„Antisemitismus“ ist eine der meistgebrauchten, abgegriffensten und am wenigsten hinterfragten Totschlag Vokabeln im Repertoire staatlicher und nichtstaatlicher Moralinstanzen. Wer durch Medien und Justiz des Antisemitismus bezichtigt wurde, ist gesellschaftlich ein toter Mann. Es lohnt sich, dem Wort – und denen, die es verwenden – ein wenig auf die Finger zu sehen.
Zunächst setzt jeder Begrif, der mit „Anti-“ beginnt, einen positiven Gegenbegrif voraus: der „Antifaschismus“ den Faschismus, der „Antirassismus“ den Rassismus usw. Einen Semitismus als positiven Gegenbegriff zum Antisemitismus aber gibt es nicht. Man müsste denn schon den ungebräuchlichen „Philosemitismus“ bemühen, also die „Liebe zum Semitentum“.
Offenbar müssen wir dann klären, was „Semiten“ sind. Die Semiten sind eine weitverzweigte Rasse und Sprachgemeinschaft im vorderen Orient, die seit den Akkadern in Mesopotamien, im Nahen Osten und in Nordafrika eine Rolle spielt. Die Phönizier gehörten zu ihnen, die Karthager und, für uns besonders aktuell, die Araber, die später zu Trägern des Islam wurden. Außerdem gab es da eine kleine Volksgruppe, die sich seit Stammvater Abraham und Religionsstifter Moses als etwas Besonderes, nämlich als das „auserwählte Volk Gottes“ ansieht: die Israeliten, auch Hebräer oder Juden genannt. Diese Juden gingen später mit ihrer Widerborstigkeit den Römern so auf die Nerven, dass Kaiser Titus Jerusalem zerstören und den Tempel schleifen ließ. Ab da lebten die Juden zerstreut im ganzen Römischen Reich und dem angrenzenden Orient und widmeten sich gerne dem Handel und Wandel, insbesondere dem Handel mit Geld. Das machte sie bei ihren Wirtsvölkern manchmal unentbehrlich, vor allem aber unbeliebt. Was zu ihrer Unbeliebtheit erheblich beitrug, war ihr exklusiver Monotheismus, die Theorie nämlich, ihr Gott sei der einzige und der einzig richtige – eine Theorie, die, etwas abgeändert, auch von Christentum und Islam übernommen wurde.
Man könnte also – angesichts der semitischen Juden, Judenchristen und Moslems – von einem typisch semitischen Monotheismus sprechen. Dann wäre „Antisemitismus“ gleichbedeutend mit heidnischem Polytheismus. Oder aber „Antisemitismus“ wäre nicht religionsphilosophisch, sondern biologisch zu verstehen und würde die Ablehnung der Semiten als Rasse beinhalten. Beides trifft aber nicht zu: der Begriff bedeutet ausschließlich Antijudaismus und beansprucht damit das Semitentum allein für die Juden – was aus einem doppelten Grunde erstaunlich ist: erstens gibt es wesentlich mehr Araber als Juden, und zweitens stammt der größere Teil der heutigen Juden gar nicht vom antiken Volk Israel ab, sondern von den im 9. Jh. zum Judentum übergetretenen Chasaren, einem Turkvolk zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. Kurz: Die meisten Juden sind keine Semiten, und die meisten Semiten sind keine Juden. Nimmt man noch hinzu, dass während der muselmanischen Eroberung des Nahen Ostens (ab dem 7./8. Jh.) viele der in Palästina verbliebenen Juden zum Islam übergetreten sind, so wird der Begrif des „Antisemitismus“ geradezu zynisch: Die 1948 vertriebenen Palästinenser, so weit sie nicht arabische Semiten sind, stammen von jüdischen Semiten ab, während die jüdischen Neuankömmlinge vielfach nichtsemitische Chasaren waren.
Was der Begriff „Antisemitismus“ als Argument schließlich in wissenschaftlichen Debatten zu suchen hat, die sich mit der Revision der Zeitgeschichte beschäftigen, bleibt vollends schleierhaft. Wenn man den Medien, Politikern und Richtern glaubt, dann muss es so etwas wie „antisemitische“ historisch-archäologische Fakten geben, die auszusprechen oder zu publizieren verboten sind, auch wenn sie weder vor Gericht noch sonstwo widerlegt werden. Seltsame Blüten treibt die Demokratie...