Kapitel 29
Der Ehrgeiz des Oberst House
Während Arthur Balfour und die verschworene Gemeinschaft, mit der er zwecks Verwirklichung seiner geheimen Pläne zusammenarbeitete, nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in England immer mehr an Einfluss gewannen, machte in den Vereinigten Staaten von Amerika eine ähnliche Gruppe von Männern mobil. Die von ihnen geschaffene politische Maschinerie triumphierte Jahrzehnte später, als in Palästina unter der Ägide Präsident Trumans tatsächlich ein zionistischer Staat gegründet wurde, auf der ganzen Linie.
Um 1900 herum hingen die Bürger der USA immer noch ihrem "amerikanischen Traum“ an, und die Vermeidung jeglicher Verstrickung in fremde Konflikte war ein zentraler Bestandteil davon. Allerdings war Amerika mit seinem Angriff auf die Spanier in Kuba bereits von der Doktrin der Nichteinmischung abgerückt; die mysteriösen Hintergründe jenes kurzen Krieges beschäftigen die Forscher weiterhin. Die amerikanische Öffentlichkeit wurde damals durch die bewährten Techniken der Propaganda in einen wilden Kriegsrausch versetzt, indem man ihr weismachte, das US-Schiff Maine sei im Hafen von Havanna durch eine spanische Mine versenkt worden. Als das Wrack viele Jahre später geborgen wurde, stellte sich heraus, dass das Schiff infolge einer inneren Explosion gesunken war, doch bis dann hatte der "Mob" sein Interesse an dieser Angelegenheit längst verloren.
Die Folge des spanisch-amerikanischen Krieges war, dass sich die USA auch weiterhin immer wieder in fremde Händel einmischten. Dies verlieh der Frage, wer in Washington regierte, erhöhte Wichtigkeit: Schließlich entschied die amerikanische Regierung darüber, welche fremden Konflikte ihr Land etwas angingen und welche nicht. Um diese Frage schlüssig zu beantworten, muss man in der Geschichte noch weiter zurückgehen, nämlich in die Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges (1861-1865). Ohne dass sich die kämpfenden Parteien (die Nordstaaten und die Südstaaten) dessen bewusst waren, beeinflusste der Ausgang jenes Krieges erstens die künftige ethnische Zusammensetzung der amerikanischen Bevölkerung und zweitens den Charakter der amerikanischen Regierung in entscheidendem Masse.
Vor dem Bürgerkrieg bestand die Bevölkerung der Vereinigten Staaten größtenteils aus Menschen irischer, schottischer, englischer, deutscher und skandinavischer Herkunft; aus diesem Gemisch nordeuropäischer Völkerschaften entstand ein neuer, unverwechselbarer Menschentyp, der „Amerikaner“. Als direkte Folge des Bürgerkrieges wurden die Schleusen für Einwanderer aus verschiedenen anderen Teilen der Welt immer weiter geöffnet, und die USA erwarben Millionen neuer Bürger aus Ost- und Südeuropa, darunter eine große Anzahl von Juden aus den talmudistisch beherrschten Gebieten Russlands sowie dem zu Russland gehörenden Teil Polens. In ihrer alten Heimat hatte das Rabbinat der Assimilation dieser Juden einen Riegel vorgeschoben, und daran änderte sich auch auf amerikanischem Boden kaum etwas. Unter diesen Umständen stellte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Frage, welche Rolle die jüdischen Führer in der amerikanischen Politik im Allgemeinen und der amerikanischen Außenpolitik im Besonderen spielen würden. Die spätere Entwicklung hat den Beweis dafür erbracht, dass die östliche Verschwörung in ihren beiden Formen, der kommunistischen und der zionistischen, die Vereinigten Staaten mit der jüdischen Masseneinwanderung erreichte. Um 1900 herum begannen die Juden hinter den Kulissen immer größere politische Macht an sich zu reißen, die das Schicksal der Nation in den kommenden fünf Jahrzehnten in steigendem Maß bestimmte.
Der Mann, der dieser Entwicklung Tür und Tor öffnete, hieß Edward Mandell House (obwohl er nie bei den Streitkräften gedient hatte, nannte man ihn meist „Oberst House“). In seinen Adern floss vorwiegend holländisches und englisches Blut; er stammte aus dem Süden des Landes und wuchs während der spannungsgeladenen „Periode des Wiederaufbaus“, die auf den Bürgerkrieg folgte, in Texas auf.
Edward House war eine markante Persönlichkeit. Wie andere Kenner den Geschmack einer seltenen Brandysorte genießen, genoss er es, insgeheim durch Strohmänner Macht auszuüben, und vertraute dies seinem Tagebuch offen an. Charles Seymour, der 1926 die Private Papers of Colonel House („Privaten Unterlagen von Oberst House“) herausgab, berichtet, der Oberst habe das Rampenlicht der Öffentlichkeit gescheut, und zwar „ aufgrund seines sardonischen Humors; der durch die Vorstellung angestachelt wurde, dass er, der er weder sonderlich reich war noch ein öffentliches Amt bekleidete, unsichtbar und ohne dass es jemand ahnte, allein durch die Macht seiner Persönlichkeit und seines scharfen Verstandes, den Lauf der Geschichte in eine neue Bahn lenkte". Nur wenige Männer haben je so viel Macht ausgeübt, ohne sich vor irgendjemandem verantworten zu müssen. „Für jemanden, der keinerlei Verantwortung trägt, ist es sehr leicht, bei einer Zigarre und einem Glas Wein darüber nachzudenken, was man am besten tun soll“, konstatierte House selbst.
Seymours Formulierung, wonach House „den Lauf der Geschichte in eine neue Bahn lenkte“, ist zutreffend: House trug entscheidend dazu bei, die amerikanische Außenpolitik vor den Karren des Zionismus, der Weltrevolution und der Bestrebungen zur Schaffung einer Weltregierung zu spannen. Dass er hinter den Kulissen enorme Macht ausübte, lässt sich ohne weiteres nachweisen; nicht so leicht beantworten lässt sich hingegen die Frage, welche Motive ihn dazu bewogen, in diesem Sinne zu wirken, denn was er in seinem Tagebuch und seinem Roman Philip Dru: Administrator hierzu schreibt, ist dermaßen wirr und widersprüchlich, dass man sich daraus kaum einen Reim machen kann.
Seine ungeheuer umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen (die „Privaten Unterlagen“) vermitteln genauen Aufschluss darüber, wie House vorging, liefern aber keinen Hinweis darauf, was er letzten Endes wollte, oder ob er überhaupt wusste, was er wollte. Sein Roman strotzt vor primitiver Demagogie und enthält kaum einen ausgereiften Gedanken. Schon der großsprecherische Text auf dem Umschlag spricht Bände: "Dieses Buch ist den vielen Unglücklichen gewidmet, die zeit ihres Lebens nie eine Chance hatten, weil der Aufbau der Gesellschaft weltweit von Anfang an falsch angepackt wurde.“ Offenbar hielt Herr House, der sich selbst als religiösen Menschen betrachtete, nicht allzu viel von den schöpferischen Fähigkeiten dessen, der Himmel und Erde schuf...
Sucht man nach dem Ursprung der politischen Ideen des Oberst House (die anfangs identisch mit dem Kommunismus waren, später jedoch moderater wurden), so muss man sich mit dem einen oder anderen aufschlussreichen Indiz zufriedengeben. Sein Herausgeber hat in seinen frühen Schriften eine Notiz aufgestöbert, „die an Louis Blanc und die Revolutionäre von 1848 gemahnt“. Wie dem Leser noch erinnerlich sein dürfte, war Louis Blanc ein französischer Revolutionär, von dem es 1848 für kurze Zeit so aussah, als werde er dieselbe Rolle spielen wie später Lenin; er berief einen Kongress der Arbeiterräte ein, die den Sowjets von 1917 als Vorbild dienten.
Bei einem Texaner des späten 19. Jahrhunderts muten dergleichen Vorstellungen ebenso absonderlich ein wie buddhistisches Gedankengut bei einem Eskimo. Tatsache ist jedoch, dass Edward House schon in seiner Jugend solchen Ideen anhing; offenbar hatte sie ihm jemand eingeimpft. Sein mittlerer Name, Mandell, war laut seinem Biographen Arthur D. Howden "der eines jüdischen Händlers in Houston, der zu den engsten Freunden seines Vaters gehörte; dass Vater House seinem Sohn einen jüdischen Namen gab, bezeugt seine positive Einstellung gegenüber dieser Rasse.“ In Edward Houses Roman entsagt der Held allem Luxus und bezieht ein einfaches Zimmer in der East Side von New York. Sein Zimmergefährte ist ein polnischer Jude, der nach antijüdischen Ausschreitungen in Warschau nach Amerika ausgewandert ist; den Anstoß zu den Unruhen gab die Ermordung des Sohns eines hohen Regierungsbeamten „durch einen jungen Juden, der auf unerträgliche Weise schikaniert wurde“. Houses späterer Schwager und Berater war der Jude Dr. Sidney Mezes, Mitbegründer der Leage to Enforce Peace (Liga zur Erzwingung des Friedens), eine der ersten Organisationen, die sich in unserem Jahrhundert die Schaffung einer Weltregierung zum Ziel setzten.
Dies ist so gut wie alles, was sich über die geistige Atmosphäre in Erfahrung bringen lässt, die das Denken des jungen Edward House prägte. In einer der aufschlussreichsten Passagen seiner Aufzeichnungen kommentiert dieser die Art und Weise, wie man Ideen an andere Menschen weitergibt, und bezeugt ungewollt, dass selbst er, der sich für allmächtig hielt, seine Ideen letzten Endes von anderen übernommen hatte: „Wie alle anderen Menschen, die ich zu beeinflussen versuchte, wollte ich auch den Präsidenten davon überzeugen, dass die Ideen, die ich ihm einflüsterte, seine eigenen waren… Um der Wahrheit die Ehre zu geben, die meisten dieser Ideen stammten nicht von mir... Nichts auf der Welt ist schwieriger, als eine Idee bis zu ihrer Quelle hin zu verfolgen… Oft scheint es uns, eine Idee sei uns selbst gekommen, während wir sie in Wirklichkeit unbewusst von jemand anderem übernommen haben.“
Im Alter von achtzehn Jahren begann sich Edward House für Politik zu interessieren. Damals (man schrieb das Jahr 1876) waren in den USA Präsidentschaftswahlen, und er wurde sich gewahr, dass "zwei oder drei Männer im Senat, zwei oder drei im Repräsentantenhaus und der Präsident selbst die Regierungsgeschäfte führen. Die anderen waren bloße Galionsfiguren… Darum hatte ich nicht den Ehrgeiz, ein öffentliches Amt zu bekleiden oder als Redner aufzutreten.“ In seinem 1912 erschienenen Roman legt er einem Politiker fast dieselben Worte in den Mund: "In Washington... bemerkte ich, dass die Regierung von einigen wenigen Männern geleitet wurde; außerhalb dieses kleinen Kreises gab es niemanden von sonderlicher Bedeutung. Es war mein Ehrgeiz gewesen, wenn möglich in diesen Kreis einzudringen, doch nun ging mein Ehrgeiz so weit, nicht nur Teil davon, sondern ER SELBST zu sein… Der Präsident ersuchte mich, die Führung seines Wahlkampfs zu übernehmen… Er wurde mit überwältigender Mehrheit nominiert und wiedergewählt… und jetzt war ich in der Tat Mitglied des magischen Kreises, und mein Wunsch, keine Rivalen mehr zu haben, war seiner Erfüllung greifbar nahe gerückt… Ich wand ein fast unsichtbares Garn um das Volk, das es festhielt…“
Solche Ziele vor Augen, begann Edward House in Texas seine politische Karriere; „Ich fing nicht unten, sondern oben an... Es ist meine Gewohnheit, nominell jemand anders an die Spitze zu setzen, so dass ich die wirkliche Arbeit verrichten konnte, ohne durch die Forderungen gestört zu werden, die man an einen Chef richtet... Bei den Wahlkämpfen waren jedem der von mir gesteuerten Führer die Aufmerksamkeit und der Beifall sowohl der Presse als auch des Volkes sicher...Schon nach wenigen Monaten sprach in der Öffentlichkeit niemand mehr von ihnen… und wenn der nächste Wahlkampf kam, akzeptierten Presse und Volk die neue Galionsfigur mit größter Bereitwilligkeit.“
Edward House verdiente sich in Texas seine Sporen ab, ungefähr so, wie sich ein aufstrebender Schauspieler in der Provinz die Sporen abverdient. Als Parteiorganisator war er dermaßen erfolgreich, dass er um die Jahrhundertwende der wirkliche Herrscher des Staates war und Tag für Tag im Büro seines (von ihm ernannten und längst vergessenen) Gouverneurs im Capitol von Texas saß, wo er die Senatoren und Kongressabgeordneten des Staates auswählte und die Gesuche der zahlreichen Beamten bearbeitete, die einen Gouverneur gewöhnlich umlagern. Nach erfolgreicher Ablegung seiner Gesellenprüfung in der Provinz machte er sich daran, die Hauptstadt zu erobern. 1900 war er „der Position, die ich in Texas innehatte, überdrüssig geworden und bereit, in der nationalen Politik mitzuwirken“. Nach weiteren Vorbereitungen begann er 1910, als der Erste Weltkrieg näher rückte, „nach einem geeigneten Vertreter der Demokratischen Partei für die Nominierung als Präsidentschaftskandidat zu suchen“.
Somit war der mittlerweile 50 Jahre alte House ein Präsidentenmacher. Ehe ich seine Privaten Unterlagen las, war ich von den „unheimlichen Kenntnissen“ des namhaften amerikanischen Zionisten und Rabbiners Stephen Wise mächtig beeindruckt. 1910 hatte Wise bei einer Rede in New Jersey gesagt: "Am Dienstag wird Woodrow Wilson seine Amtszeit als Gouverneur beenden; im November 1912 wird er zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden, und ihm wird eine zweite Amtszeit beschieden sein.“ Diese Weitsicht stand nicht hinter derjenigen der Protokolle, eines Leon Pinsker und eines Max Nordau zurück, aber bei meinen Nachforschungen stieß ich auf die Tatsache, dass Rabbiner Wise seine Informationen von Oberst House erhalten hatte!
Offenbar war Woodrow Wilson von der Gruppe von Eingeweihten, die sich damals zusammentaten, mit Argusaugen überwacht worden, denn bis zu jenem Zeitpunkt hatten weder Oberst House noch Rabbiner Wise ihn je getroffen! Doch wie Arthur Howden in seinem 1940 erschienenen Buch Mr. House of Texas berichtet, kam House zur Überzeugung, „er habe seinen Mann gefunden, obwohl er ihm nie begegnet war": 'Ich gelangte zum Schluss, dass Woodrow Wilson… diesem Amt als einziger in jeder Hinsicht gewachsen war'“. Nach welchen Kriterien House darüber entschied, ob jemand einem Amt gewachsen war, enthüllte er im folgenden Absatz: „Das Schwierige daran, einen Präsidentschaftskandidaten zu finden, ist, dass der für das Amt geeignetste Mann nicht nominiert werden kann, und wenn er nominiert werden könnte, würde er nicht gewählt. Das Volk wählt selten den besten Anwärter auf diesen Posten; deshalb gilt es für den besten Mann zu arbeiten, der eine Chance besitzt, nominiert und gewählt zu werden, und unter den gegenwärtigen Umständen scheint Wilson dieser Mann zu sein." (Ergänzt wird diese Schilderung durch eine Passage in Houses Roman über die Methoden, die von einer mächtigen Gruppe angewendet werden, um „ihre Kreatur“ auf den Präsidentensessel zu hieven.)
Unter den Männern, die Woodrow Wilson heimlich zum Präsidenten erkoren hatten, spielte Rabbiner Stephen Wise, der wie Herzl und Nordau in Ungarn geboren war und bei dem die Fäden der zionistischen und der revolutionären Bewegung zusammenliefen, eine Schlüsselrolle. Er war der führende zionistische Organisator in Amerika und als solcher in seinem Land eine Ausnahmeerscheinung, denn die Mehrheit der amerikanischen Juden lehnte den Zionismus zu jener Zeit noch ab und misstraute den Ostjuden. Laut Wises eigenen Worten war der Zionismus in den Vereinigten Staaten auf die jüdischen Einwanderer aus Russland beschränkt, die ihn aus den talmudistischen Ghettos mitgebracht hatten; die meisten US-Juden stammten damals aus Deutschland und wollten nichts vom Zionismus wissen. Zwischen 1900 und 1910 wanderten rund eine Million Juden aus Russland ein, die unter der Kontrolle ihrer zionistischen Führer einen zunehmend wichtigen Wählerblock bildeten. Hier ist das Bindeglied zwischen Oberst House (auf dessen zentrale Wahlstrategie wir bald zu sprechen kommen) und Rabbiner Wise zu suchen. Wise, der damals vor allem als feuriger Redner, oder besser gesagt Agitator, bei Arbeitskonflikten in Erscheinung trat, war noch keine repräsentative Figur des amerikanischen Judentums; nichtsdestoweniger war er (wie Weizmann in England) der Mann, dem die politisch Mächtigen heimlich Audienzen gewährten und ihr Ohr liehen.
Wie schlagkräftig diese geheimen Gruppe war, lässt sich schon daraus ersehen, dass im Jahre 1910, als Oberst House privat entschied, der nächste Präsident solle Woodrow Wilson heißen, Wise in aller Öffentlichkeit dasselbe verkündete und Wilson gleich zwei Amtsperioden prophezeite. Für den Rabbiner kam dies einem politischen Kurswechsel gleich, denn bisher hatte er stets die Republikanische Partei unterstützt, doch nachdem Oberst House insgeheim für Wilson optiert hatte, ging Wise zu den Demokraten über. Somit flossen die wirren „revolutionären“ Gedanken des Oberst House und die kristallklaren zionistischen Ideen auf der Stufe zum Weißen Haus zusammen. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Seiten klappte wie am Schnürchen. Nach Wilsons Wahl zum Präsidenten berichtete Wise: „Wir erhielten von Oberst House, einem engen Freund des Präsidenten, warme und herzliche Unterstützung…House setzte sich nicht nur mit Feuereifer für unsere Sache ein, sondern diente auch als Verbindungsglied zwischen der Wilson-Regierung und der zionistischen Bewegung.“ Hier zeigt sich, wie präzise die hinter den Kulissen wirkenden Strippenzieher in England und Amerika ihre Aktivitäten synchronisierten.
Das Geheimnis der Kontrolle, die House über die Demokratische Partei ausübte, lag in der Strategie, die er ausgeheckt hatte, um Wahlen zu gewinnen. Die Demokratische Partei befand sich seit bald einem halben Jahrhundert ununterbrochen in der Opposition, doch der Oberst hatte eine Methode ausgetüftelt, die ihr den Sieg mit annähernd mathematischer Gewissheit garantierte. Dass sie die Präsidentschaftswahlen von 1912 und 1916 gewann, war ebenso der konsequenten Umsetzung dieses Plans zu verdanken wie ihre fünf aufeinanderfolgenden Siege in den Jahren 1932, 1936, 1940, 1944 und 1948 (die ersten vier Male unter Roosevelt, das fünfte Mal unter Truman). Mit seiner genialen Wahlstrategie, die man mit Fug und Recht als „House-Strategie“ bezeichnen könnte, hat der Oberst die Entwicklung in Amerika dauerhaft beeinflusst. Seine politischen Ideen waren nie klar formuliert und änderten sich häufig, doch schmiedete er ein unerhört wirksames Instrument zur Verwirklichung der politischen Ideen anderer.
Die Essenz seiner Strategie bestand darin, die „im Ausland Geborenen“, d. h. die Immigranten, durch Appelle an ihre rassischen Instinkte und ihre Emotionen für die Demokratische Partei zu gewinnen. Der Plan war bis in alle Einzelheiten durchdacht und das Erzeugnis eines hochkarätigen Strategen, der einen untrüglichen Riecher für das Politische hatte.
Das Einzigartige und Phantastische an diesem Plan bestand darin, dass House ihn Anno 1912, als Wilson hinter den Kulissen zum künftigen Präsidenten erkoren wurde, anonym publizierte. In jenem ereignisreichen Jahr brachte der Oberst innerhalb von dreißig Tagen einen Roman mit dem Titel Philip Dru: Administrator zu Papier (die Wahl des ungewöhnlichen Wortes „Administrator“ – „Verwalter“ – für einen Regierenden erinnert an jene Passage in den Protokollen, wo von „den Verwaltern, die wir wählen werden“, die Rede ist). Das beängstigend realistische Kapitel „The Making of a President“ („Wie ein Präsident gemacht wird“) lässt diesen ansonsten kaum lesbaren Roman als historisches Dokument von erstrangiger Bedeutung erscheinen.
In diesem Kapitel seines Buchs (das House auf Drängen seines unermüdlichen Mentors Dr. Sidney Mezes veröffentlichte) geht es um einen amerikanischen Senator namens Selwyn, der sich anschickt, „die absolute Herrschaft über die Nation auszuüben, doch ohne als lenkende Kraft in Erscheinung zu treten“. Hinter dem Namen Selwyn verbirgt sich House selbst; offenbar konnte er der Versuchung nicht widerstehen, dem Leser einen Hinweis auf seine Identität zu vermitteln, denn "Selwyn" lädt den Mann, den er zum Marionettenpräsidenten auserkoren hat, ein, „in meinen Gemächern im Mandell House zu Abend zu essen“.
Zuvor hat Selwyn gemeinsam mit einem John Thor, „dem Hohepriester der Finanzen“, einen "verruchten Plan" geschmiedet, mittels dessen "eine weitverzweigte, kompakte Organisation“ durch „arglistige Täuschung über ihre Ansichten und Absichten“ versucht, „ihre Kreatur zum Präsidenten wählen zu lassen“. Die Finanzierung dieser geheimen Liga bereitete keine Probleme: "Thors Einfluss auf die Händlerwelt Amerikas war absolut… Thor und Seldwyn wählten die tausend [Millionäre] ,die jeweils zehntausend Dollar geben sollten… Thor hatte die Aufgabe, jedem von ihnen weiszumachen, zur Regelung einer Angelegenheit, die für das Wohl der Geschäftswelt von Bedeutung sei, würden 20.000 Dollar benötigt; er, Thor, sei bereit, die Hälfte dieser Summe beizusteuern, und er erwarte von seinem Gesprächspartner einen Beitrag in derselben Höhe… Es gab nur wenige Geschäftsleute, die sich nicht glücklich schätzten, von Thor nach New York eingeladen und von ihm aufgefordert zu werden, gemeinsam mit ihm zur Bewahrung des Wohlstandes beizutragen." Das Geld dieses großen "Korruptionsfonds" wurde von Thor bei verschiedenen Banken hinterlegt und von dort aus auf die Privatbank von Selwyns Schwiegersohn transferiert, "mit dem Ergebnis, dass die Öffentlichkeit keine Chance hatte, irgendetwas über diesen Fonds oder die Art, wie er verwendet wurde, zu erfahren.“
Nachdem Selwyn die erforderliche Summe zusammengebracht hat, wählt er seine „Kreatur“, einen Mann namens Rockland (lies: Woodrow Wilson). Er lädt ihn zum Abendessen ins „Mandell House“ ein und macht ihm klar, dass seine Verantwortung als Präsident „vielschichtiger“ Art sein wird: „Ein Präsident hat zwar das verfassungsmäßige Recht, allein zu handeln, besitzt aber kein moralisches Recht, gegen die Grundsätze und Traditionen seiner Partei oder den Rat der Parteiführer zu handeln, denn das Land akzeptiert den Kandidaten, die Partei und die Parteiberater in ihrer Gesamtheit und nicht separat“. (Die Ähnlichkeit zwischen dieser Passage und den in den Protokollen auftauchenden Anspielungen auf „die Verantwortung der Präsidenten“ und die letztendliche Autorität ihrer „Berater“ ist nicht zu übersehen.) Rockland akzeptiert diese Bedingungen fügsam. Nach der Wahl "versuchte er, berauscht von der Macht und den Schmeicheleien der Speichellecker, ein- oder zweimal aus der Reihe zu tanzen und in wichtigen Fragen auf eigene Faust zu handeln, ohne Selwyn zuvor um Rat gefragt zu haben. Doch nachdem er von Selwyns Zeitungen heftig attackiert worden war... unternahm er keine weiteren Versuche mehr, eine unabhängige Politik zu betreiben. Er spürte, dass er hilflos in der Hand jenes starken Mannes zappelte, und so war es auch.” Es lohnt sich, diese Passage aus Oberst Houses 1912 (vor Wilsons Amtsantritt) veröffentlichtem Roman mit einer Stelle aus seinen Privaten Unterlagen aus dem Jahre 1926 zu vergleichen, in denen er seine Beziehungen zum Kandidaten während der Wahlkampagne schildert. Darin heißt es, House habe die Reden des Präsidentschaftskandidaten überarbeitet und ihn angewiesen, keinen anderen Rat als den seinigen zu beherzigen, worauf Wilson Indiskretionen eingeräumt und sich verpflichtet habe, “künftig nicht mehr unabhängig zu handeln". Im Roman beschreibt Thor, wie sich Rockland bemüht, das auf ihm lastende Joch abzuschütteln: “Als er berichtete, wie Rockland versucht hatte, sich zu befreien, und wie er ihn, der nach seiner Niederlage immer noch seine Wunden leckte, in den Zwinger zurückgeführt hatte, lachten sie genüsslich.” Das betreffende Kapitel heißt übrigens “Die jubelnden Verschwörer”.
In einem anderen Kapitel schildert House, mit welchen Mitteln die Wahl der “Kreatur” bewerkstelligt wird.
Der von ihm beschriebene Plan erhöht die Führung eines Wahlkampfes fast schon in den Rang einer exakten Wissenschaft; nach diesen Grundsätzen laufen Wahlen in den USA bis zum heutigen Tag ab. House ging von der Kalkulation aus, dass rund 80% der Wähler ihre Stimme unter allen Umständen dem Kandidaten der von ihnen bevorzugten Partei geben, wobei ungefähr je die Hälfte dieser Stimmen auf die Demokraten und die Republikaner entfällt. Daraus folgt, dass alle verfügbare Energie und alle vorhandenen Ressourcen auf die “schwankenden zwanzig Prozent” konzentriert werden müssen. Anschließend werden diese zwanzig Prozent einer detaillierten Analyse unterzogen, bis sich ein kleiner Kern herauskristallisiert hat, der mit größter Konsequenz zu umwerben ist. Jede Verschwendung von Aufwand und Geld wird vermieden, und sämtliche Mittel werden darauf verwandt, jene kleine Gruppe von Wählern zu gewinnen, welche das Wahlergebnis entscheidend beeinflussen können. Dieser Plan hat so viel dazu beigetragen, den Lauf der Dinge in Amerika und der Welt "in die gewünschten Bahnen zu lenken”, dass es sich lohnt, etwas ausführlicher auf ihn einzugehen.
Zu Beginn der Wahlkampagne hakt Selwyn alle Staaten ab, in denen eine der beiden Parteien von vorneherein als Siegerin feststeht. Dies erlaubt es ihm, seine ganze Aufmerksamkeit dem verbliebenen Rest von zwölf unsicheren Staaten zu widmen, von deren Entscheid der Ausgang der Wahl abhängt. Jeden dieser zwölf Staaten untergliedert er in Einheiten von jeweils 5000 Personen und weist jeder Einheit zwei Mann zu, von denen der erste an Ort und Stelle und der zweite im nationalen Hauptquartier agiert. Laut Selwyns Kalkül werden von den je 5000 Menschen 4000 unter allen Umständen für den Kandidaten ihrer bevorzugten Partei stimmen, was bedeutet, dass alle Bemühungen auf die restlichen 1000 zu konzentrieren sind. Der Mann am Ort wird damit beauftragt, alle verfügbaren Informationen über "ihre Rasse, ihre Religion, ihren Beruf und ihre früheren Parteipräferenzen” aufzutreiben und an seinen Kollegen im Hauptquartier weiterzuleiten, dem es nun obliegt, jeden der Umworbenen "mittels Literatur, Überzeugungskünsten oder vielleicht irgendwelchen subtileren Argumenten” persönlich anzusprechen. Aufgabe der beiden einer jeden Einheit zugewiesenen Agenten ist es, gemeinsam "eine Mehrheit der 1000 Stimmen für ihren Kandidaten zu gewinnen”.
Währenddessen versandten die Manager der gegnerischen Partei “Tonnen von gedrucktem Material an ihre Hauptquartiere in den einzelnen Staaten; von dort aus wurde es an die einzelnen Organisationen weitergeleitet, wo es in eine Ecke gestellt und an Besucher verteilt wurde, die danach verlangten. Selwyns Komitee verbrauchte nur ein Viertel so viel Druckmaterial, doch dieses ging gemeinsam mit einem herzlich formulierten Brief in einem verschlossenen Umschlag an Wähler ab, die noch unschlüssig waren, wem sie ihre Stimme geben sollten. Die Gegenseite schickte unter großen Unkosten Redner von einem Ende des Landes zum anderen... Selwyn entsandte Männer zu seinen Einheiten, um jeden der tausend schwankenden Wähler persönlich anzusprechen und zur Stimmabgabe für Rockland zu ermuntern.”
Mittels dieser ungemein raffinierten Strategie obsiegte Rockland in diesem Roman – so wie Wilson die Präsidentschaftswahl des Jahres 1912 gewann. Der konzentrierte Appell an die "eintausend unschlüssigen Wähler” in jeder Einheit schürte speziell die mit “Rasse, Religion und Beruf" verbundenen Emotionen, und bei der Auswahl der Umworbenen wurde diesen Kriterien gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. “So gewann Selwyn, und Rockland wurde zum Eckstein des Triumphbogens, den zu errichten er sich anschickte."
Der Rest des Romans ist größtenteils bedeutungslos, doch enthält er noch die eine oder andere aufschlussreiche Passage. Sein Untertitel lautet “A Story of Tomorrow, 1920-1935” (Eine Geschichte von morgen, 1920-1935). Der Held Philip Dru, ein junger Akademiker, steht unter dem Einfluss der Ideen von Karl Marx. Nachdem die Verschwörung Selwyns und Thors aufgedeckt worden ist, findet eine Protestkundgebung statt, bei der Dru durch Akklamation zum Führer einer Massenbewegung gewählt wird. Recht interessant sind auch die Umstände, unter denen die Verschwörung ans Licht kommt. Thor hat in seinem Zimmer ein Mikrofon verborgen (einen Anno 1912 noch seltenen, heute aber fast schon unentbehrlichen Gegenstand), vergisst jedoch, es rechtzeitig abzuschalten, mit dem Ergebnis, dass seine "in frohlockendem Ton geführte” Unterredung mit Selwyn nach Rocklands Wahl von seinem Sekretär abgehört wird. Dieser spielt den Text der Presse zu, die ihn (unglaublicherweise!) prompt veröffentlicht. Nun bietet Dru eine Armee auf (die, offenbar durch das Wirken irgendwelcher magischen Kräfte, plötzlich über Gewehre und Artillerie verfügt), schlägt die Streitkräfte der Regierung in einer einzigen Schlacht wuchtig aufs Haupt, marschiert auf Washington und ruft sich selbst zum “Administrator der Republik” aus. Seine erste Maßnahme (wie wenig später die erste Maßnahme Wilsons) besteht darin, “eine abgestufte Einkommenssteuer für ausnahmslos alle” einzuführen (Karl Marx hatte eine “hohe progressive oder abgestufte Einkommenssteuer” gefordert, die Protokolle eine “progressive Vermögenssteuer”).
Als nächstes greift Dru Mexiko und die zentralamerikanischen Republiken an, besiegt auch sie in einer einzigen Schlacht und vereinigt sie anschließend unter der amerikanischen Flagge, die im folgenden Kapitel auch in Kanada sowie den britischen, französischen und sonstigen Besitztümern in Westindien zum “unbestrittenen Emblem der Autorität” wird. Offenbar hat House sowohl in Selwyn als auch in Philip Dru sein eigenes Porträt gezeichnet. Selwyn ist der unerhört effiziente Parteiorganisator und der Mann, der hinter den Kulissen das Zepter schwingt; Dru der konfuse “utopische Träumer" (der Ausdruck ist den Protokollen entlehnt), der nicht so recht weiß, was er mit der Macht anfangen soll, nachdem er sie errungen hat. Unvermeidlicherweise wusste House seinerseits nicht so recht, was er mit zwei Charakteren anfangen sollte, bei denen es sich in Wahrheit um ein und denselben Mann handelte, so dass er sich gezwungen sah, sie miteinander zu verschmelzen, indem er den Schurken im Spiel, Selwyn, zum Vertrauten und Busenfreund Drus machte. Doch nun hatte er für Dru keine Verwendung mehr. Da er ihn nicht gut von den Bären auffressen lassen konnte, setzte er ihn zusammen mit einem liebeshungrigen Mädchen namens Gloria (das sich volle fünf Kapitel lang Drus unausgegorene Pläne zur Umgestaltung der Welt anhören muss) auf ein Schiff und ließ die beiden mit unbekanntem Ziel in See stechen. Die Erzählung endet mit den Worten: „Glückliche Gloria! Glücklicher Philip! ... Wohin führte ihre Reise? Würden sie zurückkehren? Dies waren Fragen, die alle stellten, die jedoch niemand beantworten konnte."
In Wirklichkeit wird kaum jemand diesen Roman zu Ende gelesen haben, und den wenigen, die sich dies antaten, wird es herzlich egal gewesen sein, wohin es Philip und Gloria verschlug - mit einer Ausnahme. Es gab auf der Welt einen einzigen Mann, für den diese Geschichte eine so furchtbare Bedeutung besessen haben muss wie sein Porträt für Oscar Wildes Romanhelden Dorian Grey. Dieser Mann war Woodrow Wilson. In dieser Hinsicht ist Philip Dru: Administrator ein einzigartiges Werk. Wer seinen tiefen Sinn erkannt hat, stellt sich zwangsläufig zwei Fragen: Hat Wilson den Roman gelesen? Was hat Oberst House (oder seinen Hintermann) dazu bewogen, ein so exaktes Porträt dessen zu zeichnen, was eben zu jener Zeit vor sich ging, als ihre “Kreatur” zum Kandidaten gekürt und tatsächlich gewählt wurde? In diesem Licht gesehen erscheint das Buch als bissige Satire, und der Leser wird sich bewusst, dass die Männer um Oberst House genau so boshaft gewesen sein müssen, wie sie in dem Kapitel “Die jubelnden Verschwörer” dargestellt werden.
Ist es möglich, dass Wilson dieses Buch nicht gelesen hat? Irgendjemand, ob Freund oder Feind, muss es ihm während der Wahlkampagne zugespielt haben. Der Historiker kommt nicht umhin, sich zu fragen, ob der jammervolle seelische und körperliche Zustand, dem er bald darauf anheimfiel, auf die Lektüre dieses Romans zurückzuführen war, mag er ihn nun sofort oder erst nach seiner Wahl zum Präsidenten gelesen haben. Auf die Gefahr hin, der Entwicklung vorzugreifen, wollen wir hierzu die Aussagen einiger seiner Zeitgenossen zitieren. Oberst House selbst schrieb von dem Mann, den er "gewählt” hatte ( "Der einzige, der diesem Amt voll und ganz gewachsen ist”): “Ich hatte damals [1914] und später noch mehrmals den Eindruck, der Präsident wolle sterben; jedenfalls ließen seine Haltung und sein Geisteszustand erkennen, dass er keinen Sinn mehr im Leben sah." Kurz nach Wilsons Amtsantritt schrieb der britische Botschafter Sir Horace Plunkett an House: "Ich stattete dem Präsidenten einen Besuch ab und war schockiert, ihn so abgekämpft zu sehen: die Veränderung seit dem letzten Januar ist furchtbar." 1919 später bemerkte Sir William Wiseman, ein Emissär der britischen Regierung, gegenüber House: “Ich war schockiert von seinem Aussehen… Sein Gesicht war abgehärmt und von grauer Farbe und zuckte oft, wenn er einen kläglichen Versuch unternahm, seine restlos zerrütteten Nerven unter Kontrolle zu bekommen." [12]
Es gibt anscheinend keinen sichereren Weg, einen Menschen unglücklich zu machen, als ihm ein hohes Amt zuzuschanzen, in dem er nicht mehr als eine Marionette unsichtbarer Akteure ist. Hält man sich vor Augen, unter welchen Umständen Woodrow Wilson sein Amt als Präsident ausübte (und heute ist dies bis in die Einzelheiten bekannt), so begreift man leicht, warum er wie ein Gespenst aussah. Oberst House, Rabbiner Wise und die anderen Verschwörer, die ihn auf den Präsidentensessel hievten, werden ihn wohl angeschaut haben wie ein Insektensammler einen seltenen Schmetterling, den er auf einer Nadel aufgespießt hat. Falls es zutrifft, dass Wilson bereits mit zwanzig Jahren Präsident werden wollte, so deutete damals noch nichts darauf hin, dass dieser Wunschtraum in Erfüllung gehen sollte. “Wann haben Sie zum ersten Mal daran gedacht oder davon geträumt, Präsident zu werden?” fragte Wise Wilson einmal. Da der Rabbiner weit besser als der Präsident selbst wusste, unter welchen Umständen letzterer für sein Amt ausgewählt worden war, dürfte die Frage scherzhaft gemeint gewesen sein, und Wise war offenbar verblüfft, als Wilson antwortete: “Seit dem Abschluss meiner Ausbildung am Davidson College in South Carolina gab es keinen Zeitpunkt, zu dem ich nicht damit rechnete, Präsident zu werden.” “Selbst als Sie Lehrer an einem College für Mädchen waren”? hakte Wise ironisch nach. “Es gab nie eine Zeit, zu der ich nicht erwartete, Präsident zu werden und mich darauf vorbereitete”, wiederholte Wilson.
Zwischen Wilsons geheimer “Wahl” durch Oberst House Anno 1910 und seiner offiziellen Nominierung als Präsidentschaftskandidat zwei Jahre später wurde er darauf getrimmt, öffentlich für den Zionismus Partei zu ergreifen; damals wurde das amerikanische Volk so in das zionistische Projekt verstrickt wie das britische im Jahre 1903, als seine Regierung den Zionisten Uganda offerierte. Von seinen Hintermännern instruiert, hielt Wilson während des Wahlkampfes eine Rede zum Thema "Die Rechte der Juden", in der er ausführte: “Ich bin nicht hier, um unsere Sympathie mit den jüdischen Mitbürgern zu bekunden, sondern um klarzustellen, dass wir uns mit ihnen identifizieren. Diese Sache ist nicht die ihre, sondern diejenige Amerikas."
Mit diesen Worten hatte sich Wilson für den Fall seiner Wahl eindeutig auf einen bestimmten außenpolitischen Kurs festgelegt. Es bestand nicht die geringste Notwendigkeit, "klarzustellen", dass sich Amerikaner mit Amerikanern identifizierten, denn die amerikanischen Juden waren in jeder Hinsicht frei und gleichberechtigt; die Formulierung ergab nur dann einen Sinn, wenn sie sich weigerten, sich selbst mit Amerika zu identifizieren, und Wilsons Wortwahl unterstellte genau das. Er hielt unmissverständlich fest, dass die Juden eine eigene, separate Identität besaßen und dass die USA unter seiner Präsidentschaft ihre Absonderung unterstützen würden.
Für die Eingeweihten kamen Wilsons Worte einer Unterstützungsgarantie für die zionistische Sache gleich. Desweiteren waren sie eine indirekte Anspielung auf Russland und eine Drohung diesem gegenüber, denn Wilson ließ durchblicken, dass er die Juden Russlands (die damals als einzige unter zionistischer Führung organisiert waren) als Vertreter aller Juden anerkannte. Hiermit spielte er in der amerikanischen Version des Dramas dieselbe Rolle wie Balfour in der englischen.
Zur damaligen Zeit war Russland die Zielscheibe der zionistischen Propaganda. Rund drei Jahrzehnte waren seit dem Mord an Zar Alexander II. verstrichen, der durch seinen Versuch zur Einführung einer parlamentarischen Verfassung den Zorn der Revolutionäre erregt hatte. (Dr. Kastein meint, die jüdische Beteiligung an dem Mordkomplott sei „natürlich“ gewesen.) Sein Nachfolger Alexander III. sah sich gezwungen, einen großen Teil seiner Kräfte für die Bekämpfung der Revolutionäre einzusetzen. Während Wilsons Präsidentschaft setzte Zar Nikolaus II. den Versuch des Bauernbefreiers Alexander II. zur Befriedung und Einigung des Landes fort, indem er dem Volk immer größere Freiheiten gewährte, was bei den talmudistischen Zionisten ebenfalls auf erbitterten Widerstand stieß.
Ungefähr zur selben Zeit, als Wilson das Zarenreich indirekt wegen seiner „Intoleranz“ kritisierte, wurde in Russland ein Mordkomplott geschmiedet, um das Reformwerk Nikolaus' II. zu sabotieren. Während der Revolution von 1906 hatte dieser Russland per Dekret zur konstitutionellen Monarchie erklärt, und im Jahr darauf führte er das allgemeine Stimmrecht ein. Die Revolutionäre fürchteten solche Reformen mehr als alle Kosakenregimenter des Zaren und sorgten dafür, dass bei der ersten Tagung der Volksversammlung Tumulte ausbrachen, so dass sie aufgelöst werden musste. Nun wählte der Zar einen aufgeklärten Staatsmann, den Grafen Stolypin, zu seinem Premierminister. Per Dekret verabschiedete letzterer eine Landreform, der sich Neuwahlen anschlossen, mit dem Ergebnis, dass er in diesem zweiten Parlament mit stürmischem Applaus bedacht wurde und die Revolutionäre eine schwere Niederlage erlitten. Dass rund drei Millionen zuvor landlose Bauern durch Stolypins Reform zu Eigentümern von Grund und Boden geworden waren, trug entscheidend zu diesem Resultat bei.
Russlands Zukunft sah nun heller aus denn je zuvor. Stolypin galt als Nationalheld: er schrieb: "Unser Hauptziel ist es, die Landbevölkerung zu stärken. Die gesamte Kraft des Landes beruht auf dieser ... Gebt dem Land zehn Jahre inneren Friedens, und ihr werdet Russland nicht wiedererkennen."
Wäre Stolypins Wunsch in Erfüllung gegangen, und wären seinem Land zehn Friedensjahre beschieden gewesen, so hätte dies den Lauf der Geschichte in positivem Sinne verändert. Doch nun schlug die Verschwörung zu, und es fielen Schüsse, welche die Welt erschütterten. 1911 begab sich Graf Stolypin nach Kiew, um ein Denkmal für den Bauernbefreier Alexander II. zu enthüllen. Während einer Theatervorführung wurde er von einem jüdischen Revolutionär namens Bagroff erschossen. (Sechs Jahre später starb auch Stolypins Tochter durch Mörderhand: Als ein jüdischer Kommissar sie unter einer Gruppe von Flüchtlingen entdeckte, schoss er sie kurzerhand nieder.)
Die tödlichen Schüsse auf Graf Stolypin waren im September 1911 gefallen. Im Dezember desselben Jahres hielt Woodrow Wilson in Amerika seine bereits erwähnte Rede, in der er sich mit der jüdischen “Sache” identifizierte. Einen Monat zuvor, im November, war er Oberst House, der ihn im Vorjahr "gewählt” und bereits alle seine politischen Freunde und Gefolgsleute zugunsten Wilsons mobilisiert hatte, zum ersten Male begegnet. In einem Schreiben an seinen Schwager hielt House fest: “Nie zuvor habe ich sowohl den richtigen Mann als auch die passende Gelegenheit gefunden.”
Vor der Wahl erstellte House nach dem Muster seines Romanhelden Philip Dru eine Liste von Kabinettsministern, wobei ihm ein gewisser Herr Bernard Baruch mit weisem Rat zur Seite stand. Dieser Baruch war womöglich die wichtigste Figur in der amerikanischen Politik der folgenden fünf Jahrzehnte: Er wurde als "Berater" mehrer Präsidenten bekannt; noch 1950 "beriet" er Eisenhower und Churchill. 1912 kannte ihn die Öffentlichkeit erst als höchst erfolgreichen Financier. Sein Biograph berichtet, er habe Wilson eine Wahlkampfspende in Höhe von 50.000 Dollar zukommen lassen.
Während des Wahlkampfs bekam Wilson zu spüren, dass seine Unterstützer von ihm bestimmte Gegenleistungen erwarteten. Nachdem er sich einige Indiskretionen hatte zuschulden kommen lassen, musste er Oberst House versprechen, „künftig nicht mehr unabhängig zu handeln“ (Philip Dru ließ grüßen…). Gleich nach seiner Wahl empfing er Rabbiner Stephen Wise zu einer langen Unterredung, bei der die beiden Männer laut Wise „russische Angelegenheiten mit speziellem Hinweis auf die Behandlung der Juden“ erörterten. Gleichzeitig aß Oberst House mit einem Herrn Louis D. Brandeis zu Abend, einem prominenten Juristen jüdischer Abstammng. „Wir beide sind uns bezüglich der meisten Fragen, die jetzt auf der Tagesordnung stehen, einig“, hielt House fest.
Somit waren drei der vier engsten Berater Wilsons Juden. Alle drei haben zum einen oder anderen Zeitpunkt eine maßgebliche Rolle bei der Propagierung des Zionismus und seines Palästina-Projektes gespielt und hierdurch dazu beigetragen, dass sich die Juden wieder von ihrer Umwelt absonderten. Zusammen mit Wise war Brandeis damals der führende Zionist Amerikas, so dass es angebracht scheint, ein wenig bei seiner Person zu verweilen.
Brandeis stach durch sein Äußeres sowie durch seinen Intellekt hervor, doch wäre es ausgesprochen schwierig gewesen, zu definieren, was an ihm eigentlich "jüdisch“ war. Er praktizierte die mosaische Religion nicht, weder in ihrer orthodoxen noch in ihrer reformierten Version, und schrieb einmal: „Während des größten Teils meines Lebens hatte ich nur wenig Kontakt mit Juden und dem Judentum, und ich schenkte ihren Problemen keine große Aufmerksamkeit." Seine Konversion war irrationaler, romantischer Art, ähnlich wie bei Balfour: Eines Tages im Jahre 1897 las er beim Frühstück einen Artikel über Theodor Herzls Rede am ersten Zionistenkongress und sagte zu seiner Frau: "Es gibt eine Sache, für die ich mein Leben hingeben würde.“
Somit wurde aus einem voll assimilierten amerikanischen Juden im Handumdrehen ein strammer Zionist. Mit dem Eifer, der den Konvertiten kennzeichnet, ritt er heftige Attacken gegen die „Assimilation“: „Die Assimilation lässt sich nicht verhüten, wenn im Vaterland kein Zentrum errichtet wird, von dem aus der jüdische Geist strahlen kann.“ Die russischen Zionisten trauten diesem Mann, der eben noch das Musterbeispiel eines Assimilierten gewesen war und nun gegen die Assimilierung vom Leder zog, freilich nicht über den Weg. Sie konnten sein ständiges Gerede vom „Amerikanismus“ nicht ausstehen. Wenn er beispielsweise sagte, seine Hinwendung zum Zionismus sei „über den Amerikanismus“ erfolgt, tönte dies in den Ohren der Talmudisten so, wie wenn jemand behauptet hätte, man könne „über den Russismus“ (den sie zu zerstören trachteten) zum Zionisten werden. In der Tat zeugte es von schreiender Unlogik, einerseits die strengste Form der Rassentrennung zu befürworten und andererseits das hohe Lied des Amerikanismus mit seiner Ideologie des Schmelztigels zu singen, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Brandeis trotz seiner intellektuellen Brillanz das Wesen des Zionismus nie so richtig verstanden hat. Er wurde gewissermaßen zum Theodor Herzl Amerikas (so wie Rabbiner Wise in gewisser Hinsicht zum Chaim Weizmann Amerikas wurde), und als er die ihm zugedachte Rolle fertiggespielt hatte, wurde er rüde abserviert. Doch zum entscheidenden Zeitpunkt, im Jahre 1917, spielte er eine Schlüsselrolle.
Dies also war die Gruppe, die den Präsidenten der amerikanischen Republik in ihrem eisernen Griff hielt und ihn zwang, einen Kurs einzuschlagen, der das Land um einer ganz bestimmten Sache willen in den Ersten Weltkrieg führen sollte. Nach seiner Wahl kümmerte sich Oberst House um seine Korrespondenz, bestimmte darüber, wen er zu Audienzen empfing und wen nicht, wies seine Minister an, was sie zu sagen und worüber sie zu schweigen hatten etc. Er wollte Macht und errang sie auch, doch wozu er sie nutzen wollte, wurde niemals klar. Somit blieb sein Ehrgeiz ziellos, und im nachhinein erinnert er an Savrola, einen Romanhelden Winston Churchills, von dem sein Erfinder sagte: „Ehrgeiz war seine treibende Kraft, und Savrola war unfähig, ihr zu widerstehen." Am Ende seines Lebens empfand der vereinsamte und vergessene Edward House heftige Abneigung gegen seine Romanfigur Philip Dru.
Doch von 1911 bis 1913 genoss er das Leben in vollen Zügen. Er liebte das Gefühl der Macht um seiner selbst willen und war dennoch zu liebenswürdig, um dem Rockland im Weissen Haus weh zu tun:
„Wie bei allen anderen Menschen, die ich zu beeinflussen suchte, versuchte ich auch beim Präsidenten regelmäßig das Gefühl zu erwecken, dass die Ideen, die er von mir hatte, seine eigenen waren. Es lag in der Natur der Dinge, dass ich über mehr Dinge mehr nachgedacht habe als der Präsident und die Gelegenheit besaß, sie ausführlicher zu erörtern als er. Doch niemand gesteht sich gerne ein, dass seine Schlussfolgerungen von anderen gesteuert werden. In dieser Hinsicht sind wir alle ein wenig eitel. Auf mich trifft dies zufälligerweise nicht zu. Mir ist es gleichgültig, wer Anerkennung für eine Idee erntet, die von mir stammt. Das Wichtigste ist, dieser Idee Akzeptanz zu verschaffen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Meist war die Idee ursprünglich nicht die meine..." (zitiert nach Arthur Howden, Mr. House of Texas).
Somit hat irgendjemand Oberst House eingeredet, dass eine Gruppe von Menschen aus den talmudistischen Zonen Russlands Anspruch auf Palästina besaß, und House redete Woodrow Wilson seinerseits dasselbe ein. Die offenkundigen Folgen dieser Idee waren die Schaffung eines permanenten Krisenherdes im Nahen Osten sowie die abermalige Absonderung der Juden vom Rest der Menschheit. Unverzichtbare Bestandteile dieses Plans waren die Zerstörung Russlands und die Verbreitung der Weltrevolution.
Während jenes Zeitraums, genauer gesagt im Jahre 1913, trug sich ein Ereignis zu, das damals recht unwichtig anmutete, hier jedoch wegen seiner späteren weitreichenden Folgen erwähnt werden muss. Seit siebzig Jahren existierte in Amerika eine Organisation, die sich B'nai B'rith (hebräisch für „Söhne des Bundes“) nannte. Sie war 1843 als exklusiv jüdische Freimaurerloge aus der Taufe gehoben worden, die anfangs auf die Vereinigten Staaten beschränkt war, jedoch mit der Zeit Filialen in vielen Länden gründete und heutzutage den Anspruch erhebt, die Juden der ganzen Welt zu vertreten, so dass sie ein Teil des von Dr. Kastein als "jüdische Internationale“ bezeichneten Netzwerks sein dürfte. 1913 wurde ein kleiner Ableger der B'nai B'rith geschaffen, der sich "Anti-Defamation League" nannte; er sollte nach und nach immer mächtiger und einflussreicher werden und sich schließlich zu einer Art Staat im Staate mit einer eigenen Geheimpolizei entwickeln. Von dieser Organisation wird im Folgenden noch öfters die Rede sein.
Mit der Wahl Woodrow Wilsons zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, hinter dem eine unsichtbare Gruppe von Strippenziehern stand, waren die Voraussetzungen für den künftigen Kriegseintrtitt des Landes geschaffen. Bei der Verwirklichung des großen internationalen Plans durch jenen Krieg kam den USA allerdings lediglich die Funktion einer Hilfskraft zu. In der ersten Phase sollte England die Hauptrolle spielen, und das alles überragende Ziel, die Gewinnung der Kontrolle über die britische Regierung, war noch zu Kriegsbeginn noch keineswegs verwirklicht.
Somit verlagert sich der Hauptschauplatz des Dramas wieder über den Atlantik nach England, wo Arthur Balfour seine Rückkehr auf die politische Bühne vorbereitete. Die führenden Persönlichkeiten des Landes waren damals keinesfalls bereit, sich vor den Karren der Verschwörer spannen zu lassen; ihr Ziel war es, den Krieg dort auszufechten und so rasch wie möglich zu gewinnen, wo er begonnen hatte, nämlich in Europa. Damit sich die Dinge so entwickelten, wie es Max Nordau 1903 prophezeit hatten, mussten diese Männer entweder zur Räson gebracht oder ausgeschaltet werden.
Von 1914 bis 1916 tobte hinter den Kulissen ein erbitterter Kampf, bei dem es darum ging, jene englischen Führer, denen es an Begeisterung für die zionistische Sache mangelte, von den Schalthebeln der Macht zu verdrängen und durch Kreaturen vom Schlage eines Woodrow Wilson zu ersetzen, die fügsam nach der Pfeife der Verschwörer tanzten.
12. Frappante Parallelelen hierzu finden sich in zeitgenössischen Schilderungen Franklin D. Roosevelts, von dem House ebenfalls behauptete, er habe ihn als "Galionsfigur" ausgewählt. In Roosevelt and Hopkins (1948) hält Robert E. Sherwood nachdrücklich fest, “das Gespenst Wilsons” habe Roosevelt ständig verfolgt. Als Roosevelt zwei Jahre Präsident war, schrieb sein Parteimanager James Farley: “Der Präsident sah schlecht aus... sein Gesicht war abgehärmt und seine Reaktion langsam.” 1943 bekannte Madame Chiang Kai-Shek, sie sei vom Anblick des Präsidenten “schockiert” gewesen. 1944 berichtete Merriman Smith: “Er wirkte älter, als ich ihn je gesehen hatte, und hielt eine inhaltslose Rede." John T. Flynn meinte, die Bilder des Präsidenten hätten die Nation “schockiert". Nachdem Frances Perkins, eine Angehörige seines Kabinetts, 1945 sein Büro verlassen hatte, entfuhren ihr die Worte: “Ich kann es nicht ertragen, der Präsident sieht entsetzlich aus." (Zurück)
Zitat des Tages