Gaza

Der durch die israelische Offensive im Gazastreifen geschürte Hass droht sich in zunehmender antisemitischer Gewalt in Europa zu entladen. Aus Frankreich, Grossbritannien, Schweden und Dänemark wurden Zwischenfälle gemeldet. Politiker und jüdische Organisationen schlagen Alarm.

«Es wird immer schlimmer», sagte der Präsident des Nationalen Büros zur Wachsamkeit gegen Antisemitismus in Frankreich (BNVCA), Sammy Ghozlan, der AP. «Die Spannung ist plötzlich gestiegen, es wird gefährlich.» Noch sind keine Übergriffe mit Verletzungen bekannt. Aber bei dem Anschlag in Frankreich hätte es nach Einschätzung der jüdischen Gemeinde leicht Opfer geben können.

Ein brennender Wagen rammte das Eisengitter vor der Synagoge am Stadtrand von Toulouse. Der Sachschaden blieb begrenzt. In der Nähe des Tatorts stellte die Polizei einen zweiten Wagen mit drei nicht gezündeten Brandsätzen sicher. Auch im Hof der Synagoge wurden Molotow-Cocktails gefunden. Zur Zeit der Brandattacke erteilte ein Rabbi in der Synagoge Unterricht. Ein Alarm habe die Täter offenbar vor einem zweiten Anschlag abgehalten, sagte Behördensprecherin Anne-Gaelle Baudouin-Clerc.

«Ihr habt die Waffenruhe gebrochen»

Staatspräsident Nicolas Sarkozy verurteilte den «Akt des Vandalismus». Es sei nicht hinnehmbar, dass internationale Spannungen zu Gewalt in Frankreich führten. In dem Land lebt die grösste muslimische Gemeinde Europas. Während der Intifada im Jahr 2002 verliessen 2300 Juden Frankreich, weil sie sich nicht mehr sicher fühlten.

Am Samstag waren bei propalästinensischen Demonstrationen in Paris israelische Fahnen verbrannt und antisemitische Parolen laut geworden. «Dass sich der Hass in unseren Strassen zeigt, ist sehr beunruhigend», sagte der Präsident der Organisation SOS Racisme, Dominique Sopo.

Auch ein Haus der jüdischen Gemeinde im südschwedischen Helsingborg wurde Montagnacht attackiert. «Jemand zerschlug ein Fenster und warf etwas Brennendes hinein», sagte Polizeisprecher Leif Nilsson. Nachbarn alarmierten die Feuerwehr, bevor sich der Brand ausbreiten konnte. An die israelische Botschaft in Stockholm schmierten Unbekannte am Sonntag Parolen: «Ihr habt die Waffenruhe gebrochen» und «unterzieht Palästina keiner ethnischen Säuberung».

Die Herkunft verleugnen

In der dänischen Stadt Odense verletzte ein palästinensischer Einwanderer in der vergangenen Woche zwei Israelis mit Schüssen. Die Opfer verkauften Haarpflegeprodukte in einem Einkaufszentrum. «Vor wenigen Tagen riefen Jugendliche 'Schlachtet alle Juden ab'», berichtete Geschäftsführer Eli Ruvio. «Ich hab meinen Angestellten geraten, nicht mehr hebräisch zu sprechen und ihre Herkunft zu verleugnen. Wenn sie jemand fragt, sollen sie niemals sagen, sie kämen aus Israel.»

Auch die Schiesserei in Dänemark könnte nach Einschätzung der Ermittler mit der Gaza-Krise zusammenhängen, die am 27. Dezember eskalierte. In Grossbritannien ist es seitdem zu 20 bis 25 antisemitischen Vorfällen gekommen, schätzt der Community Security Trust, eine jüdische Sicherheitsorganisation. Erst am Sonntag wurde ein Brandanschlag auf eine Synagoge in Nordlondon verübt. Unbekannte sprühten eine Flüssigkeit in den Eingang und zündeten sie an.

In der vergangenen Woche wurden Passanten in einem überwiegend von Juden bewohnten Viertel der Stadt angepöbelt. Eine Gruppe von knapp 20 Jugendlichen habe sie mit 'Juden' angeschrien und 'Freies Palästina' gerufen, sagte der Sprecher von Community Security Trust, Mark Gardner. «Es könnte noch schlimmer werden.»


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