneten, dem sie laut Art. 38 des Grundgesetzes allein verpflichtet sind, nötigenfalls außer Kraft.

Und man glaube nicht, jeder Abgeordnete könnte so einfach im Bundestag eine Rede halten. Wer zu einem Thema reden darf, entscheidet ebenso die Fraktion.

Demokratie erscheint so heute nur als eine Methode, Menschenmassen ruhig zu stellen und ihnen die maßgebliche Beteiligung am politischen Geschehen vorzugaukeln. Und kaum einer Partei in Deutschland ist zuzutrauen, diesen Zustand zu ändern. Eine Partei wie die CDU, die einen Parlamentarier wie Hohmann ausschließt, schafft das sicherlich nicht. Eine Partei wie die FDP, die einen Parlamentarier wie Möllemann ausschließt, wohl ebenfalls nicht. Und eine Sozialpartei wie die SPD, die die unsozialsten Reformen in der Geschichte der Bundesrepublik voran bringt, sicher erst recht nicht.

Ein Umsehen in der Welt zeigt zudem, dass selbst der Abstimmungsprozess nicht immer ganz lupenrein ist. Das Abhängen und Überkleben von Wahlplakaten und das Sprengen und Stören fremder Wahlveranstaltungen erscheinen dabei nur die primitivsten Manöver sein. Bei der Wahl im Irak 2005 sollen laut dem ehemaligen Ministerpräsidenten Ijad Alawi ganze Lastwagenladungen voller Wahlurnen ausgetauscht worden sein,[2] und im Oktober 2008 ließ ein Mitarbeiter der Zentralen Wahlkommission in Deutschland verlauten, dass auch hier ganze versiegelte Wahl­urnen innerhalb von drei Minuten ausgetauscht werden könnten. In Venezuela offenbarte 2004 eine Analyse der Wahlen ein ganzes Spektrum an Täuschungsmanövern: mehrfaches Wählen, nicht eigenhändige Unterzeichnung, verschwundene Listen, Einbeziehung von Ausländern, Minderjährigen, Verstorbenen und Unterzeichnern die nicht im Wählerverzeichnis stehen, Diebstahl der Identität.[3] In Mexiko erbrachte eine stichprobenartige gerichtliche Überprüfung der Wahlen 2006, dass es bei fast 6.000 von 8.621 untersuchten Wahlurnen Anomalien gab,[4] was für breit angelegten Betrug spricht, und das, obwohl (oder weil) die USA zahlreiche Wahlhelfer und Wahlberater nach Mexiko entsandt hatten. Und wie ist es in den USA selbst? Clint Curtis, Chef-Programmierer der Firma Yang Enterprises Inc (YEI) in Florida, beschwörte im Dezember 2004 per eidesstattlicher Erklärung vor einem US-Untersuchungs­ausschuss, dass der US-Kongress­abgeordnete und das spätere Mitglied des Justizausschusses des Repräsentantenhauses Tom Feeney von der Firma YEI für die Wahlen in Florida in 2000 ein Programm für Touchscreen-Wahlcomputer wollte, welches Wahlergebnisse fälschen konnte ohne später entdeckbar zu sein. Technisch ist das jedoch unmöglich, denn anhand des Source-Codes kann ein Spezialist einen Betrug stets aufdecken. Curtis sagte Feeney darum, dass sowas nur möglich sei, soweit der uncompilierte Sourcecode verborgen bliebe.[5] Und genau das ist auch bis heute bei den US-Wahlcomputern der Fall: der Sourcecode gilt als Geheimsache.

In Deutschland wurden bei der Bundestagswahl 2005 in 2200 Wahlkreisen mit über 2 Mio Wählern zum Zählen der abgegebenen Stimmen Wahlcomputer des niederländischen Herstellers NEDAP verwendet, aber dessen Programme unterliegen ebenso der Geheimhaltung.[6] Anfang 2008 wies der Chaos Computer Club Hamburg auf die einfache Fälschbarkeit der mit dem Computer erhobenen Wahlergebnisse in Hessen und Niedersachsen hin, handelte sich dafür aber nur eine Anzeige wegen Verleumdung ein. Und was bedeutet es nun, wenn die Software zur Geheimsache erklärt wird und der Code nicht öffentlich inspiziert werden darf? - Das bedeutet dann, dass die regierenden Parteien auch in Zukunft stets die Wahlen gewinnen werden und keiner merken wird, dass eigentlich keine dieser Parteien wirklich gewählt wurde, und jeder wird fälschlich denken, die Mehrheit war wohl doch dumm genug dazu.

Schon bei Wahlen ohne Computer ist von Zählfehlern zu hören, weil da ein Wahlleiter meinte, ein Faxgerät würde von sich aus immer beide Seiten eines Papiers senden. Bei einer Wahl in Dachau bei München verschwanden 3.500 Wahlscheine und 404 davon tauchten in einem Altpapiercontainer auf dem städtischen Bauhof wieder auf. Anderenorts in Bayern wurden „Übungsunterlagen“ mitgezählt und Briefwahlscheine durch CSU-Stadträte manipuliert, bis eine Kommunalangestellte als Wahlfälscherin aufflog. In Neubrandenburg fand man bei einer Wahl einen Fehler von 7.500 Stimmen, und bei einer Wahl in Hamburg Anfang 2004 wurden 90% der Plakate der Schill-Partei von den Strassen entfernt, Stimmzettel mit schon gesetztem Kreuz für die CDU gefunden und insgesamt kamen über 100% an Stimmen zusammen.[7] Ja selbst im Bundesparlament nimmt man es bei den Abstimmungen nicht genau, wenn die grobe Richtung im Sinne der Regierung stimmt: Bei der Abstimmung über die Steuererhöhung im Mai 2006 wurde die Stimme des CDU-Abgeordneten Reinhard Göhner registriert, obwohl er sich abgemeldet hatte und bei der Abstimmung nicht dabei war. Die Stimme des CDU-Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme wurde dagegen nicht registriert, obwohl er dabei war. Eine Wiederholung der namentlichen Abstimmung hielt man jedoch für unnötig.[8] Diese zwei Stimmen mögen ja wirklich nicht über das Ergebnis entschieden haben. Und als ob solche Störungen bei Wahlen immer nur Randerscheinungen wären und nie die Spitze eines Eisbergs, so fehlen systematische Informationen über das Ausmaß von Wahlverfälschung, weil die Untersuchungen und Aufklärungen nie vollständig waren. Wenn man aber weiß, dass in Agentenschulen gelehrt wird, wie man Wahlen am besten fälscht (siehe später im Text), so sollte man bei dem leisesten Verdacht auf Wahlfälschung die Aufklärung der Verhältnisse mit einer ganz anderen Gründlichkeit betreiben und sehr viel schneller Neuwahlen anberaumen.

Der Wähler sollte eigentlich selbst zumindest prüfen können, ob seine Stimme korrekt an der richtigen Stelle angekommen ist und ob nicht Personen, Straßen oder ganze Orte einbezogen wurden, die es gar nicht gibt. Fälschungssichere durchnummerierte Wahlunterlagen, sichere Fingerabdruck­systeme mit Lebenderkennung und nachprüfbare, digitale Wahlsysteme mit offener Software würden dabei eine positive Rolle spielen. Es bedarf zudem einer politischen Landschaft, in der auch kleine Parteien eine faire Chance haben aufzuwachsen, ohne unterwandert und verbrämt zu werden. Kandidaten sollten nicht von den Parteien „oben“ vorgeschlagen werden sondern von den Wahlkreisen „unten“. Und am Ende sollte ein Parlamentarier seinem Wahlkreis und seinem Gewissen verantwortlich sein, anstatt einem Fraktionszwang gehorchen zu müssen.

[1]http://www.stern.de/politik/deutschland/?id=519510&nv=pr&pr=1 28.01.2004.
[2] Spiegel Online: Ex-Minister Alawi erhebt schwere Betrugsvorwürfe, 30.12.2005.
[3]http://www.netzwerk-venezuela.de/firmas/, 18.4.2004.
[4] Ralf Streck: Anzeichen für Wahlbetrug mehren sich. Telepolis, 14.08.2006.
[5] Anna Kühne: US-Wahlergebnisse 2000 nachweislich gefälscht. annakuehne.twoday.net, 02.02.2008.
[6] e-voting, Anfechtung der Bundestagswahl wegen Wahlcomputern, Heise-online, 14.11.2005.
[7] Spiegel Online: Rechenfehler, Peinliche Pannen bei der Hamburg-Wahl, 3.3.2004.
[8] Süddeutsche Zeitung: Panne bei Abstimmung über Steuerpaket, 27/28.5.2006, S.6.
[9]http://www.newropeans-magazine.org/, 19.3.2009.
[10] Ähnlich sagt er das im Ersten Deutschen Fernsehen am 3.12.1967 in der Sendung „Zu Protokoll“ im Abendprogramm. Siehe YouTube: Dutschke bei Gaus, 21.3.2008.

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