Schlicht und schön

ElementaryOS ist ein benutzerfreundliches Linux-System mit einheitlichen Bedienelementen und einer überaus eleganten Oberfläche. Die zweite Ausgabe der Linux­Distribution kann sich sehen lassen - auch wenn es bei den Anwendungen manchmal noch hakt.

Die Ähnlichkeit ist unverkennbar: Auf der Oberfläche kann ElementaryOS "Luna" die Seelenverwandtschaft mit Mac OS X nicht leugnen. Unter der Haube allerdings steckt ein deutlich verschlanktes Ubuntu-System mit überschaubarer Software-Auswahl. Die Entwickler haben eigens Richtlinien zur Oberflächengestaltung verfasst (siehe c't-Link), um einheitliche Bedienelemente zu schaffen. Der Wiedererkennungseffekt sorgt dafür, dass Anwendungen und Desktop gut aufeinander abgestimmt wirken.

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ElementaryOS auf unserem AcerONE Netbook mit 10" Bildschirm und 7.5GB Festplatte

Solide Basis
Als Grundlage für das System dient Ubuntu 12.04 mit Langzeitunterstützung, dementsprechend alt ist auch der Linux­Kernel 3.2.0-51. ElementaryOS nutzt die Standard-Paketquellen von Ubuntu, ergänzt um eigene Launchpad-Paketquellen. Letztere liefern beispielsweise Desktop und Windowmanager, Themes und Icons sowie einige Anwendungen. Aktualisierungen spielt man wie unter Ubuntu mit der Aktualisierungsverwaltung ein, der Update-Notifier sagt Bescheid, wenn welche verfügbar sind.
ElementaryOS verwendet die eigens entwickelte Granite-Widget-Library, die Widgets und Utilities allen Anwendungen zur Verfügung stellt und damit weiter zu einem einheitlichen Look & Feel beiträgt. Mit dem neuen Release haben die Entwickler vollständig den Wechsel zu GTK3 und Vala vollzogen. Sämtliche Anwendungen des Vorgängers wurden auf GTK3 portiert oder gleich ganz ersetzt. Abiword und Gnumeric sind daher in Luna nicht mehr standardmäßig installiert. Bei der Anmeldung am Desktop kommt Pantheon-Greeter, ein angepasster LightDM, zum Einsatz.
Die Distribution gibt es als installierbare Live-CD für 32 und 64 Bit. Nach dem Start von der CD landet man auf dem Desktop, wo sich der von Ubuntu bekannte Installationsassistent öffnet. Die Installation läuft denn auch genauso ab wie unter Ubuntu. Während Codecs im Live-System fehlen, kann man bei der Installation die Option "Software von Drittanbietern installieren" aktivieren und damit das Fluendo-Paket mit MP3- Codecs einspielen.

Pantheon-Desktop
ElementaryOS verwendet mit Pantheon 1.303 eine eigene, auf Gnome aufsetzende Desktop­Oberfläche mit traditioneller Aufteilung. Als Fenstermanager kommt Gala zum Einsatz, der auf Iibmutter basiert und weiche Animationen, einen Arbeitsflächenwechsler und ein Expose­Feature mitbringt.
Am oberen Bildschirmrand begrenzt das Wingpanel als schmale Leiste den Desktop und hält rechts Knöpfe zum Abmelden und Herunterfahren sowie zum Wechseln des Benutzerkontos bereit. Hier finden sich auch die Icons des Network-Managers, des Lautstärkereglers und der Online-Konten. Mittig zeigt das Panel Datum und Uhrzeit und öffnet per Klick einen Kalender. Das Elementary-eigene Anwendungsmenü Slingshot ist links im Panel untergebracht und zeigt Programme alphabetisch oder in Kategorien sortiert. Ein integriertes Suchfeld hilft beim Aufstöbern eines Tools. Am unteren Fensterrand ist mit Plank 0.3.0 ein Dock mit Programmstartern eingerichtet. Ein eigenes Theme (plank-theme-pantheon) sorgt dafür, dass es gut zum restlichen Desktop passt. Hier kommt das neue Elementary-Icon-Theme besonders gut zur Geltung.
In den Systemeinsteilungen gibt es wie bei Ubuntu kaum Konfigurationsmöglichkeiten für den Desktop, standard mäßig lassen sich hier das Hintergrundbild, das Dock und die "Hot Corners" anpassen, also Aktionen, die ausgeführt werden, wenn der Mauszeiger eine Bildschirmecke berührt. Erst die Installation von Elementary-Tweaks aus dem Community-Repository ergänzt einen Punkt, über den sich unter anderem Schriftarten, Desktop¬Theme, kons, Animationen und insbesondere Dock und Menü konfigurieren lassen.

Tools Marke Eigenbau
ElementaryOS bringt nur die wichtigsten Anwendungen mit und ist damit weit weniger überladen als Ubuntu. Als Dateimanager kommt Pantheon-Files zum Einsatz, Zugriff auf die Konsole bietet das Pantheon-Terminal. Als Mail-C1ient ist Geary Mail an Bord, das allerdings im Test regelmäßig abstürzte und nicht benutzbar war. Eigens für Elementary wurde die schicke Kalenderanwendung Maya entwickelt, der jedoch noch viele Funktionen fehlen. Die Monatsansicht ist bislang die einzig mögliche und auch eine Erinnerungsfunktion ist nicht vorhanden. Das Einspielen eines Updates erweitert das Tool um eine Exportfunktion, in der nächsten Version soll dann auch die Synchronisierung mit Google-Kalendern möglich sein.
Als Bildbetrachter nutzt ElementaryOS Shotwell, das auch einfache Bildbearbeitungsfunktionen mitbringt. Beim Browser geht die Distribution eigene Wege und setzt statt Firefox den schlankeren Midori ein. Wer ein Office-Paket braucht, muss sich das selbst nachinstallieren, ElementaryQS hält lediglich den Texteditor Scratch und den Dokumentenbetrachter Evince bereit. Zum Scannen von Bildern ist Simple Scan installiert. Videos spielt Totem ab, für Musik ist Noise zuständig. Chatten lässt sich via ICQ, Jabber, IRC, Google Talk, MSN, Facebook oder anderen Diensten mit Empathy, den eigenen Status kann man dabei übers Panel festlegen. Zum Nachinstallieren weiterer Programme ist das Ubuntu Software-Center dabei, das in künftigen ElementaryOS-Ausgaben durch ein eigenes AppCenter ersetzt werden soll.

Fazit

ElementaryOS ist ein schlankes und schnelles System. Desktop­Optik, Programme und deren Bedienelemente sind bis ins Detail aufeinander abgestimmt. Das Resultat ist ein stimmiges System mit schöner Oberfläche. Einsteiger werden sich hier leicht zurechtfinden.
Die Entscheidung, eigene Anwendungen zu entwickeln, wo passende fehlen, ist nur konsequent. Doch noch fehlen etwa Geary oder Maya viele Funktionen und die nötige Stabilität. Dank der Ubuntu-Paketquellen kann man aber leicht auf andere Tools ausweichen. (lrnd)

ElementaryOS 0.2 "Luna"

Systemanforderungen: 1-Ghz-CPU, 512 MByte RAM, 5 GByte Speicherplatz
Bezugsquelle: http://www.elementaryos.org
Preis: kostenlos


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