Netzbetreiber freuen sich auf Firefox OS

Die Gästeliste liest sich wie das Who-is-Who der Branche: Von Alcatels Marketingvorstand bis zum CEO der Gerätesparte von ZTE waren zahlreiche Industriegrößen am Yachthafen von Barcelona zusammengekommen, um eine Open-Source-Software zu unterstützen: Mozilla zeigt auf dem Mobile World Congress sein Smartphone-Betriebssystem Firefox OS – und alle sind gekommen.


René Obermann und Kollegen freuen sich über Firefox OS. Vergrößern Bild: heise online

Mit René Oberman (Telekom) und Cesar Alierta (Telefonica) stehen zwei der größten europäischen Netzbetreiber hinter dem neuen Smartphone-Betriebssystem, das vollständig auf HTML5 aufbaut. Mit Sprint ist ein US-Carrier ebenso an Bord wie Telcom Italia, Portugal Telecom und Telenor aus Norwegen. Lateinamerikas größter Netzbetreiber America Movil und China Unicom komplettieren die eindrucksvolle Riege der insgesamt 18 Unterstützer.

Mozilla-CEO Gary Kovacz fasste zusammen, was Firefox OS für diese Netzriesen so interessant macht: Dem von Android und iOS kontrollierte Smartphonemarkt kann ein bisschen mehr Wettbewerb bei Betriebssystemen und App-Stores nur gut tun. "Das ist ein kaputtes Modell, dass geändert werden muss", beschreibt Kovacz das Duopol aus Apple und Google. "Wir wollen das Spiel öffnen". Für die Netzbetreiber heißt das auch, ein einfach auf eigene Bedürfnisse anpassbares System.

"Ich wünsche dem Mozilla-Team von ganzem Herzen Erfolg", sagte Rene Obermann dazu. Auch die Deutsche Telekom kann von mehr Wettbewerb und offeneren Plattformen profitieren, weshalb der CEO am Sonntagabend zusammen mit seinen zahlreichen Kollegen aus der Netzbetreiberbranche Flagge zeigte. Die Telekom will im Sommer in Polen mit dem Alcatel One Touch Fire das erste Firefox-Smartphone in Europa auf den Markt bringen.

Mozilla schickt ein offenes Betriebssystem ins Rennen, das im Wesentlichen auf Web-Standards setzt. "Wir glauben, dass im Zentrum des ganzen Mobiluniversums das Netz stehen sollte", erklärte Kovacz. Anwendungen werden in HTML5 programmiert und laufen direkt auf Systemebene. Von Seiten der Hardwarehersteller haben Alcatel, ZTE, Huawei und LG ihre Unterstützung und erste Geräte zugesagt. ZTE stellt sein Firefox-Smartphone am Montag vor.


© 2013 Heise Heise

gulli:newsletter

Ausgabe 6/2012

gulli wünscht euch einen schönen Sommer

Liebe Community, genießt den Sommer und erholt euch gut. Kommt gesund und munter wieder vom Urlaub zurück.
Bis bald, euer gulli:Team

Deckel drauf ...

Die gulli:Monatsglosse für Juni

Der Juni stand ganz im Zeichen von König Fußball. Erst gestern ging erneut ohne deutsche Beteiligung das Spektakel des Finales zwischen den glücklosen Italienern und den übermächtigen Spaniern zu Ende. Doch daneben ereignete sich in der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft so einiges, worüber es sich aufzuregen lohnt. Wir fassen die "Highlights" des letzten Monats zusammen.

So, alle mal stramm stehen, hier spricht die Bundeswehr! Zwischen den Alpen, Sylt und dem Hindukusch werden wir jetzt auch ganz offiziell im Cyberspace vertreten. Die Cyberwar-Expertentruppe der Bundeswehr erklärte sich zu Beginn des Monats einsatzbereit. Man habe eine gewisse "Anfangsbefähigung" zur Abwehr und Durchführung von Angriffen über das Internet erworben, teilte man offiziell mit. Was man darunter verstehen soll, wurde bislang nicht bekannt gegeben. Allerdings bleibt zu bedenken, dass wir am Hindukusch eigentlich nichts verloren haben. Und auch die Bundeswehr unterliegt dem Hackerparagrafen, oder etwa nicht? Der aber verbietet es jedem wie auch immer gearteten Cyber-Krieger, die Systeme Dritter zu infiltrieren. Schon ließ ein erster Ministeriumssprecher verlauten, dass man auch im Cyberraum die Erlaubnis haben sollte, zu operieren. Aha. Das klingt fast so, als ob wir mal wieder alle gleich vor dem Gesetz sind. Allerdings dürfen manche Institutionen noch etwas gleicher als alle anderen sein. Nun denn. Dass die Damen und Herren jetzt zum virtuellen Einsatz bereit sind, beruhigt uns derweil ungemein. Hätte man aber nicht lieber etwas anderes verkünden sollen? Der Begriff "Anfangsbefähigung" klingt in etwa so, als habe man vor, Script-Kids in einer Tarn-Uniform agieren zu lassen. Ob diese Pressemitteilung eine gute Idee war?

Ein Eigentor geschossen haben sich auch die lieben Nachbarn in Großbritannien. Die wollen nicht nur alle Briefe und Pakete von außen fotografieren. Nein, auch jeglicher Datenverkehr im Internet soll laut dem Communications Data Bill Draft systematisch überwacht werden. Bye bye verschlüsselte Verbindungen! Per Man-in-the-middle-Angriff will man jegliche Verschlüsselung im Internet außer Kraft setzen, damit die Behörden im Klartext nachvollziehen können, was sich die Briten so alles gegenseitig schreiben. Schon bei einem einzigen Verdachtsfall werden dann alle Kunden- und sonstigen Daten vom betroffenen Unternehmen herausgerückt. Und wer soll das überprüfen? Die Schiedsrichter spielen hier ausgerechnet Laienrichter, die die juristische Tragweite der Entscheidung nicht überblicken können. Tja, wenn wir Pech haben, wird der Gesetzentwurf im nationalen Parlament abgelehnt und die lieben Kollegen geben das dann an ihre Mitstreiter von der EU weiter. Mit etwas Verzögerung könnte das also irgendwann EU-weit eingeführt werden. Na, herzlichen Glückwunsch! Auch wenn ich Mitleid mit den lieben Inselbewohnern habe - fast wünsche ich mir, dass das Gesetz im UK durchkommt, damit wir hier abseits der Insel noch etwas Zeit gewinnen.

Den Musikpiraten kann man zumindest nicht vorwerfen, dass sie keinen Mut hätten. Statt die Klage der GEMA wegen eines früheren Albums abzuwarten, rufen sie eiligst zum nächsten Free! Music! Contest auf. Wenn da wieder ein Musiker mit einem Pseudonym auftritt und man der GEMA nicht widerlegen kann, dass dieser nicht vielleicht möglicherweise doch irgendwann mal ein Mitglied der Verwertungsmonopolistenkette war, kriegt Christian Hufgard schon bald wieder Post aus Berlin beziehungsweise München. Merke: die GEMA ist alles und überall. Vielleicht sollte man das nächste Album "Ring frei zur nächsten Klage" statt freemixter oder free beer nennen. Für das Cover halte ich einen Richterhammer für angemessen, prost!

Weitere Schüsse aufs Tor unternahmen auch die Mitglieder des Ministerrates der EU. Die plädieren mal wieder für die Einführung von Netzsperren. Ach ja, die Vorratsdatenspeicherung dürfen wir natürlich auch nicht vergessen. Die ist auch ganz wichtig und deswegen soll Deutschland sie auch endlich wieder einführen. Lasst sie also kommen, die schöne neue Datenspeicherungs-Welt. Da spielt es keine Rolle, dass die Effizienz beider Methoden schon häufiger von Experten widerlegt wurde. Was man sammeln kann, das muss man auch sammeln, scheint man dort zu denken.

Dem Schriftsteller Tom Clancy muss man bei seiner Tätigkeit zumindest bescheinigen, dass es bei seinen Geschichten um waschechte Kriminelle geht. Die deutschen Ermittlungsbehörden bekommen ja noch nicht einmal das hin. Da machen sie mit viel Brimborium eine bundesweite Razzia - und wen trifft es am Ende? Eine Handvoll Kinder und Jugendliche, die mit einem simplen Programm die GEMA-Server für ein paar Stunden in die Knie gezwungen haben. Die wollte mit Ausnahme der Mitglieder dieser Vereinigung eh niemand besuchen. Kleiner Tipp am Rande, liebe Ermittler: der Spruch "viel' Feind', viel' Ehr'" trifft nur zu, wenn die Feinde a) alt genug sind, um Alkohol im Kiosk kaufen zu dürfen und b) ein bisschen mehr angestellt haben, als auf ein Knöpfchen zu drücken. Aber vielleicht wollten die Damen und Herren Ermittler erst einmal klein anfangen, bevor sie sich zu den Großkopferten hocharbeiten. Und was sagt die GEMA? Die können wie immer nichts dafür, wenn nach ihren Anzeigen gegen unbekannt Ermittlungen angestellt und Durchsuchungen durchgeführt werden. Aber die GEMA kann ja auch nichts für stark verteuerte CD-Rohlinge oder USB-Sticks. Ach ja, und damit, dass ab 2013 die meisten Clubs dicht machen oder aber Preise wie auf Ibiza einführen, hat die GEMA natürlich auch nichts zu tun. Das hätte ich fast vergessen zu erwähnen, Schande über mich. Wenn ihr also ab Januar den doppelten Eintrittspreis oder für ein Bier 10 Euro zahlen müsst, fragt bitte wen auch immer, aber nicht die GEMA. Die Ärmsten sind die reinen Opferlämmer und stets an allem unschuldig, ganz ehrlich.

Neuigkeiten gab es auch von Seiten The Pirate Bay. Einerseits möchten die beiden einzigen noch nicht untergetauchten Betreiber vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Sie sehen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Weiterleitung von Daten durch die Verurteilungen auf höchster juristischer Ebene behindert. Was das mit dem Angebot von Magnet-Links zu tun hat, dafür wird der entsprechende Jurist studiert haben. Anders kann es nicht sein, dass dieser den Zusammenhang glaubhaft darstellen kann. Aber gut, dafür hat der gute Mann oder die Frau das ja auch schließlich studiert. Die beiden Herren wurden jüngst auch in Stockholm zu einer Strafe von 500.000 Schwedischen Kronen verurteilt, weil sie sich nicht die Auflagen der Urteile hielten. Fredrik Neij (TiAMO) und Gottfrid Svatholm (Anakata) antworteten bereits. Sie bezahlten schon die letzten Strafen nicht; die neue Strafe werden sie ebenso wenig begleichen. Bleibt abzuwarten, wann sie ihren Mitbegründern in Vietnam Gesellschaft leisten und Flattr von dort aus leiten werden. Dort ist es auf jeden Fall deutlich wärmer als in Schweden. Die lästigen Zahlungsaufforderungen müsste man dann auch nicht mehr in Empfang nehmen.

In diesem Sinne wünschen wir allen Lesern weiterhin eine gute Zeit oder aber einen schönen Urlaub. In den nächsten Wochen werden wir zumindest so schnell keinen 22 Männern mehr beim Nachlaufen eines kleinen runden Balles zuschauen. Viele Männer werden deswegen traurig, die meisten Partnerinnen hingegen eher glücklich sein. Die Kehrseite der Medaille aber ist: Die Politiker haben jetzt leider umso mehr Zeit, massig Blödsinn anzustellen. Aber wir wollen mal das Beste hoffen und verbleiben in diesem Sinne bis zur nächsten Monatsglosse!

Ghandy am 03. Juli 2012

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Ausgabe 5/2012

 

Die gulli:Monatsglosse für Mai

Alles neu macht der Mai? Wohl kaum - der Wonnemonat beglückte uns eher mit der üblichen Mischung aus Chaos, Kuriositäten und gepflegten Wahnsinn, den aufmerksame gulli-Leser nur allzu gut kennen. So Mancher glänzte durch Unfähigkeit, manch anderer durch Selbstüberschätzung, eine dritte Gruppe durch Machtgeilheit. Außerdem wurde gedacht, gehackt und gezockt - der Monatsrückblick.

Unter anderem brachte der Mai den jährlichen Bericht der "Reporter ohne Grenzen" zur Pressefreiheit. Wie jedes Mal nennt die Organisation in einer Liste die Gruppen, Regierungen und Personen, die nach Einschätzungen der ROG in ihrer Freizeit am liebsten Jagd auf Journalisten machen. Neu auf der Liste: Kim Jong-Un. Was will man von diesem kleinen Kampfzwerg auch erwarten? Schließlich regiert er das Land mit den sinnlosesten Gesetzen der Welt. Beispielsweise steht in der Verfassung dieser "Demokratie", dass die Regierungspartei der Kim-Jong-Family immer gewinnt. Weiter ist das Besitzen eines Mobilfunktelefons ein Kriegsverbrechen und alle Bürger dürfen sich nicht ohne Erlaubnis aus ihrem Heimatort bewegen. (Dieser Ort wird lustigerweise von der Regierung festgelegt). Außerdem gibt es dort nach wie vor Internierungslager für politische Feinde und erst letztens musste die internationale Presse feststellen, dass auf einer Militärparade präsentierte Interkontinentalraketen einfach nur billige Wellblech-Attrappen waren. (Nordkorea ist ein Land, über das man sich noch nicht einmal in sarkastischer Weise lustig machen muss. Denn alle diese Fakten sind tatsächlich wahr!) – Dass man in Anbetracht dieser Gewohnheiten jedenfalls, ganz nebenbei noch die Presse- und Meinungsfreiheit missachtet, wundert niemanden. Im Übrigen ist Kim Jong-un übrigens nur der Regierungschef dieses Landes. Das eigentliche Staatsoberhaupt heißt Kim II-sung. Der alte Knabe kann durch sein hohes Alter sein Amt jedoch nicht mehr ausüben – genauer gesagt ist er seit 1994 tot. Ein von ihm festgelegtes Gesetz besagt jedoch, dass auch der Tod nichts an seiner Position ändert.

Kurz darauf erreichte uns eine schier unglaubliche Nachricht aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dass die Polizei mitunter Dinge beschlagnahmt, kennen wir ja schon. Dass diese Beschlagnahmungen nicht immer sinnvoll und verhältnismäßig sind, ist auch nicht unbedingt neu. Aber wer bitte hat schon einmal erlebt, dass die Polizei heimlich versucht, beschlagnahmte Hardware wieder zurück zu stellen? Genau das geschah angeblich beim beschlagnahmten Mixmaster-Server des Aktivisten-Kollektivs Riseup. Das Video ist, zum Teil unterlegt mit passender Musik, im Internet zu bewundern. Ob das FBI sich wirklich alle Mühe gibt, Hollywood für die Samstag-Abend-Unterhaltung überflüssig zu machen, oder ob hier einfach jemand der Versuchung erlegen ist, eine gute Geschichte zu erzählen, ist schwer zu beurteilen. Eines aber steht fest: gut ist die Geschichte zweifellos. Ein paar schräge Ideen für die Fortsetzung hätte ich auch schon. In der nächsten Folge könnten wir Polizisten sehen, die einen Festgenommenen bei Nacht und Nebel nach Hause zurück bringen in der Hoffnung, dass die Festnahme keiner bemerkt hat, eine Hundertschaft, die nach der Demo die Verletzungen der Demonstranten sorgfältig verarztet und mit Klamotten und Schminke versteckt oder ein SEK, das nach der Durchsuchung die Wohnung des Verdächtigen mit der Gründlichkeit der perfekt ordentlichen Werbe-Familien wieder aufräumt (was bei denjenigen von uns, bei denen es im Normalzustand meistens so aussieht, als wäre das SEK bereits da gewesen, natürlich auch schon wieder verdächtig wäre). Wir sind gespannt.

Daneben bietet der Monat Mai immer auch Anlass zur Erinnerung an die Vergangenheit. Das jedoch ist gar nicht so einfach, wies die Mitglieder der Österreichischen Burschenschaft "Wiener Korporationsring" (WKR) feststellen mussten: Wer versuchte, die "Heimseite" der Vereinigung zu besuchen, wurde von einer ganzen Parade lustiger Ponies samt Darth-Vader-Cape, Mariomucke und Bunkersong begrüßt. Hätte den WKR vorher irgendwer ernst genommen - was angesichts des Brauchtums und der Uniformen sowie der politischen Ansichten dieser Gruppe eher unwahrscheinlich ist - wäre es damit wohl nach dem geballten Pony-Aufkommen sowie der nur allzu deutlich unter Beweis gestellten Inkompetenz des Webmasters endgültig vorbei gewesen. Dabei wollten die Burschis doch nur, statt wie der Rest der zivilisierten Welt den Tag der Befreiung von den allseits bekannten Weltherrschafts-Versuchen des Herrn A.H. aus B. zu feiern, ein "Totengedenken" - ausgerechnet auf dem "Heldenplatz" übrigens - abhalten und sich dabei so richtig schön im Pathos üben. Nicht, dass wir uns falsch verstehen - im Zweiten Weltkrieg sind sehr viele Menschen gestorben, darunter auch viele Unschuldige, und derer darf auch gerne gedacht werden. Aber darum geht es im konkreten Fall nicht. Erstens besteht der begründete Verdacht, dass es dem WKR nicht nur um die Unschuldigen geht, und zweitens steht schon in der Bibel "ein jedes hat seine Zeit". Ausgerechnet ein Datum auszusuchen, an dem es nun wirklich mehr als genug Grund zum Feiern gibt, und dieses für eine derartige Veranstaltung zu nehmen, wirkt zumindest merkwürdig. Ausgeführt von einer Gruppe, deren rechte Tendenzen schon die Spatzen von den - übrigens sehr hübschen - Wiener Dächern pfeifen, passt es in etwa so gut in eine aufgeklärte und tolerante Gesellschaft wie eine Darth-Vader-Rüstung zu einem großäugigen rosa Pony. Also, Burschis - mehr Glück im nächsten Jahr, aber nur, falls ihr bis dahin mal ein bisschen Nachhilfe in Geschichte, Ethik und Politik genommen habt, statt euch die ganze Zeit mit irgendwelchen komischen Zahnstochern zu verhauen und dem ritualisierten Alkoholismus zu frönen.

Ein Händchen für sympathische Talkshow-Gäste bewies kurz darauf wieder einmal Julian Assange. Nach einem irren Israel-Hasser, einem Stalin-Fan und einem (erz-)konservativen Zionisten lud er für Folge vier seiner Sendung "The World Tomorrow" zur Abwechslung mal einen mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen ein, der mit ihm darüber philosophierte, ob die Muslime sich zu einem "Super-Staat" vereinigen. Eigentlich hat diese Show den falschen Titel - von einer Sendung, die über "die Welt von morgen" informiert, erhoffe ich mir Anstöße, wie wir die Grenzen von Staaten - seien sie super oder nicht - hinter uns lassen, und nicht irgendwelche wilden Ideen über islamische Super-Staaten, die wahrscheinlich bloß diejenigen freuen, die eh hinter jeder Moschee den Untergang des Abendlandes vermuten. Das, was Assange abbildet, ist eher die grenzenlose Verrücktheit der Welt von heute als eine positive Vision für morgen. Hoffe ich zumindest. Ich mag ja dystopische Science-Fiction durchaus gerne, aber Protagonistin in einer Zukunft mit Nahost-Eskalation, Stalin-Zombies und einem muslimischen Super-Staat möchte ich dann doch nicht sein. Wobei die Idee als Plot für den nächsten NaNoWriMo durchaus Potential hätte. Vielleicht sollte man zur Abrundung noch ein paar Weltraum-Nazis einbauen.

Viele Gamer beschäftigte im Monat Mai vor allem Blizzards Action-Rollenspiel Diablo 3. Dort die Welt zu retten, erfordert jedoch offenbar einiges an Geduld. Zwar meldeten einige Gamer, sie hätten das Spiel selbst im Inferno-Schwierigkeitsgrad bereits durchgespielt. Das hat jedoch nichts mit "ich habe mich durch das ganze Spiel gekämpft, Quests gemacht und dann den Endgegner besiegt" zu tun, sondern eher mit "ich bin an fast allen interessanten Teilen des Spiels vorbei gerannt und dabei so oft gestorben, dass mein Charakter eigentlich ein rotes Hemd hätte tragen müssen, habe dann mit letzter Kraft Diablo erreicht und er hat sich bei meinem Anblick tot gelacht". Vor der sportlichen Leistung der betreffenden Spieler muss man natürlich trotzdem Respekt haben, aber der Inferno-Schwierigkeitsgrad ist damit noch lange nicht als "gemeistert" zu betrachten. Das ist in etwa so wie in den 1960er Jahren, wo es hieß, wir Menschen hätten "den Weltraum erobert", weil wir ein paar Mal im Orbit unseres eigenen Planeten herumgedüst sind und eine Flagge auf den Mond gestellt haben. Letzteres schützt uns aber vermutlich zuverlässig vor Alien-Kontakten - wer in solchen Momenten nichts besseres zu tun hat, als eine Flagge - noch dazu nur eines kleinen, willkürlich geographisch abgegrenzten Teils der Menschheit - aufzustellen, ist für intergalaktische Abenteuer höchstwahrscheinlich zu primitiv und uninteressant.

Auch sonst sorgte Diablo 3 für Diskussionsstoff. Neben der Frage, wieso man ein derartiges Spiel ausgerechnet zu einer Jahreszeit herausbringt, zu der ein längerer freiwilliger Aufenthalt in geschlossenen Räumen in etwa so attraktiv erscheint wie ein Date mit je nach sexueller Präferenz Andariel oder Griswold, waren es unter anderem die anhaltenden technischen Probleme des Spiels, die uns nicht losließen. Offenbar funktionieren Server, Balancing und Grafik derzeit noch mit der Zuverlässigkeit der aus "Armageddon" bekannten taiwanesischen Technik - nur, dass man nicht an die Server herankommt, um dagegen zu treten. Daneben gibt es natürlich auch die ersten Zocker, die - nach monatelangen Diskussionen, Diablo 3 werde so verdammt casual, dass dagegen "Wendys Abenteuer auf dem Reiterhof" wie der Gipfel der Herausforderung erscheine - heulen, weil sie nach knapp zwei Wochen Spielzeit auf Inferno sterben. Diesen Spielern möchte man die Browsergame-Veteranen wohlbekannte OGame-Taschentuchfabrik in einer Diablo-3-Sonderedition anbieten: "Hilft bei unfairen Gegnern, gestorbenen Charakteren und Fehler 37".

Wenig Ahnung von Marketing bewies wieder einmal die Whistleblowing-Plattform WikiLeaks. Neueste Idee der Aktivisten: "12 Gründe, warum Friends of WikiLeaks besser ist als Facebook". Angesichts der völlig unterschiedlichen Zielsetzung, Zielgruppe und technischen Struktur des Netzwerks ist das in etwa so sinnvoll wie "12 Gründe, warum ein Eisbecher besser ist als ein Becher heißer Kaffee". Davon abgesehen scheint "WL Friends", wie das Netzwerk in der Kurzform heißt, aber durchaus interessant zu werden. Ob die vollmundig angepriesenen Sicherheitsmaßnahmen halten, was sie versprechen, muss man allerdings noch sehen (und testen). Wenn es demnächst heißt "Die gulli-Glosse: The Guantanamo Diaries" gab es wohl doch Implementierungs-Schwächen bei der verwendeten Kryptographie.

Um Kryptographie ging es auch beim Antwortschreiben der Bundesregierung zum Thema E-Mail-Überwachung. Insbesondere die Diskussion zum Thema "PGP-verschüsselte E-Mails" bewegte die Gemüter. Um den Hergang des Ganzen auch für Nicht-Krypto-Nerds einmal transparent zu machen hier einmal eine aus dem Alltag gegriffene Übertragung, wie das Ganze ablief (ich liebe sowas ja - einer der besten Vorträge, die ich auf Hacker-Events bislang gehört habe, erklärte Teilchenbeschleuniger anhand von Enten und Ruderbooten). Also: Die beteiligten Politiker der Linksfraktion hatten angefragt, ob die Bundesregierung auch "verschlüsselte E-Mails, etwa mit Hilfe von Diensten wie PGP oder SSL" knacken könnten. Sagen wir, die Frage hätte gelautet "könnt ihr auch aktuelle Computerspiele, wie etwa Diablo 3 und Dota 2, auf internationalem Progamer-Niveau zocken". Dann war die Antwort darauf in etwa "je nach Art und Schwierigkeitsgrad des Spiels grundsätzlich ja". Das kann jetzt natürlich alles heißen - "ja, wir zocken Diablo 3 auf höchstem Schwierigkeitsgrad durch und besiegen Na'Vi in Dota", "wir können Diablo 3 auf normal durchspielen", "na ja, eigentlich nur Lego Harry Potter, aber das ist ja auch ein aktuelles Computerspiel" oder "ja, aber nur, weil uns jemand vom Entwicklerstudio die Cheatcodes gegeben hat" - ist aber mit Absicht ein bisschen so formuliert wie "Phear our mad gam0r sk1llz". Aber weil der Durchschnitts-Journalist anscheinend in etwa soviel Ahnung von Krypto hat wie der Durchschnitts-Politiker, wurde daraus in der Berichterstattung "Bundesregierung kann Diablo 3 auf Inferno durchspielen". Entsprechende Screenshots werden natürlich aus Gründen der nationalen Sicherheit zurückgehalten.

Nationale Unsicherheit verspüren dagegen derzeit die Nutzer des VPN-Anbieters Perfect Privacy. Dieser soll angeblich von Rechtsradikalen betrieben werden. Da allerdings noch niemand beim Log-In mit "Sieg Heil" begrüßt wurde - die Server heißen noch nicht einmal, wie unlängst im österreichischen Peinlichkeiten-Kabinett rund um "The_Dude", wie germanische Gottheiten - ist das derzeit noch Spekulation. Sind sie, oder sind sie nicht? Wir werden auf jeden Fall dran bleiben.

Mit diesem Versprechen verabschiede ich mich von euch. Macht es gut, bis nächsten Monat. Genießt den gepflegten Wahnsinn.

Annika Kremer am 05. Juni 2012


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Sammelklage gegen IT-Riesen

«Werbt keinen einzigen Apple-Mitarbeiter ab»

Apple-Campus: Die Firma soll mit Konkurrenten Nicht-Abwerbe-Abkommen vereinbart haben
Apple-Campus: Die Firma soll mit Konkurrenten Nicht-Abwerbe-Abkommen vereinbart haben (Photo: REUTERS)

Haben IT-Riesen im Silicon Valley ein Geheimabkommen gegen höhere Löhne geschlossen? Mehrere Konzerne sollen vereinbart haben, sich gegenseitig keine Mitarbeiter abzuwerben. Nun wurden E-Mail-Auszüge öffentlich, die Apple und Adobe belasten - und auch Licht auf die Rolle von Steve Jobs werfen.

Aktienoptionen, kostenlose Massagen, Edelköche in der Firmenkantine: Im Silicon Valley überbieten IT-Firmen sich seit Jahren mit immer neuen Vergünstigungen im Wettbewerb um die besten Entwickler. Denkt man. Doch Unterlagen zufolge, die nun im Rahmen einer Sammelklage öffentlich wurden, ist das nicht die ganze Wahrheit.

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Die Personalchefin von Adobe soll zum Beispiel im Jahr 2005 Managern diese Anweisung per E-Mail geschickt haben: "Bitte stellt sicher, dass weltweit alle Mitarbeiter aus der Personalabteilung wissen, dass wir keinen einzigen Apple-Mitarbeiter anwerben." Die neue Vorgabe begründete sie so: Der Adobe-Geschäftsführer und Steve Jobs hätten die "Übereinkunft, dass wir keine Apple-Mitarbeiter anwerben und umgekehrt".

Dieser E-Mail-Auszug findet sich in Gerichtsdokumenten, die der US-Branchendienst "Techcrunch" veröffentlicht hat. Bei dem seit Mai 2011 laufenden Verfahren muss ein kalifornisches Gericht über die von einem Software-Entwickler eingereichte Sammelklage gegen Adobe, Apple, Google, Intel, Intuit, Lucasfilm und Pixar befinden. Die Kläger werfen den Firmen vor, sie hätten ein Kartell gebildet mit dem Ziel, sich gegenseitig keine Mitarbeiter abzuwerben, um die Personalkosten niedrig zu halten.

Viele Passagen bleiben geschwärzt

Die wohl interessantesten Passagen der nun veröffentlichten E-Mails sind geschwärzt. Details zu den Vorwürfen gegen Google und Intel sind beispielsweise in der für die Öffentlichkeit bestimmten Version des Dokuments nicht zu finden. Die E-Mails stammen aus einem Verfahren des US-Justizministeriums, das in derselben Sache von 2009 bis 2011 wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht ermittelte. Das Justizministerium legte das Verfahren bei, im Gegenzug verpflichteten sich die Unternehmen Adobe, Apple, Google, Intel, Intuit und Pixar, untereinander keine Nicht-Abwerbe-Abkommen zu schließen oder weiter zu unterhalten.

Die zivilrechtliche Sammelklage ist unabhängig vom Kartellverfahren. Im für die IT-Riesen schlimmsten Fall könnte das Gericht die Sammelklage zulassen und Personen, die vor 2009 bei den beschuldigten Firmen beschäftigt waren, einen wie auch immer gearteten Schadensersatz für womöglich entgangene Gehaltszuschläge beim Jobwechsel zusprechen.

Steve Jobs schlägt Konkurrenten Stillhaltepakt vor

Ob es so weit kommt, ist derzeit völlig unklar. Die entscheidende Frage ist, ob es in Sachen Personalpolitik tatsächlich ein Kartell der Firmen gab, oder lediglich voneinander unabhängige Absprachen, die immer nur zwei der Unternehmen betrafen. Für solche Absprachen finden sich zahlreiche Belege in den nun veröffentlichten E-Mails:

  • 2005 leitete der damalige Adobe-Geschäftsführer an den damaligen Apple-Chef Steve Jobs die E-Mail seiner Personalchefin weiter, in der die Übereinkunft zwischen beiden Firmen beschrieben wird.
  • 2007 berichtete eine Pixar-Managerin Kollegen über ein Telefonat mit einem Apple-Manager: "Wir haben ab sofort ein Abkommen mit Apple, das unserem Abkommen mit Lucasfilm ähnelt."
  • Im selben Jahr lehnte der damalige Palm-Geschäftsführer Ed Colligan in einer E-Mail an Steve Jobs dessen Angebot ab: "Ihr Vorschlag, dass keine unserer Firmen die Mitarbeiter der anderen einstellt, unabhängig von deren persönlichen Wünschen, ist nicht nur falsch, er ist wahrscheinlich auch illegal."

Die Verteidiger der beklagten Firmen sehen die Sammelklage als gegenstandslos an. Sie argumentierten, es habe kein Kartell gegeben. Die dem US-Justizministerium vorgelegten Dokumente würden lediglich bestätigen, dass "bilaterale Geschäftsabkommen" bestanden, die "zu verschiedenen Zeitpunkten, im individuellen Kontext einzelner Firmen entstanden" seien. So habe es auch das US-Justizministerium gesehen.


© 2012 Spiegel Online

Datensammler Staat: Gesetzlicher Rahmen fehlt
(Foto: G. Altmann)

Während in Deutschland der sogenannte Bundestrojaner für Aufsehen sorgt, ist in Österreich offiziell alles in Ordnung.

"Es gibt in Österreich weder Trojaner noch Online-Durchsuchungen, da es keine gesetzliche Grundlage dafür gibt", sagt Innenministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck http://www.bmi.gv.at. Die Computer der Österreicher werden laut Ministerium also in Ruhe gelassen. Im Zuge des Prozesses gegen Mohamed Mahmoud und Mona Salem Ahmed im Jahr 2008 wurden von der Exekutive aber sehr wohl Mittel verwendet, die zumindest einige Kriterien der Online-Überwachung erfüllen.

Lange Diskussion

"Die Ermittler sind damals in die Wohnung der Verdächtigen eingebrochen, um Spionagesoftware auf deren Computer zu installieren", sagt Hans Zeger von der Arge Daten. Das bestätigt auch der Verteidiger im Prozess, Lennart Binder. "Es wurden ein Keylogger und ein Programm, das alle paar Sekunden Screenshots aufnimmt, installiert. Die Beamten mussten offenbar einbrechen, weil es technisch nicht möglich war, die Software über das Netz zu installieren", so der Jurist.

Die so gewonnenen Beweismittel wurden damals vom Richter trotz Beschwerde des Anwalts für verwertbar erklärt, ohne die Zulässigkeit explizit zu klären. "Damals wurden die Maßnahmen hinter Namen wie 'akustische Raumüberwachung' versteckt, um die Brisanz zu mindern", so Zeger. Schon damals gab es Diskussionen um eine neue gesetzliche Regelung der elektronischen Überwachung.

"Wir haben moderne Ermittlungsmethoden, auch elektronische wie die Telefonüberwachung. Aber die dürfen nur auf richterliche Anordnung verwendet werden", so Grundböck. Daran gibt es aber auch Zweifel. "In Österreich werden auch heute ähnliche Instrumente wie in Deutschland angewendet", sagt ein IT-Sicherheitsexperte mit über 20 Jahren Berufserfahrung. Diese Aussage konnte von offizieller Stelle bislang jedoch nicht bestätigt werden.

Zweifelhafter Erfolg

Eine neue gesetzliche Grundlage für die elektronische Überwachung wäre dringend erforderlich. Ob solche Maßnahmen überhaupt den gewünschten Erfolg bringen, ist fraglich. "Profis wissen sich vor Überwachungsmaßnahmen zu schützen. So erwischt man nur einen schwach belichteten Täterkreis und Leute, die glauben, nichts zu verbergen zu haben", sagt Zeger.

Wenn die Spionage-Software auch noch von niedrigster Qualität ist, wie in Deutschland der Fall, wird dies gefährlich für die Bürger. Aber auch stümperhafte Überwachungssoftware ist oft schwer aufzuspüren. "In Deutschland hat ein Anwalt dem Chaos-Computer-Club einen kompletten PC zur Verfügung gestellt", sagt Informatiker Christian Platzer von der TU Wien http://tuwien.ac.at.

(pte)


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