Auf Klagen aus Deutschland hat die Wikimedia Foundation bislang nicht reagiert. Eine Vollstreckung wäre sowieso nur bei einer Verurteilung nach amerikanischem Recht möglich, aber in den Vereinigten Staaten haften die Betreiber von Internetseiten grundsätzlich nicht für fremde Beiträge.
Daher suchen die „Bürger in Wut“ einen Verantwortlichen in Deutschland, den sie auf Änderung des Artikels verklagen können. Angeschrieben haben sie auch die „Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V.“, die die Seite wikipedia.de betreibt. Auf dieser Seite kann zwar eine Verbindung zur deutschsprachigen Seite von Wikipedia angeklickt werden und man gelangt auch über ein Suchportal auf diese Seite, aber Betreiber der deutschsprachigen Seite ist der Verein eben nicht. Gleichwohl wollten schon mehrfach Kläger den Verein auf Unterlassung in Anspruch nehmen, bislang sind aber alle Klagen gescheitert.
Im Mai haben die „Bürger in Wut“ nun die Wikimedia Foundation bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg angezeigt, weil diese ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot betreibe und verpflichtet sei, einen Verantwortlichen mit ständigem Wohnsitz in Deutschland mit Name und Anschrift zu benennen. Die Medienanstalt antwortete darauf schlicht, daß Wikipedia „kein journalistisch-redaktionelles Angebot, sondern eine Datenbank“ sei.
Von der Meinungsfreiheit geschützte Äußerung
Nun will die Wählervereinigung Beschwerde bei der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten einlegen. Die Erfolgsaussichten sind aber gering, denn eine Redaktion, die über Inhalte entscheidet, gibt es bei Wikipedia tatsächlich nicht. Auch das Landgericht Hamburg hat 2008 eine redaktionelle Gestaltung bei Wikipedia verneint (Aktenzeichen 324 O 847/07).
Selbst wenn es gelänge, einen Verantwortlichen in Deutschland zu finden, so sind doch die Erfolgsaussichten einer Klage fragwürdig, denn die Bezeichnung der „Bürger in Wut“ als rechtspopulistisch ist eine von der Meinungsfreiheit geschützte Äußerung. Die Behauptung, die Gruppierung sei 2004 aus der Schill-Partei hervorgegangen, wäre ebenfalls eine zulässige Aussage, wenn neben dem Vorsitzenden Jan Timke noch weitere Gründungsmitglieder zuvor bei der Schill-Partei waren.
Die Auseinandersetzung ist durchaus von Bedeutung. So fragwürdig die Entstehung und Bearbeitungsweise von Artikeln bei Wikipedia auch ist, es ist ein häufig genutztes und bedeutsames Lexikon. Somit können falsche Darstellungen den betroffenen Personen oder Vereinigungen erheblich schaden. Gegen falsche Darstellungen bei Wikipedia gibt es dagegen kein effektives rechtliches Mittel.
Seit vergangener Woche steht in dem Beitrag übrigens nicht mehr die eindeutige Bewertung als „rechtspopulistisch“. Nun heißt es unter Angabe der Quelle, daß die „Bürger in Wut“ „von Politikwissenschaftlern als rechtspopulistisch eingeordnet“ werden. Gegen eine solche Formulierung können sich die „Bürger in Wut“ kaum wehren, wie auch deren Vorsitzender Jan Timke weiß. Er prüft jetzt, ob er gegen die zitierten Politikwissenschaftler vorgeht.