Militärregierung greift durch
Die staatlich verordnete Trauer nach dem Tod von König Bhumibol wird in Thailand teils mit drastischen Mittel durchgesetzt. Das schlägt sich auch in Sachen Medienfreiheit vehement nieder. Entrüstet wegen teils unvorteilhafter Berichterstattung über die Königsfamilie und die damit einhergehende „mangelnde Trauer“ etwa in Sozialen Netzwerken kündigte die Regierung nun ein hartes Durchgreifen an.
Man bitte ausländische Diplomaten um Hilfe, um Thailänder im Ausland aufzuspüren, die Majestätsbeleidigung begangen hätten, sagte Justizminister Paiboon Koomchaya am Dienstag. Die Behörden in Thailand wurden aufgerufen, Soziale Netzwerke genau unter die Lupe zu nehmen und despektierliche Äußerungen sofort zu ahnden.
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Der kambodschanische König Norodom Sihamoni und seine Mutter erweisen Bhumibol die letzte Ehre
Tätliche Übergriffe auf „Nichttrauernde“
Thailänder bedrohen seit Tagen Landsleute, die ihrer Ansicht nach nicht gebührend um den König trauern. Es kam zu einigen wütenden Übergriffen. Bereits das Tragen bunter Kleidung empfinden viele in der Trauerphase als Majestätsbeleidigung. Laut Medienberichten wurden deshalb auch Menschen bedroht, die Fotos von sich in bunter Kleidung veröffentlichten - nachdem die Regierung dazu aufgerufen hatte, nur Schwarz, Weiß oder gedeckte Farben zu tragen.
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Die thailändische Nationalbank gab eine Gedenkbanknote heraus
Auch andere tätliche Übergriffe meldeten thailändische Medien. Ein Mob zerrte am Dienstag einen Mann nahe Bangkok aus seinem Haus und zwang ihn, sich vor einem Porträt des Monarchen zu entschuldigen, wie Lokalmedien berichteten. Er soll etwas Abwertendes in Sozialen Netzwerken gepostet haben. Eine Frau wurde auf Koh Samui von einer aufgebrachten Menge gezwungen, vor dem Königsporträt niederzuknien und sich zu entschuldigen, berichteten thailändische Medien.
BBC-Doku wurde unterbrochen
Mit dem harten Durchgreifen sollen laut Worten eines Sprechers der Militärjunta von Dienstag solche Übergriffe verhindert werden. Gegen sechs Thailänder werde wegen Majestätsbeleidigung ermittelt, sagte ein Mitarbeiter des Regierungschefs am Montag. Auch die Zensur schlug schon zu. Ein BBC-Beitrag über Kronprinz Maha Vajiralongkorn im thailändischen Kabelfernsehen wurde mitten in der Ausstrahlung unterbrochen. „Das geht auf die Anweisung der Telekombehörde zurück, in der Trauerperiode nur angemessene Programme zu senden“, teilte die Kabelfirma TrueVisions mit.
Gegen „unvorteilhafte Berichte“ im Ausland
Die Regierung ist auch empört über unvorteilhafte Berichte über den Kronprinzen im Ausland. „Das Außenministerium verurteilt das und fordert Autoren und Agenturen auf, das zu unterlassen“, hieß es. In Thailand wird das wie jede andere Kritik am Königshaus als Majestätsbeleidigung gewertet und kann mit 15 Jahren Haft geahndet werden. Das Gesetz wird auch weitreichend angewandt. Zahlreiche Menschen landeten wegen der strengen Gesetze zu Majestätsbeleidung bereits für Jahre im Gefängnis. Auch nutzen politische Gegner das Gesetz, um einander anzuschwärzen.
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Trauer um Bhumibol
Als politisches Instrument eingesetzt
Diese gesetzliche Möglichkeit nutzt auch die Militärjunta. Sie exekutiert seit ihrer Machtübernahem vor rund zwei Jahren das Gesetz zunehmend rigider. Inzwischen werden mehrjährige Haftstrafen allein dafür verhängt, dass man es in kritischen Internetdebatten unterlässt, das Königshaus zu verteidigen. Auch mangelnde Trauerbekundung kann zur Anzeige führen.
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Betende in Bangkok
Die Regierung verbreitet deshalb seit dem Wochenende auch eine eigene App, mit der man Majestätsbeleidigung in Internet- und Mobildiensten anzeigen kann. Als Grund wurde angegeben, dass „viele am Boden zerstörte Thais recht sensibel“ seien und man sie daher vor dem „Stress“ durch „illegale Inhalte“ schützen müsse.
Krönung des Nachfolgers erst in einem Jahr
König Bhumibol war vergangene Woche im Alter von 88 Jahren gestorben. Er wurde tief verehrt. Praktisch das ganze Land trägt seit seinem Tod Schwarz, seltener Weiß. Zehntausende warten täglich vor dem Königspalast in Bangkok, um ihm vor einem Porträt die letzte Ehre zu erweisen.
Kronprinz Vajiralongkorn will den verwaisten Thron wohl erst in einem Jahr besteigen. Wie jeder sei auch der Prinz „noch immer traurig, daher sollten alle Beteiligten warten, bis diese traurige Zeit vorüber ist“, erklärte Militärmachthaber Prayut Chan-o-cha am Samstagabend (Ortszeit) überraschend in einer TV-Ansprache.
Mitglieder des Königshauses äußern sich in Thailand niemals selbst. Chan-o-cha erklärte, er solle der Bevölkerung von Vajiralongkorn ausrichten, dass sie „im Hinblick auf die Regierung oder sogar die Thronnachfolge nicht verwirrt oder besorgt“ sein sollten. Bereits zuvor war statt einer zügigen Nachfolgeregelung der 96-jährige Kronratsvorsitzende Prem Tinsulanonda, zugleich graue Eminenz der regierenden Militärjunta, zum Interimsregenten ernannt worden.
Überraschende Bitte um Aufschub
Bhumibol selbst war noch am Tag des Todes seines älteren Bruders 1946 zum König ausgerufen worden. So war es auch Ende letzter Woche geplant, als der König nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren starb. Chan-o-cha berief die vom Militär bestellte gesetzgebende Versammlung für die Proklamation ein, doch bat der 64-jährige Vajiralongkorn kurz vorher - laut Chan-o-chas öffentlicher Erklärung - um Aufschub.
Der „angemessene Zeitpunkt“ für die Thronbesteigung sei erst nach der Bestattung des Königs gekommen, zitierte Chan-o-cha im TV den Kronprinzen. Die rituelle Feuerbestattung wird nach allgemeinem Dafürhalten erst am Ende der einjährigen Staatstrauer stattfinden. Noch rund drei Monate lang dauern allein die Mönchsgesänge aus Trauer um Bhumibol.
Viele Gründe zur Bewahrung des Ist-Zustands
Hinter der verschobenen Thronbesteigung könnte tatsächlich eine persönliche Entscheidung Vajiralongkorns stehen, auch aus privaten Motiven: Bisher nahm er kaum repräsentative Pflichten wahr. Die meisten öffentlichen Sichtungen des Kronprinzen gab es im Zuge von Urlauben in Deutschland. Umgekehrt hat auch das Militärregime Grund zur Bewahrung des Ist-Zustandes, wie aber auch die gesamte Region und die gesamte Weltgemeinschaft.
Thailand hat zwar ein Bruttosozialprodukt, das trotz einer Bevölkerung von 67 Millionen Menschen unter jenem von Österreich liegt. Dennoch ist es - zum Teil trotz, zum Teil wegen putschender Militärs - ein unverzichtbarer Anker der Stabilität in der gesamten Region, mit Ländern wie Myanmar, Kambodscha, Vietnam und Bangladesch in unmittelbarer Nachbarschaft, und den Dominanten Indien im Westen und China im Osten.