Kopie zur Information

 

 

Dipl.-Chem. Dr. rer. nat. Hans Penner, 76351 Linkenheim-Hochstetten

Herrn Landesbischof Dr. Markus Dröge, Berlin


Sehr geehrter Herr Dr. Dröge,

Ihr Reformations-Interview mit dem TAGESSPIEGEL vom 29.10.2017 erweckt den Eindruck, daß der Wesenskern der Reformation für Sie keine Bedeutung hat. Der Wesenskern der Reformation ist das Schuldproblem. Sie sagen zwar, "daß er (Luther) die Menschen spitz anspricht auf ihre Sünde", behandeln das Thema aber nicht.

Die Naturwissenschaften haben keine Antwort darauf, wie die Naturgesetze, die Feinabstimmung des Kosmos, die Gene oder die Intelligenz entstanden sind. Aus der Bibel (die Sie nicht erwähnen, obwohl ohne die Bibel die Reformation nicht denkbar ist) wissen wir, daß der Gott Israels Himmel und Erde erschaffen hat. Die Kernfrage des Menschen ist sein Verhältnis zu Gott, das nach seinem Tode offenbar wird.

Die Sünde trennt uns Menschen von Gott. "Was mich erschreckt ist nicht die Zerstörungskraft der Bombe, sondern die Explosivkraft des menschlichen Herzens zum Bösen!" (A. Einstein). Kernfrage der Reformation ist, wie der Mensch ein neues Herz ohne diese Explosivkraft bekommen kann. Luther hatte in seinem Turmerlebnis die Antwort im Römerbrief gefunden: "So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben (an Jesus Christus)".

Der Psychoanalytiker Erich Fromm erwähnt ebenfalls das menschliche Herz: "Aber wurde Europa denn je wirklich christianisiert? Obwohl diese Frage üblicherweise bejaht wird, zeigt eine gründliche Analyse, daß die Bekehrung Europas zum Christentum weitgehend an der Oberfläche blieb; daß... die Bekehrung im großen und ganzen eine Bekehrung zu einer Ideologie blieb... und daß sie nicht mit einem Wandel des Herzens, das heißt einer Veränderung der Charakterstruktur einherging. Ausnahmen sind allerdings die zahlreichen echt christlichen Bewegungen" (Haben oder Sein 1981).

Die Anhänger des Islams praktizieren grausame Christenverfolgungen und lehnen die Menschenrechte-Charta, also das Fundament unseres Grundgesetzes, ab (hier). Als Bischof polemisieren Sie gegen eine Partei des Bundestages, die in ihrem Grundsatzprogramm den demokratischen Rechtsstaat gegen die totalitäre Ideologie des Islams verteidigt: "Die Rechtsvorschriften der Scharia sind mit unserer Rechtsordnung und unseren Werten unvereinbar. Dies wird auch durch die für die islamische Staatenwelt bedeutendste Kairoer Erklärung vom 04.08.1990 dokumentiert... Ein Islam, der unsere Rechtsordnung nicht respektiert oder sogar bekämpft und einen Herrschaftsanspruch als alleingültige Religion erhebt, ist mit unserer Rechtsordnung und Kultur unvereinbar." Ihr einziger Vorwurf gegen diese Partei ist Ihre Behauptung sie sei "rechtspopulistisch". Was Sie damit meinen, erläutern Sie nicht. Man kann unter dieser Bezeichnung das Ziel verstehen, die Interessen der deutschen Bevölkerung zu verteidigen.

Ihr Interview verstärkt die Zweifel daran, daß die Evangelische Kirche noch eine "Kirche der Reformation" sei und somit eine theologische Existenzberechtigung habe. Zum Wesenskern der Reformation gehört das "Sola-Scriptura-Prinzip", also die Überzeugung, daß die Bibel die einzige und die zuverlässige Informationsquelle für Fragen des Christusglaubens ist. Dieses Sola-Scriptura-Prinzip hat die Evangelische Kirche in Deutschland für obsolet erklärt: "Das sola scriptura lässt sich heute nicht mehr in der gleichen Weise verstehen wie zur Reformationszeit. Anders als die Reformatoren ist man sich heute dessen bewusst, dass das Entstehen der einzelnen biblischen Texte und des biblischen Kanons selber ein Traditionsvorgang ist. Die alte Entgegensetzung von »die Schrift allein« und »Schrift und Tradition«, die noch die Reformation und Gegenreformation bestimmte, funktioniert heute nicht mehr so wie im sechzehnten Jahrhundert... Seit dem siebzehnten Jahrhundert werden die biblischen Texte historisch-kritisch erforscht. Deshalb können sie nicht mehr so wie zur Zeit der Reformatoren als »Wort Gottes« verstanden werden. Die Reformatoren waren ja grundsätzlich davon ausgegangen, dass die biblischen Texte wirklich von Gott selbst gegeben waren" (hier). Beachten Sie: "Anders als die Reformatoren".

Dieses Schreiben kann verbreitet werden. Eventuelle Antworten stehen im Internet unter www.fachinfo.eu/droege.pdf.

Mit freundlichen Grüßen
Hans Penner