Syrien: Geheimoperationen und Sabotage der CIA und des MI6

Für alle, die sich über die tatsächlichen Ereignisse in Syrien unschlüssig sind, und sich fragen, wie Präsident Assad, der noch vor einem Jahrzehnt als »der heutige Atatürk« gepriesen wurde, so plötzlich zum letzten verbliebenen größenwahnsinnigen Gewaltherrscher mutierte, dessen Volk ein von den USA angeführtes Aufgebot an Staaten mit umfassenden Waffenlieferungen und unter Zerstörung ihrer Heime und ihres Landes, ihrer Existenzgrundlage und dem Verlust an Menschenleben die »Freiheit« bringen muss, hier nun ein heilsames Lehrstück aus der Geschichte.

»Um das Vorgehen von Befreiungskräften (sic) zu ermöglichen und zu befördern, … sollte man sich verstärkt bemühen, gleich in der Frühphase des Aufstandes und des Eingreifens wichtige Persönlichkeiten zu eliminieren,…

Sobald eine politische Entscheidung getroffen wurde, steht die CIA bereit, und der SIS (MI6) wird versuchen, kleinere Sabotageakte und Handstreiche in Syrien durchzuführen, wobei man sich der Kontakte zu einzelnen Personen bedienen würde… Zwischenfälle sollten sich nicht ausschließlich auf Damaskus beschränken…

Und weiter: Ein »notwendiges Ausmaß an Furcht … Grenzzwischenfälle und (manipulierte) Zusammenstöße an den Grenzen könnten dann als Vorwand für eine Intervention genommen werden… Die CIA und der SIS (MI6) sollten sich geeigneter Mittel der psychologischen Kriegsführung und geheimdienstlicher Operationen vor Ort bedienen, um Spannungen zu schüren,« Aus einem der Öffentlichkeit zugespielten amerikanisch-britischen Geheimdienstdokument, London, Washington, 1957)

»Die Vorstellung objektiver Wahrheit verliert in der Welt an Bedeutung. Lügen werden in die Geschichte eingehen.« George Orwell (Eric Arthur Blair 1903-1950)

Könnte es sein, dass das derzeitige Säbelrasseln gegen Syrien1 auf amerikanisch-britische Regierungskonzepte zurückgeht, die erst 2003 entdeckt wurden und seitdem verschwiegen oder selbst in Darstellungen des zeitlichen Ablaufs der BBC bewusst unterschlagen wurden?

Ende 2003, also im Jahr der Irakinvasion, entdeckte Matthew Jones, Dozent für internationale Geschichte am Londoner Royal Halloway College, »erschütternd deutliche« Dokumente: Pläne aus dem Jahr 1957, in denen der damalige britische Premierminister Harold Macmillan und der damalige US-Präsident Dwight Eisenhower einen »CIA-MI6-Plan« unterstützten, in dem »manipulierte Grenzzwischenfälle als Vorwand für eine Invasion (Syriens) durch syrische prowestliche Nachbarländer« herhalten sollten.2

Kernstück des Plans war die Ermordung der hinter dem damaligen Präsidenten Schukri al-Quwatli vermuteten einflussreichen Persönlichkeiten. Zu den betroffenen Personen zählten: der Chef des Militärgeheimdienstes Abd al-Hamid as-Sarradsch, der Chef des syrischen Generalstabes Afif al-Bisri und der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Khalid Bakdasch.

Das Dokument war im September 1957 in Washington entstanden:

»Um das Vorgehen von Befreiungskräften (sic) zu ermöglichen und zu befördern und die Möglichkeiten des Regimes zu einer organisierten und gelenkten militärischen Gegenwehr zu verringern und die angestrebten Ergebnisse in der kürzest möglichen Zeit zu erreichen, … sollte man sich verstärkt bemühen, wichtige und zentrale Persönlichkeiten zu eliminieren.
Ihre Entfernung sollte gleich in der Frühphase des Aufstandes und des Eingreifens und unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände stattfinden.«

Vor dem Hintergrund der jüngsten Vorwürfe Präsident Assads hinsichtlich ausländischer Mächte und zu Einmischungen, dem grenzüberschreitenden Eindringen (feindlicher Kräfte nach Syrien) vom Ausland (Ähnliches brachte vor ihm auch Oberst Gaddafi vor, was dann von westlichen Regierungen und Medien höhnisch abgestritten wurde – sich aber später als zutreffend erwies) hier nun einige faszinierende und heilsame Auszüge:

»Sobald eine politische Entscheidung getroffen wurde, steht die CIA bereit, und der SIS (MI6) wird versuchen, kleinere Sabotageakte und Handstreiche in Syrien durchzuführen, wobei man sich der Kontakte zu einzelnen Personen bedienen würde…

Zwischenfälle sollten sich nicht ausschließlich auf Damaskus beschränken… Es sollte sorgfältig vermieden werden, dass sich wichtige führende Persönlichkeiten des syrischen Regimes dadurch genötigt sehen, zusätzlich Personenschutzmaßnahmen einzuführen.«
Und weiter: Ein »notwendiges Ausmaß an Furcht … Grenzzwischenfälle und (manipulierte) Zusammenstöße an den Grenzen könnten dann als Vorwand für eine Intervention« durch den Irak und Jordanien genommen werden, die beide damals noch unter britischer Verwaltung standen.

Syrien sollte dabei »als Drahtzieher von Umstürzen sowie Sabotage- und Gewaltakten gegen benachbarte Regierungen« dargestellt werden und »die CIA und der SIS (MI6) sollten sich geeigneter Mittel der psychologischen Kriegsführung und geheimdienstlicher Operationen vor Ort bedienen, um Spannungen zu schüren.«

Im Irak, in Jordanien und dem Libanon sollten »Sabotageakte, Umsturzversuche und andere mit erheblichem Waffeneinsatz verbundene Aktionen« durchgeführt werden, für die dann Damaskus verantwortlich gemacht werden sollte, wie es in dem Dokument hieß.

Ende Dezember 2011 wurde die Gründung eines oppositionellen »Syrischen Nationalrates« angekündigt, der das Land befreien wolle. Vertreter des Rates trafen mit der amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton zusammen. Es scheint jetzt also einen von den USA unterstützten »Syrischen Revolutionsrat« zu geben.

Der Plan von Eisenhower und Macmillan sah vor, ein »Komitee Freies Syrien« zu finanzieren und »politische Kräfte zu bewaffnen und ihnen damit die Fähigkeit zu paramilitärischen und anderen Aktionen« in Syrien zu verleihen. CIA und MI6 planten, im Lande Aufstände zu schüren und die prokommunistische Regierung der Baath durch eine willfährigere, prowestliche Regierung zu ersetzen. Da sie mit Widerstand in der Öffentlichkeit rechneten, sei es vielleicht besser, sich zunächst auf »repressive Maßnahmen und eine willkürliche Machtausübung« zu stützen. Das Dokument wurde in London und Washington unterzeichnet. Macmillan notierte in seinem Tagebuch: »Ein äußerst bemerkenswerter Bericht«, von dem immerhin »der britische Stabschef keine Kenntnis« erhielt.

Washington und Whitehall waren wegen der zunehmend prosowjetischen und weniger prowestlichen Haltung Syriens sowie wegen des Bündnisses zwischen der (panarabischen) Baath und der kommunistischen Partei besorgt, das auch von großen Teilen des syrischen Militärs mit Sympathie betrachtet wurde.

Aber selbst diese politischen Befürchtungen wurden noch dadurch übertrumpft, dass Syrien damals eine wichtige Pipeline kontrollierte, die in den Tagen vor Saddam Hussein aus den für den Westen gewinnbringenden irakischen Erdölfeldern kam.

Um es kurz zu machen: 1957 war Syrien mit Moskau verbündet, was auch einen Vertrag über militärische und wirtschaftliche Hilfe einschloss, und hatte die Volksrepublik China anerkannt. Damals wie heute warnte Moskau (1957 noch als Sowjetunion) den Westen vor einem militärischen Eingreifen in Syrien.

Syrien hat sich seine ideologisch-geistige Unabhängigkeit bewahrt, und die Loyalitäten haben sich nicht verändert. Das Land ist immer noch eine Bastion des panarabischen Ideals des Baathismus, steht allerdings nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein allein.

1957 veranlasste diese unabhängige ideologische Einstellung den hochrangigen Vertreter des amerikanischen Außenministeriums Loy Henderson zu der Äußerung: »Das derzeitige Regime in Syrien muss fallen…«

Damals ließ sich dieser Plan letztlich nicht umsetzen, weil sich die Nachbarländer, britisches Mandat hin oder her, weigerten, mitzuspielen. Aber dieses Vorhaben weist doch verblüffende Ähnlichkeiten zu den Ereignissen der letzten zehn Jahre in Syrien und der Region auf.

Praktisch wie in einer Wiederholung von 1957 erklärte der britische Außenminister William Hague, Präsident Assad werde sich durch das russisch-chinesische Veto im Sinne Syriens »gestärkt fühlen«. Und Hillary (»Wir kamen, sahen und er starb«) Clinton forderte die »Freunde eines demokratischen Syriens« auf, sich zu vereinen und gegen die Regierung Assad vorzugehen. »Wir müssen zusammenarbeiten, um ihnen eine klare Botschaft zu vermitteln: Man kann die Zukunft nicht mit vorgehaltenen Gewehren aufhalten«, sagte die Frau, die dabei fotografiert wurde, wie sie sich in Echtzeit die gerichtlich nicht legitimierte, illegale Ermordung Osama bin Ladens, oder wer immer es auch war, und anderer anschaute. Und hier wurden tatsächlich Menschen durch illegale amerikanische Eindringlinge mit vielen vorgehaltenen Waffen ermordet. Und in bitterer Ironie äußerte sie dies am 5. Februar in München, dem »Geburtsort der Nazi-Partei«.

Das russisch-chinesische Veto im UN-Sicherheitsrat gegen ein Vorgehen gegen Syrien wurde von den USA in unterschiedlicher Charakterisierung als »widerlich«, »beschämend«, »beklagenswert« und »Farce« verurteilt.

In dieser Hinsicht ist die Auflistung der Vetos der USA, die unter Anmerkung3 zu finden ist, sehr erhellend. Man kann sich über diese atemberaubende Doppelmoral wieder einmal nur wundern.

Letztendlich geht es vielleicht darum: 1957 stand das irakische Erdöl ganz oben auf der Tagesordnung, und Syrien verfügte über einen wichtigen Zugang dazu. Heute sind es die Erdölvorkommen des Iran, und wie Michel Chossudovsky es lapidar in dem Satz zusammenfasste: »Der Weg nach Teheran führt über Damaskus.«4

Anmerkungen:

[1] BBC News
[2] the guardian
[3] jadaliyya.com
[4] GlobalResearch

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